Die Villa

 

 

1876 wurde die Villa Haus Niersheim von dem niederländischen Architekten W.M.T.Janssen in einem acht Hektar großen Park, der inmitten von Nierswiesen lag, errichtet. Zum Anwesen gehörten eine Kutscherwohnung und die Remise für zwei Pferde. Walther Buff (1876-1949), evangelisch, hatte Jura, Philosophie und Kunstgeschichte studiert. Er wurde Justizreferendar beim Landgericht Kleve. Er besaß ein Landgut, Meer’scher Hof in der Well’schen Heide bei Bergen, das 200 Hektar, davon 50 Hektar Wald, umfasste. Mit seiner Frau Anna, geborene Starck (1878-1908), Arzttochter aus dem Elsass, und den beiden Söhnen Ulrich (1904-1933) und Albrecht (1905-1982) zog er 1907 ins Haus Niersheim.

 

Anna starb 1908. Zur Beerdigung ließ Walther den Asperheider Friedhof instandsetzen. Er ließ die beiden Hauptwege bekiesen und mit Lebensbäumen bepflanzen. Gleichzeitig erwarb er eine Familiengruft.

 

1912 heiratete er Martha Alpers (1885-1972), Pastorentochter, Lehrerin und Schwägerin aus Hannover. Mit ihr hatte er zehn Kinder. Der älteste Sohn Wolfgang (1914-1942) fiel vor Leningrad, als er einem schwer verwundeten russischen Offizier Erste Hilfe leisten wollte. Ein weiteres Kind war Ingeborg (1918-1980), Erzieherin in einem Heim für schwer erziehbare Mädchen in Hannover, Frührentnerin wegen eines angeborenen Herzfehlers und Betreuerin der Mutter Martha in Niersheim.

 

Das Gut in den Niederlanden ging durch die Grenzrestriktionen der Siegermächte nach dem Ersten Weltkrieg verloren. Walther verkaufte Land, um eine Geflügelzucht zu beginnen, konnte aber mit den Billigimporten aus den Niederlanden nicht konkurrieren. Er baute Tabak an und betrieb Gartenbau, doch der Erlös reichte nicht für den Unterhalt einer so großen Familie.

 

Die Kinder gingen zu Fuß in die einklassige evangelische Volksschule nach Asperheide. Wenn ihnen die zahlreichen katholischen Schüler entgegenkamen, mussten sie weglaufen oder kämpfen.

 

Als sich die Verhältnisse gebessert hatten, wurde der Niederrhein Kampfgebiet. 1944/1945 musste Asperden geräumt werden. Niersheim, das durch den Park gegen Fliegereinsicht weitgehend geschützt war, wurde über ein halbes Jahr Divisionsgefechtsstand. Nach der Rückkehr fand Familie Buff ein durch Artilleriebeschuss schwer getroffenes, völlig geplündertes und vom britischen Militär besetztes Haus vor. Da Martha englisch sprach und nachweisen konnte, dass sie Hauslehrerin beim britischen Arbeitsminister Sir Steal Maidland gewesen war, durfte die Familie einen Kellerraum bewohnen. Walther erlag 1949 im Alter von 73 Jahren einem Schlaganfall. 1964 wurde das Haus an Architekt W.Decker (Goch) veräußert, mit lebenslangem Wohnrecht für Martha und Ingeborg. Zwei Jahre mussten sie in Kleve zur Miete wohnen, 1966 konnten sie eine der sechs neuen Wohnungen bis zu ihrem Tod 1972 (Martha) beziehungsweise 1980 (Ingeborg) beziehen. 1983 erfolgte nach einem weiteren Umbau die Eröffnung der Reichswaldklinik unter der Leitung von Frau Dr. med. Decker.

 

Plakataufschrift: „Asperden gehört zum Kampfgebiet und ist von der Bevölkerung sofort zu räumen! Wer nach dem 15. Oktober 1944 angetroffen wird, muß damit rechnen, als Plünderer oder Spion standrechtlich behandelt zu werden (durch Erschießen)“.

 

Aus einem Brief vom 10.12.1944 an die Schwestern in Hannover: „Walther und ich waren Freitag und Samstag im Niersheim. 5.30 Uhr ab Büderich, 7.00 Uhr in Goch, das jetzt zum Kriegsgebiet erklärt wurde und volkommen geräumt werden muß. Das Herzeleid auf dem Bahnhof war groß. Der Zug fuhr unverzüglich wieder zurück nach Wesel mit Evakuierten, deren Männer als Volkssturmmänner zurückbleiben müssen. […] Bis zum 30.12. dürfen Bauern wieder in Asperden sein, zum Teil mit Frau und Kindern, um die restliche Ernte einzubringen und zu säen. Die letzten Kartoffeln wurden noch ausgemacht. Dabei helfen 200 Russen und eine Gärtnerinnung.“

 

Aus einem Brief vom 28.12.1944: „Zu Weihnachten konnten wir manches für die Gemeinde in Goch tun. Walther spielte zu beiden Gottesdiensten auf unserem Harmonium, das wir in der Kirche abgestellt haben. Ich konnte den Chor wieder sammeln und wir durften dreimal singen zur großen Freude der noch verbliebenen Gemeinde.“

 

Vgl. KAB, Asperden 2005, 53-55; Joachim Buff, Familie Buff und Asperden im Wandel der Zeit, in: KAB, Asperden 2008, 50-54.

 

Das Schloß

 

 

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