Novgorod und Pleskau

im Jahre 1985

 

Sonntag, 16. Juni 1985

Mit einer kirchlichen Gruppe besuchen wir das Antoniuskloster in der Nähe von Novgorod. Zu dieser Zeit sind derartige Reisen eine große Ausnahme. Eine russische Reiseleiterin wird nach einer solchen Fahrt weinend sagen, wir hätten ihr das alte Rußland gezeigt, von dem sie früher keine Ahnung gehabt hatte.

Wie alt ist Novgorod? Die Gegend ist von Wäldern, Seen, Sumpfland und Marschland geprägt, eignet sich also hervorragend für eine sichere Siedlung mit natürlichen Hindernissen gegen eine Eroberung. Zwei Kilometer südlich der heutigen Stadt gab es seit dem dritten Jahrtausend vor Christus eine Siedlung mit finno-ugrischen (uralischen) Jägern und Fischern sowie Ilmenslaven (Slovenen am Ilʼmensee bei Novgorod). Novgorod war von Anfang an multiethnisch. Im Mittelalter siedelten hier slavische Stammesverbände (Slovjanen und Krivičen), ostseefinnische (Čuden) und baltische (Pruzzen).

Um einem Mißverständnis zu entgehen, sei angemerkt, daß Pruzzen nicht Preußen sind. Sie sprachen eine baltische, keine germanische Sprache. Das Gebiet der Pruzzen wurde ab 1230 vom Deutschen Orden unterworfen und als Preußenland bezeichnet.

Aus dem 13. Jahrhundert ist eine karelische Fluchformel auf Birkenrinde erhalten. Sie belegt schriftlich den finnischen Bevölkerungsanteil Novgorods.

 

Um den Eindruck einer Perunstatue zu ermöglichen, sei hier eine künstlerische Nachbildung des Gottes Svantovit auf Kap Arkona (Rügen) wiedergegeben, Quelle: Wikipedia

 

 

Perun war der Stadtgott von Novgorod. Er wurde in einer vierkantigen Holzsäule dargestellt, sein Gesicht schaute in alle vier Himmelsrichtungen, es wurde also viermal geschnitzt. Er war der Gott des Blitzes und des Donners. Vladimir (980-1015), Großfürst von Novgorod, ließ im Süden der Stadt ein Säulenheiligtum für ihn errichten, das als zentraler Kultort gedacht war, um die verschiedenen slavischen Stämme zu einigen. Nach der Christianisierung lebte Perun als depotenzierte Gottheit im Kult des Propheten Elias fort, der im feurigen Wagen zum Himmel gefahren war. Sein Gedenktag ist der 20. Juli, eine Zeit, in der Gewitter häufig sind.

 

Rjurikovo Gorodišče mit Ruine der Verkündigungskirche,
Quelle: Wikipedia

 

Schriftlich erwähnt wurde diese Siedlung im Jahre 862 nach Christus. In skandinavischen Quellen hieß sie Holmgard (Stadt auf der Insel, nämlich zwischen Volchov und Ilʼmensee). Der Warägerfürst Rjurik errichtete hier seine Herrschaft, daher kam die Bezeichnung Rjurikovo gorodišče (Rjuriks Großsiedlung).

In der Nähe gibt es die Erlöserkirche zur Verklärung Christi an der Neredica, die Fürst Jaroslav Vladímirovič 1198 errichten ließ. Sie verfügt über Fresken, die von serbischen Meistern erstellt wurden. Von 1941-1944 verlief hier die Frontlinie. Den Kämpfen fielen die alten Kirchen der Umgebung zum Opfer. Einzig die Erlöserkirche wurde in mühevoller Kleinarbeit restauriert.

Gorodišče war bis zum 15. Jahrhundert die Hauptstadt der Novgoroder Rusʼ. Novgorod schloß 1191 den ersten Handelsvertrag mit der Hanse zum gegenseitigen Nutzen ab. Die Stadt wurde aufgrund ihrer gesicherten Lage nicht von den Mongolen erobert. 1242 besiegten sie die Deutschen Ordensritter. Seit 1259 war an die Mongolen Tribut zu zahlen.

Novgorod repräsentierte die oligarchisch-stadtadlige Gesellschaftsordnung, Moskau die autokratisch-fürstliche. Zusammen mit Tverʼ und Litauen konnte es Moskau trotzen und sogar durch Flußpiraten (ушкуйники uškújniki) provozieren. Da Tverʼ an Stärke verlor und Litauen durch die Union mit Polen nur noch wenig Bedeutung besaß, konnte sich Novgorod nicht mehr gegen Moskau behaupten und mußte seit 1441 Tribut zahlen und wurde 1478 in das Großfürstentum Moskau eingegliedert, wobei als Grund vorgegeben wurde, ein kirchliches Schisma durch die Abwendung von den katholischen Litauern zu verhindern.

 

Antonius auf dem Stein, Altgläubigenikone des 18. Jahrhunderts, Quelle: Wikipedia

 

Antonius wurde um 1067 in Rom geboren. Als er 18 Jahre alt war, starben seine Eltern. Er gab sein Vermögen den Armen, die Schmuckstücke allerdings legte er in ein Faß, verschloß es und warf es ins Meer. Er wurde Mönch in einem Kloster, geriet aber in Schwierigkeiten. Er ging an die felsige Meeresküste, betete dort ein Jahr und drei Monate, da löste sich der Stein, auf dem er stand, glitt ins Meer und er gelangte, auf diesem Stein stehend, in drei Tagen nach Novgorod.

Antonius der Römer gründet das Kloster und erbaut die Kirche,
Ikone des 16. Jahrhunderts, Quelle: Wikipedia

 

In Novgorod gründete er 1106 am Fluß Volchov, nördlich des heutigen Stadtzentrums ein Kloster, das später seinen Namen trug.

 

Die Kirche der Geburt der allheiligen Gottesgebärerin
im Antoniuskloster, Quelle: Wikipedia

 

Die schon angeführte Legende vermerkt dazu:

Das Faß, in dem Antonius die Schmuckstücke seiner Familie auf die Reise geschickt hatte, verfing sich in den Netzen der Fischer, die es Antonius brachten. Davon bestritt er die Ausgaben für die Zellen der Mönche und für den Kirchbau, die von 1117 bis 1119 erbaute steinerne Kirche der Geburt der allheiligen Gottesgebärerin. 1125 entstanden Fresken, die romanische Einflüsse erkennen lassen.

Zahlreiche Brüder schlossen sich ihm an und 1131 wurde Antonius offiziell ihr Vorsteher. Das Kloster entwickelte sich zu einem geistlichen und kulturellen Mittelpunkt mit weiter Ausstrahlung.

Die Kirche der Darstellung im Tempel mit Trapeza (Refektorium) entstand 1535-1537, das Gebäude des Archimandriten 1699-1701, das Wirtschaftsgebäude um 1700, die Heilige Pforte im 18. Jahrhundert und der Torglockenturm 1806. Außerdem gibt es eine Schatzkammer.

1740 wurde hier ein Geistliches Seminar gegründet, das der spätere Bischof Tichon von Zadonsk im Jahre 1754 absolvierte. Im 19. Jahrhundert entstand das Gebäude der Bibliothek. 1918 wurde es geschlossen und 1920 wurde das Antoniuskloster aufgehoben.

Als wir diese Stätte besichtigten, befand sich hier ein Pädagogisches Institut. In den folgenden Jahren kamen noch weitere Einrichtungen der Novgoroder Universität hinzu.

Das alte Novgorod gliedert sich in die Sophienseite, benannt nach der Kathedrale der Heiligen Weisheit (Ἅγια Σοφία Hágia Sophía), und die Handelsseite, auf der die Kaufleute wohnten. Dazwischen fließt der Volchov. Auf der Handelsseite trafen sich byzantinische und tatarische Kaufleute mit Gotländern, Schweden Vertretern der Hanse. Ihre Schiffe brachten Tuche aus Flandern, Heringe aus der Ost- und Nordsee, Getreide und Salz, dafür tauschten sie Felle, Wachs, Hanf, Daunen, und Pfeffer aus Indien ein.

Die Kathedrale des heiligen Apostels Philippus und des heiligen Wundertäters Nikolaus an der Nutnaja-Straße (Zöllnerstraße oder Viehstraße), gestiftet von einem Novgoroder Bürgermeister (посадник posádnik), stammt von 1383/1384 und wurde 1527/1528 umgebaut, wobei die Grundform der Kirche belassen, aber die Fassade archaisierend umgestaltet wurde.

1962 wurde die Nikolauskirche in ein Museum umgewandelt und die Philippuskathedrale blieb bis 1989 die einzige Kirche Novgorods, in der Liturgie gefeiert werden durfte. Es kamen so viele Gläubige, daß die Wände der Kirche infolge der Atemluft „weinten“. Metropolit Nikodím (Rótov; 1929-1978) feierte hier regelmäßig Liturgie. Er starb an einem Herzschlag, als er anläßlich der Inthronisation des Papstes Johannes Paul I. (1912-1978) im Vatikan weilte. Dieser Papst starb 23 Tage später. Es war das sogenannte Dreipäpstejahr: Paul VI., Johannes Paul I. und Johannes Paul II.

 

Das Grab des Metropoliten Nikodim (Rotov) auf dem Friedhof der Aleksandr-Nevskij-Lavra in St. Petersburg, Quelle: Wikipedia

 

Wir führen ein Gespräch mit Vater Michaíl Golubcóv, dem Sekretär des Metropoliten von Leningrad und Novgorod, Antonij (Melʼnikov; 1924-1986). Bereits seit 1981 wird die Feier der Christianisierung (Taufe) der Russischen Lande vorbereitet, die im Jahre 1988 stattfinden soll. Feierliche Liturgien, internationale wissenschaftliche Konferenzen und Symposien sind geplant. Es ist ein Aufbruch ohnegleichen nach so vielen Jahren der Unterdrückung freier Religionsausübung.

 

Das Novgoroder Kätzchen am 17. Juni 1985, Photographie vom Ikonenschreiber Professor Karl F. J. Berger

Montag, 17. Juni 1985 Tag der Deutschen Einheit

Der Novgoroder Kremlʼ wurde seit 1097 als detínec bezeichnet. Dieses Wort leitet sich von déti (Kinder) ab und bezeichnet den geschützten Teil der Festung, in dem die unmündigen Kinder lebten. Seit 1317 setzte sich das Wort kremlʼ durch, das auf den Palisadenzaun (aus Pfählen oder Zaunlatten) der ältesten Festungen weist; denn kremʼ ist der Teil des Hegewaldes, in dem die festesten Stämme wachsen.

Nachdem der Großfürst im Jahre 1136 nach Gorodišče umsiedeln mußte, herrschte im Kremlʼ der Erzbischof, später der Metropolit. Der Novgoroder Kremlʼ hatte seit 1494-1499 dreizehn Türme, von denen neun erhalten sind.

 

Kremlʼmauer mit Türmen, Quelle: Wikipedia

In der Mitte des Areals erhebt sich ein Denkmal, das zur Tausendjahrfeier Novgorods im Jahre 1862 enthüllt wurde. Der Bildhauer Michail Mikešin und der Architekt Ivan Schröder hatten es gestaltet. Es hat die Form einer Zarenkrone, ist 15,7 m hoch und 9,5 m breit. Es wird von einem Kreuz gekrönt, ein Engel als Symbol der Orthodoxie segnet eine Frau als Symbol des gläubigen Rußlands. Darunter befindet sich der gewaltige Reichsapfel, das Symbol der beherrschten Erde. Ringsum sind Skulpturengruppen, welche die wichtigsten Ereignisse der Geschichte darstellen: Das „Herbeirufen“ der Waräger im Jahre 862, die Christianisierung unter Fürst Vladimir 988, die Schlacht gegen die Mongolen am Schnepfenfeld (Куликово поле Kulikóvo póle) unter Dimitrij vom Don 1380, 1491: Zar Iván III. Vasílʼevič, der erste Herrscher des vereinigten Rußlands, unter dessen Herrschaft der Moskauer Kremlʼ in seiner heutigen Gestalt mit den Kathedralen und Palästen entstand, 1613: Zar Michaíl Fëdorovič Románov mit Kozʼ Minič Minin und Dmitrij Michájlovič Požárskij, welche die polnisch-litauischen Invasoren zurückschlugen, und Gründung des Russischen Reiches im Jahre 1721 durch Zar Peter den Großen. Den Sockel umgürtet ein Fries mit 109 Erleuchtern (Denkern), Herrschern, Heerführern, Schriftstellern und Künstlern.

 

Tausend Jahre Rußland, Quelle: Wikipedia

Dienstag, 18. Juni 1985

Die Sophienkathedrale wurde 1045-1052 erbaut, acht Jahre nach der Sophienkathedrale in Kiev, die sich ihrerseits die Hagia Sophia in Konstantinopel zum Vorbild nahm.

 

Sophienkathedrale, Quelle: Wikipedia

Bereits im Jahre 1000 stand hier eine Sophienkirche aus Eichenholz mit dreizehn Kuppeln (Christus und die zwölf Apostel). Das Aussehen des heute sichtbaren Bauwerkes ist unverändert streng und schlicht. Es handelt sich um eine fünfschiffige Kreuzkuppelkirche mit zwölf Pfeilern und drei Apsiden.

 

Sophienkathedrale, Magdeburger Bildtür, Quelle: Wikipedia

 

Im Westen ist eine Tür mit Eichenholzflügeln. Die Magdeburger Erzgießer Riquin und Waismuth gossen 48 Bronzeplatten. Dargestellt ist Wichman, der 1152 Bischof von Magdeburg wurde und 1154 den Rang eines Erzbischofs erhielt. Da er hier noch als Bischof dargestellt ist, liegt die Entstehungszeit dieser Bilder in der Zeit von 1152 bis 1154 nahe. Zu finden ist auch die Abbildung des Bischofs Alexander von Plock. Dies legt nahe, daß die Bronzeplatten für Plock bestimmt waren und wohl mit hanseatischen Kaufleuten nach Novgorod gerieten. Auch die Werkmeister Requin und Waismuth haben sich abgebildet, hinzugefügt wurde das Bild des russischen Meisters Avram, der die Bildtüren zusammenbaute.

 

Heimsuchung (Maria besucht Elisabeth) und Flucht nach Ägypten, rechts führt Joseph den Esel mit einem Strick; Quelle: Wikipedia

 

Auf dem linken Flügel steht Christus zwischen Petrus und Paulus, dann wird seine Kindheit erzählt: Verkündigung (Maria am Spinnrocken; sie spinnt Purpurgarn für die Wiederherstellung des zerrissenen Tempelvorhangs), Geburt und Taufe Christi, Anbetung der Könige, bartloser Laie mit Buch, Rachel beweint ihre Kinder (der Bethlehemitische Kindermord), Darstellung im Tempel, Löwenkopf mit drei Menschenköpfen im Maul: „Der Hades verschlingt die Sünder“, Diakon mit Weihrauchfaß, Flucht nach Ägypten, Heimsuchung Elisabeths durch Maria, Bischof Alexander von Plock zwischen zwei Diakonen, Diakon mit Buch, Himmelfahrt des Elias, Lebensbaum, zwei Krieger über gestürzten Gestalten, Inschrift: Armut und Stärke (Sieg des Christentums), Sündenfall, Riquin, Erschaffung Evas, Avram, Waismuth.

 

Inschrift links oben: Крѣпость krépostʼ (Stärke), Inschrift rechts unten: Paupertas (Armut). Stärke und Armut waren die angezielten Tugenden des Deutschen Ordens. Diese Ritter kämpften von 1231 bis 1283 gegen die Pruzzen, trieben deren Christianisierung voran (Schwertmission), siedelten in deren Land deutsche Bauern an und gründeten Elbing sowie Königsberg. Dies war die gewaltsame Einpflanzung einer fremden Kultur, deren Träger militärisch überlegen waren. Zwei Krieger über zwei gestürzten Gestalten, in der Mitte der Lebensbaum: „Dem Sieger werde ich zu essen geben vom Baume des Lebens, der im Paradiese steht“ (Offb 2, 7). Quelle: Wikipedia.

 

Auf dem rechten Flügel ist die Maiestas Domini (die Herrlichkeit des Herrn) zu sehen (Christus in der Mandorla mit Engeln und Evangelistensymbolen), Einzug in Jerusalem, ein Mann breitet seinen Mantel auf dem Weg aus, Bestienkämpfer, Mann mit Schriftband, Gefangennahme Christi, Mann mit Hund, Petrus im Gefängnis, Mann mit Schild, Mann mit Schlange (Kampf zwischen Tugend und Laster), Löwenkopf mit Menschenkopf im Rachen, Mann mit Schwert (König), Geißelung Christi, Bestienkämpfer, Herodes, Christus am Kreuz, Nikodemus, Frauen am Grabe, eine einzelne Frau, Christus im Hades, Bischof Wichmann von Magdeburg, Himmelfahrt Christi, Mann mit Schwert, Mauritius mit Gefährten, Kindermord von Bethlehem, bogenschießender Kentaur (russische Hinzufügung; seit dem II. Weltkrieg verschollen und nach dem Abguß im Historischen Museum Moskau ergänzt).

Diese hochromanische Bronzeplastik ist in ihrer Formensprache blockhaft, roh und unbeholfen, aber manchmal auch packend in ihrer ursprünglichen Ausdruckskraft.

Wie weit die vorchristliche Religion in das Leben hineinragt zeigt sich an den Zusätzen zum Leben Christi und der allheiligen Gottesgebärerin. Da findet sich ein Löwenkopf mit drei Menschenköpfen im Maul, der Lebensbaum, zwei Krieger über gestürzten Gestalten, Bestienkämpfer, ein Mann mit Hund, einer mit Schild und einer mit Schlange, ein Löwe mit einem Menschenkopf im Rachen und ein bogenschießender Kentaur.

 

König Salomon, Fresko im Tambour der Sophienkathedrale,
11. Jahrhundert, Quelle: Wikipedia

 

Mittwoch, 19. Juni 1985

Der Jaroslavhof auf der Handelsseite wurde 1030 zum erstenmal erwähnt. Ihn umgab der Marktplatz (торг torg) mit seinen Ladenreihen und Kirchen. 1136 zwangen die Novgoroder ihren Fürsten, nach Gorodišče zu ziehen. In den Hof zog nun die mächtige Bürgerversammlung (вече véče) ein. Im Zuge der Unterwerfung unter die Herrschaft Moskaus wurde die Glocke, welche zur Bürgerschaftsversammlung rief, nach Moskau verbracht. 1570 ließ Zar Ivan der Schreckliche die Stadt zerstören, da er den Verdacht hatte, Novgorod stehe auf seiten Polens-Litauens. 1580 ließ er auf dem Areal des Jaroslavhofes einen Palast bauen, der jedoch vor seiner Fertigstellung niederbrannte. Heute ist hier eine Grünfläche zu sehen.

 

Hinter der Kirche Paraskeva Pjatnica steht die Entschlafenskirche von 1135, die infolge zahlreicher Umbauten ihr ursprüngliches Aussehen verloren hat; Quelle: Wikipedia

 

Die Kirche Paraskeva Pjatnica steht im Osten des Platzes. Der Name bedeutet Rüsttag Freitag. Es ist also nicht eine Heilige gemeint, sondern mit dieser Benennung ist ein Gedenken des Todes Christi verbunden. Erst später entstand eine Legende, welche die Heilige zur Patronin der Kaufleute machte. Die Kirche wurde 1207 errichtet. Sie hat drei zweistöckige Vorhallen, rechteckige Seitenapsiden, mehrstufigen Lisenenschmuck an den Fassaden und tragende Rundpfeiler im Inneren. (Lisene kommt von lisière – Saum, es handelt sich um eine schmale und leicht hervortretende vertikale Verstärkung der Wand.) Tambour und Zwiebelkuppel stammen aus dem 18. Jahrhundert.

Die Kirche zur Verklärung des Erlösers an der Straße des Propheten Elias, gestiftet im Jahre 1374 vom Bojaren und Kaufmann Vasilij Danilovič, ist berühmt für ihre Fresken von Feofan Grek (Theophanes dem Griechen) aus dem Jahre 1378. In der Kuppel und der Lichttrommel sind folgende Fresken erhalten: der Pantokrator (übermenschlich erhaben dargestellt, doch mit Leidenschaft gemalt), Erzengel, Seraphim, Adam, Abel, Noah, Sem, Melchisedek, Henoch, Elias und Johannes der Vorläufer. Im nordwestlichen Emporenraum finden sich fünf Säulenheilige, die Heilige Dreieinigkeit, Makarios der Große und Medaillons mit Heiligen. Die Fresken wurden 1910 unter einer dicken Putzschicht entdeckt und in den folgenden Jahrzehnten freigelegt.

 

Feofan Grek, Daniel der Säulensteher, Quelle: Wikipedia

 

Symeonskirche, Fassadendekor, Quelle: Wikipedia

 

 

Die steinerne Kirche Symeons des Gotttragenden wurde 1468 anstelle eines hölzernen Vorgängerbaus mit dem gleichen Patrozinium errichtet. Zu dieser Zeit wütete die Pest in Novgorod. Die Kirche ist klein, sie mißt nur acht mal acht Meter. 1654 erhielt die Kirche ihr heutiges Aussehen.

 

Fresken von 1468 im Inneren der Symeonskirche, Quelle: Wikipedia

 

Kirche Symeons des Gotttragenden, Heilige,
Photographie von Doris Denart, Hünxe

 

 

Das Jurʼevkloster, das Kloster des heiligen Georgs des Drachentöters, wurde erstmals 1119 in der Chronik erwähnt. Es steht südlich von Novgorod an der Flußbank des Volchov in der Nähe des Ausflusses aus dem Ilmensee. Hier wurden die Jahre 1016-1471 der Stadtgeschichte Novgorods in der Chronik beschrieben.

 

Georgskloster, Quelle: Wikipedia

 

 

Die Klosterkirche des heiligen Georgs ist 33 m hoch, 28 m lang und 25 m breit. Sie hat zu Ehren der Dreieinigkeit drei silberne Kuppeln.

Das Kloster wurde 1928 geplündert und fünf seiner sechs Kirchen wurden zerstört. 1929 wurde es geschlossen und während des Zweiten Weltkrieges wurden die Zellengebäude zerstört. Als wir dort waren, waren viele Reiseteilnehmer enttäuscht und sahen diese Besichtigung als Zeitverschwendung an. 1991 wurde das Kloster der Kirche zurückgegeben und teilweise wiederhergestellt.

 

Georgskirche des Georgsklosters, Quelle: Wikipedia

 

Bei einer späteren Reise mit dem Auto besuchte ich zusammen mit meiner Schwester Johanna das Chutynʼkloster. Der Ort liegt zehn km nördlich von Novgorod an der Mündung des Baches Volchovec in den Volchov. Dieser Name leitet sich gemäß der Volksüberlieferung von худое место  chudóe mésto – schlechter Ort ab, da dort die bösen Geister hausten. Der Mönch Varlaam, mit weltlichem Namen gemäß der Nestorchronik Aleksa Michalevič, ließ dort eine Kirche errichten, die im Jahre 1192 geweiht wurde und nicht erhalten ist. Varlaam starb an einem 6. November der Jahre 1192-1197. Im Jahre 1515 entstand die Kirche der Verklärung Christi.

 

Chutynʼ, Verklärungskirche, Quelle: Wikipedia

 

Im Jahre 1920 wurde das Kloster geschlossen. Die Gebäude litten unter den Bombardierungen der Jahre 1941-1943. Im Jahr 1976 begannen Restaurierungsarbeiten. 1991 wurde der Komplex der Kirche zurückgegeben und seit dem gleichen Jahre in ihnen ein Frauenkloster eingerichtet.

 

Donnerstag, 20. Juni 1985

Wir fahren nach Pleskau / Pskov. Diese Stadt liegt an der Mündung des Flusses Pskova in die Velikaja, in der Nähe des Peipussees. Dies ist der westlichste Punkt des Kerngebietes Rußlands.

Der Ort wurde von den Krivičen im ersten Jahrhundert gegründet. Die erste schriftliche Erwähnung findet sich 903. Die Bevölkerung war slavisch, skandinavisch und finno-ugrisch.

Die Christianisierung begann 955. 1137 wurde Pleskau ein selbständiges Fürstentum unter Vsevolod Mstislavič ( 1138).

Im 13. Jahrhundert erreichte zwar die Goldene Horde die Stadt nicht, sie wurde aber 1240 vom Deutschen Orden besetzt, der allerdings seinerseits 1242 von Aleksandr von der Neva auf dem Peipussee geschlagen wurde. Dieser ruhte nicht, sondern belagerte immer wieder die Stadt, abwechselnd mit Polen-Litauen.

Zur Zeit der Hanse war in diesem Ort eine Faktorei. Die Kaufleute rasteten hier auf ihrem Weg von Riga oder Reval nach Novgorod.

1510 wurde Pleskau ein Teil des Großfürstentums Moskau. Peter der Große baute es ab 1701 zur Festungsstadt aus.

 

Pleskauer Kremlʼ, Dreieinigkeitskathedrale und Glockenturm,
Quelle: Wikipedia

 

 Der Pleskauer Kremlʼ umfaßt drei Hektar und entstand früher als sein Moskauer Pendant. Schutz gewährten zunächst hölzerne Palisaden und ab Anfang des 12. Jahrhunderts eine steinerne Mauer. Der Kremlʼ war das Zentrum des gesellschaftlichen, religiösen und wirtschaftlichen Lebens der Stadt. Außerdem gab es ausreichend Lager für Proviant, Waffen und Schätze.

Von 1266 bis 1299, das Jahr, in dem er starb, war der Litauer Daumantas, in der Taufe Timotheus, Fürst der Stadt. Er erweiterte die Festung beträchtlich und machte die Stadt von Novgorod unabhängig.

Die Dreieinigkeitskathedrale im Kremlʼ wurde zuerst aus Holz, dann aus Stein errichtet und im Jahre 1367 neu erbaut. Seit 1589 ist sie die Bischofskirche der Stadt. Der heutige Bau stammt aus den Jahren 1682-1699, der Blütezeit unter Fürst Daumantas. Es handelt sich um einen auf vier Pfeilern ruhenden, rechteckigen Kreuzkuppelbau. Der Glockenturm wurde in den 1830er Jahren erbaut.

 

Pleskau, Dreieinigkeitskathedrale, Quelle: Wikipedia

 

Die Lebendige Kirche, welche von den sowjetischen Behörden gegen die Orthodoxe Patriarchatskirche unterstützt wurde, erhielt in den 1920er Jahren die Dreieinigkeitskathedrale. In den 1930er Jahren wurde die Kirche für die Feier der Liturgie geschlossen und in ein Museum umgewandelt. Während der Besatzungszeit im Zweiten Weltkriege wurde sie wieder für Gottesdienste geöffnet und blieb es auch nach dem Kriege.

Das Innere der Pleskauer Dreieinigkeitskathedrale, Quelle: Wikipedia

 

Nikolaj Roerich, Kirche in Pleskau, 1903/1904, Roerichmuseum in Novosibirsk, Quelle: Wikipedia

 

Georgskirche, Quelle: Wikipedia

 

 

Die Kirche des Heiligen Georgs des Drachentöters wurde 1494 erbaut und ist eine der wenigen Kirchen Pleskaus, die weitgehend original erhalten sind. Weil es wenig Gottesdienstbesucher gab, wurde sie 1786 zur Gemeinde des heiligen Johannes des Theologen, 1808 zur Nikolauskirche und 1837 zum Pleskauer Gymnasium zugezählt. 1825 wurde der nördliche Seitenaltar und 1831 der südliche abgerissen. Im gleichen Jahre wurde der Glockenturm entfernt und neu aufgeführt. 1879 wurde die Kirche geschlossen. Seit 1886 wurden hier katholische Gottesdienste abgehalten. 1923 wurde die Kirche wiederum geschlossen. 1960 wurde die Kirche als Kulturdenkmal eingestuft und 2009 der Kirche zurückgegeben.

Bemerkenswert ist der Außenschmuck mit Fayencekacheln, welche einen bärtigen Mann, mythologische Tiere und Vögel sowie einen Leoparden darstellen. Der Innenraum der Kirche hat drei Apsiden, von denen der mittlere höher und breiter sowie ornamental ausgeschmückt ist.

Das Erlöser-Verklärungs-Mirož-Kloster, Quelle: Wikipedia

 

 

Das Kloster zur Verklärung Christi liegt am Flüßchen Miróža und heißt daher Erlöser-Verklärungs-Miróž-Kloster. Es wurde unweit des Kremls in der Mitte des 12. Jahrhunderts vom griechischen Bischof Novgorods Nifont ( 1156) gegründet. Hier gab es eine Bibliothek, es wurden die Chronik Pleskaus geschrieben und ältere Handschriften kopiert sowie Ikonen geschaffen.

1299 steckten litauische Ritter das Kloster in Brand und töteten den Klostervorsteher Vasilij von Mirož. 1917 wurde das Kloster zu einer Jugendherberge umgewandelt und 1994 der Kirche zurückgegeben.

Aufgrund der Lage am Fluß litten die Gebäude unter den Überschwemmungen in den Jahren 1886, 1900, 1928, 1960 und 2011.

In der Kathedrale zur Verklärung Christi sind Fresken aus den 1130er/1140er Jahren erhalten. Im Stil ähneln sie byzantinischen Mosaiken im Sizilien des frühen 12. Jahrhunderts. Thematisch geht es um die Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur in Christus sowie um seine Erlösung der ganzen Schöpfung. In der Altarkonche ist die Deisis (δέησις – Fürbitte Mariens und Johannesʼ beim Wiederkehrenden Christus um Erbarmen) dargestellt, in der Kuppel die Himmelfahrt Christi, an der Nordwand ist die Beweinung Christi. Die Inschriften sind in griechischer Sprache abgefaßt. Dies weist auf die Herkunft der Künstler hin.

Kuppelfresko der Himmelfahrt Christi in der Kathedrale der Verklärung Christi, Quelle: Wikipedia

 

Bei der Kirche handelt es sich um einen Kreuzkuppelbau, wobei das Kreuz gleichschenklig ist.

 

Freitag, 21. Juni 1985

 

Das Pleskauer Höhlenkloster, Quelle: Wikipedia

 

 

Pečory. Entlang des heutigen Baches Kamenec befinden sich Höhlen (pečóry), in denen Mönche Zuflucht suchten, welche von den Krimtataren vertrieben worden waren. Die Überlieferung nennt dafür als Zeitpunkt 1392. Dies ist das Todesjahr Sergijs von Radonež. Damit soll das Weiterleben und die Verbreitung des monastischen Lebens in seinem Sinne und in seiner Tradition verdeutlicht werden. Namentlich genannt wird der Mönch Mark, der am Beginn der monastischen Besiedlung dieser Höhlen steht. Der Priester Ioann begann 1470 mit dem Bau der Entschlafenskathedrale, welche 1473 geweiht wurde. Ioanns monastischer Name war Iona. Einige Höhlen wurden zu Grabstätten für die verstorbenen Mönche. Das Raumklima hat eine mumifizierende Wirkung.

 

Nikolaj Roerich, Höhlenkloster Pečory, Zugang nach innen vom Eingangsturm aus, 1903/1904, Roerichmuseum Novosibirsk, Quelle: Wikipedia

 

Die Kirche wirkt einladend durch ihre Außenikonen. Dem Westen sollte die Schönheit der Orthodoxie gezeigt werden, erklärte uns Mönch Nafanail, der uns durch das Kloster und die Begräbnisstätten führte.

1523 wurden unter dem Hegumen (Klostervorsteher) Dorofej die Befestigungen des Klosters verstärkt, die Entschlafenskirche erweitert und auf dem Heiligen Berg die Kirche der heiligen Antonij und Feodosij erbaut. Dies waren die Begründer des monastischen Lebens im Kiever Höhlenkloster.

Mit diesem Kloster ist der Name des Mönches Savva verknüpft. Dieser wurde mit dem weltlichen Namen Nikoláj Michájlovič Ostápenko am 11. November 1898 im Kubanʼ-Gebiet geboren. Bis 1945 arbeitete er als Ingenieur im Baubereich. 1948 erhielt er bei der monastischen Tonsur in der Dreieinigkeits-Sergij-Lavra den Namen Savva. 1949 wurde er zum Priestermönch geweiht. Da er als Beichtvater beliebt war, fühlten sich andere Mönche zurückgesetzt. 1954 wurde Savva nach Pečory versetzt. Hier und an anderen Orten wirkte er bis zu seinem Tod im Pleskauer Höhlenkloster am 27. Juli 1980, fünf Jahre vor unserem Besuch in diesem Kloster.

Savva lebte in schwierigen Umständen. Immer wieder wurde er vertrieben. Warum geschah dies? Weil er erfolgreich war. Er restaurierte überall, wohin man ihn schickte die zerfallenen Gotteshäuser und sammelte eine stets wachsende Gemeinde um sich.

Ungeachtet seiner bedrückenden Lebensumstände, rief er dazu auf, den Mut nicht zu verlieren; denn Mutlosigkeit nimmt uns die Energie, welche notwendig ist, um den Heiligen Geist zu empfangen. Wer in Schwierigkeiten ist, sollte Christus anrufen, der in seinem Herzen wohnt. Mit ihm kann er scheinbar Unerträgliches ertragen, wenn er diese Situation nicht ändern kann.

 

Die Festung Izborsk, Quelle: Wikipedia

 

Izbórsk liegt dreißig Kilometer westlich von Pleskau. Nach einer Legende, die nicht später als 1638 entstand, benannte der Gründer der Siedlung, Sloven, diesen Ort nach seinem Sohn Izbor.

Im Jahre 862 wurde Izbórsk in der Nestorchronik zusammen mit Ládoga und Beloózero erwähnt. In der Aufzählung folgen danach Nóvgorod, Pólock, Rostóv und Múrom.

 

Blick aus der Vogelschau auf Izborsk, Quelle: Wikipedia

 

Im Jahre 1233 wurde Izborsk vorübergehend vom livländischen Schwertbrüderorden besetzt. 1330 wurde die Burg am heutigen Orte neu errichtet. 1510 kam Izborsk zum Großfürstentum Moskau.Von 1772 bis 1920 gehörte es zum Gouvernement Pleskau. Im Zweiten Weltkriege wurde die Stadt weitgehend zerstört. Seit 1998 befindet sich in Izborsk ein Museum für Steinkreuze.

 

Nikolauskathedrale Izborsk, Quelle: Wikipedia.

 

Bereits 1341 wurde die Nikolauskathedrale in der Festung Izborsk erwähnt. Die Bedeutung dieser Kathedrale zeigt sich darin, daß sich seit der Errichtung der Metropolie Pleskau im Jahre 1589 der Titel „Metropolit von Pleskau und Izborsk“ lautet. 1849 wurde an der Westseite ein Glockenturm erbaut.

Nikolaj Konstantinovič Rerich/Roerich (1874-1947) war auf seiner Reise durch altrussische Städte in den Jahren 1903 und 1904 mit seiner Frau auch in Izborsk. Er war beeindruckt von der Atmosphäre dieser Stätte und malte Türme und das Truvor-Kreuz.

 

Das Truvor-Kreuz, 15. Jahrhundert, Friedhof bei der alten Siedlung Truvor, Quelle: Wikipedia. Da meine eigenen Bilder stark verblaßt sind, bin ich dankbar für diese Aufnahmen.

 

Gemäß der Nestorchronik herrschte Truvor, Bruder des warägischen Fürsten Rjurik, von 862 bis 864 über Izborsk. Diese alte Siedlungsstätte wurde nach ihm Truvor genannt. Dieser Name leitet sich vom skandinavischen Thorvard ab (Þórvarðr), geschützt vom Gott Thor („wert dem Gotte Thor“) .

Ich erinnere mich daran, wie mehrere Mitglieder unserer Reisegruppe murrten und unzufrieden waren, weil sie in den Ruinen Izborsks nichts Bemerkenswertes fanden. Wer aber bedenkt, daß hier seit dem Jahr 862 Geschichte geschieht, wird beeindruckt sein.

 

Mémorial

 

Klaus Bambauer. Das Bild wurde mir von Gertraude Bambauer zur Verfügung gestellt.

 

Bei dieser Reise nahmen einige Personen teil, an die hier erinnert werden soll.

o  In erster Linie ist der Initiator und Organisator dieser kirchlichen Reisen zu nennen, Martin Bauer. Wir alle sind ihm dafür sehr zu Dank verpflichtet. In den 1980er Jahren in Länder kirchliche Gruppenreisen zu unternehmen, die offiziell jegliche Religion ablehnten und bekämpften, war ein Wagnis und eine Herausforderung. Wie oft war angeblich kein Bus zu bekommen oder die Kirche „geschlossen“, wenn es darum ging, die Göttliche Liturgie zu besuchen! Martin Bauer wurde am 22 September 1939 geboren, war Pfarrer in Emmerich und starb am 8. April 2021 im Alter von 81 Jahren.

o  Klaus Bambauer wurde am 11. Mai 1940 in Düsseldorf geboren. Er war Pfarrer in Wesel-Flüren. Ich arbeitete jahrelang mit ihm zusammen und setzte seine Beiträge über russische Religionsphilosophie ins Netz. Er war liebenswürdig, zuvorkommend und herzlich. Sein früher Tod (durch Herzversagen) am 14. Mai 2002 machte mich betroffen.

o  Lothar Heiser wurde am 2. Juli 1934 in Scheidemühl/Ostpreußen geboren, empfing die Priesterweihe im Hohen Dome zu Münster am 2. Februar 1960 und promovierte 1978 über die Antwort des Papstes Nikolaus I. (820-867) an die Bulgarische Orthodoxe Kirche. Er schrieb Bücher über die Theologie der armenischen, äthiopischen, georgischen, koptischen und syrischen Kirche, über die Taufe, die Eucharistie, die Hochfeste orthodoxer Christen, die Engel, Maria und Nikolaus, die Entmachtung heidnischer Götter durch Christus und Heilige, Natur und Tiere in frühchristlicher Deutung, die Bildtür an der Sophienkathedrale in Novgorod und heilige Ärzte. Er war Lehrer für katholische Religion am Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium in Münster und starb am 27. Oktober 2022 in Münster.

o  Ulrich Lübbermann wurde am 12. Juni 1936 in Lienen (Kreis Steinfurt) geboren. Er studierte Theologie und Geschichte in Bethel, Göttingen, Bonn und Münster. Er begann seinen Dienst 1968 als Berufsschulpfarrer und Studentenseelsorger an der damaligen Ingenieurschule für Bauwesen in Recklinghausen. Bis zu seinem Ruhestande im Jahre 2001 erteilte er danach evangelischen Religionsunterricht am Berufskolleg Kuniberg in Recklinghausen. Er betätigte sich im Stadtrat für die SPD. Er war begeistert von der Orthodoxie und die Welt der Ikonen. Er besaß eine große Bibliothek, die sich diesem Interessengebiet widmete. Er trat ein für die Versöhnung mit den Ländern Osteuropas. Er starb nach langer, schwerer Krankheit am 15. Februar 2009 in Recklinghausen.

o  Ilma Reißner wurde 1929 geboren. Sie arbeitete als freie Journalistin in Düsseldorf. Mit ihrem Mann Hanswerner hatte sie die Kinder Ilma, Matthias und Clemens. 1984 besuchte sie zum ersten Mal Georgien. Seither ließ sie dieses Land nicht mehr los. Sie schrieb darüber ein Buch, das auch in zweiter Auflage erschien, und organisierte Kleiderspenden. In vielfältiger Weise setzte sie sich für Georgien ein. Sie ermöglichte im Jahre 1999 den Bau eines Krankenhauses im georgischen Patriarchat. Sie starb im Jahre 2001 in Kevelaer.

o  Hanswerner Reißner wurde 1921 in Leipzig geboren. Sein Vater war Arzt. Sein Elternhaus war vom evangelischen Glauben geprägt. Hanswerner studierte sowohl evangelische als auch katholische Theologie. Im Zweiten Weltkrieg wurde er bei der Belagerung Leningrads eingesetzt. Da er Violine spielte, wurde er nicht an vorderster Front eingesetzt. 1942 erfuhr er, daß ihn die Gottesmutter beschütze, und er wurde katholisch. Nach dem Krieg studierte er in Bonn weiter und wurde dann Religionslehrer an der Kaufmännischen Berufsschule in Düsseldorf. Er schrieb Bücher, Artikel und Gedichte. Sein Interesse galt theologischen Grundfragen und der Marienverehrung. Zuletzt veröffentlichte er noch Gedanken zur Sophiologie, der Lehre von der Göttlichen Weisheit. Heute noch bekannt ist: Wir gehen zur Mutter der Kirche. Gedanken zu Wallfahrt und Pilgerschaft, Kevelaer 1977. Er starb im April 2013 in Kevelaer.

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Bibliographie

Novgorod

o  Bambauer, Gertraude und Klaus (1940-2002), Dieses Volk trägt Gott im Herzen. Russische Meditationen, Wesel 1984.

o  Heiser, Lothar (1934-2022), Das Bronzeportal der Sophien-Kathedrale von Nowgorod – ein romanisches Meisterwerk aus Magdeburg und seine Botschaft, herausgegeben vom Kuratorium der Gerhard-Faber-Stiftung in Waxweiler in der Eifel anlässlich des dreihundertjährigen Bestehens, Basel 2011.

o  Lazarev, Viktor Nikitič (1897-1976), Новгородская иконопись (Novgoroder Ikonenmalerei), Moskau 1981.

o  Lazarev, Viktor Nikitič, Страницы истории Новгородской живописи (Seiten aus der Geschichte der Novgoroder Malerei), Moskau 1983.

o  Onasch, Konrad, Groß-Nowgorod. Aufstieg und Niedergang einer russischen Stadtrepublik, Wien und München 1969.

o  Popova, Olʼga Zigizmundovna, Искусства Новгорода и Москвы первой половины четырнадцатого века. Его связи с Византией (Die Kunst Novgorods und Moskaus im der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Ihre Verbindung mit Byzanz), Moskau 1980.

 

Pleskau

o  Alpátov, Michaíl Vladímirovič (1902-1986), und Irina Samojlovna Rodnikova (1940-2015), Псковская икона XIII-XVI веков. Альбом (Die Pleskauer Ikone des 13.-16. Jahrhunderts. Bildband), zweite Auflage Leningrad 1990.

o  Arakšeev, Vladimir, Средневековый Псков. Власть, общество, повседевная жизнь Пскова в XV - XVII веках (Das mittelalterliche Pleskau. Macht, Gesellschaft, das alltägliche Leben Pleskaus im 15. - 17. Jahrhundert), Pleskau 2004.

o  Bologov, Aleksandr Aleksandrovič (1932-2019), Псков. Путеводитель (Pleskau. Reiseführer), dritte Auflage Leningrad 1988.

o  Jamščikov, Savelij, und Stanislav Zimnoch, Pskov. Art Treasures and Architectural Monuments 12th - 17th Centuries. Architectural Monuments, Ancient Fortresses, Izborsk and Pechory, Icons of the Pskovian School, Minor Arts, Illuminated Manuscripts, Leningrad 1978.

o  Morozkina, Elena, Pskov. A Guide, Moskau 1984; Pskow. Reiseführer, Übersetzung von Thea-Marianne Bobrowski, Moskau 1984.

o  Spegálʼskij, Júrij Pávlovič (1909-1969), Псков. Художественные памятники (Pleskau. Kunstdenkmäler), Leningrad 1972.

Pečory

o  Rabinovič, G., Архитектурный ансамбль Псково-Печерского монастыря (Das Architektur-Ensemble des Pleskauer Höhlenklosters), Das bauliche Erbe, Teil 6, Moskau 1956.

o  Свято-Успенскому Псково-Печерскому монастырю 525 лет (Das Pleskauer Entschlafens-Höhlenkloster besteht seit 525 Jahren), Pleskau 1998.

o  Tichon (Sekretarëv), Врата небесные. История Свято-Успенского Псково-Печерского монастыря (Himmelstore. Die Geschichte des Pleskauer Entschlafens-Höhlenklosters), Pečory 2010.

 

Izborsk

o  Die Nestorchronik, herausgegeben von Aleksandr Aleksandrovič Šachmatov (1864-1920), eingeleitet und kommentiert von Dmítrij Tschižéwskij (1894-1977), Slavistische Studienbücher, Band VI, Wiesbaden 1969, 19 (Jahr 6370 nach Erschaffung der Welt, Jahr 862 nach der Geburt Christi).

o  Artemʼev, Aleksandr Rudolʼfovič, Города Псковской земли в XIII-XV веках (Städte der Region Pleskau im 13.-15. Jahrhundert), Moskau 1987; Vladivostok 1998.

o  Brüggemann, Karsten, Licht und Luft des Imperiums. Legitimations- und Repräsentationsstrategien russischer Herrschaft in den Ostseeprovinzen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Veröffentlichungen des Nordost-Instituts, Band 21, Wiesbaden 2018 (232-238: Degermanisierung der Ostseeprovinzen als Kern ihrer Russischmachung).

o  Kostočkin, Vladimir Vladimirovič (1920-1992), Тропой легендарного Трувора. Изборск, Малы, Сенно, Дороги к прекрасному (Über das legendäre Truvor. Die Architekturdenkmäler von Izborsk, Maly, Senno, Wege zum Schönen), Moskau 1971.

 

 

© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2024

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