Der Altenberger Dom

 

Ist das Bergische Land nach der hügeligen Gegend benannt? Nein, sondern nach dem Territorium der Grafen von Berg.

Adolf III. von Deutz (um 1025 - 1081/1083) erbaute um 1060 die Burg Berge, daher wurde er in einer Urkunde von 1068 als Adolfus advocatus de Monte (Adolf [I.] genannt von Berg) bezeichnet.

1122 erbaute Graf Adolf II. von Berg (1106 - 1160) hoch über der Wupper eine Burg im heutigen Solingen, die er Neuenberge nannte zur Unterscheidung von Altenberge im heutigen Odenthal. Im Jahre 1386 bezogen Herzog Wilhelm I. von Berg (um 1348 - 1408) und seine Gemahlin Anna von der Pfalz (1346-1415) ihre neue Residenz in Düsseldorf, eine Burg am Rhein, sodaß die Bedeutung von Berge allmählich sank. Um 1500 wurde es allmählich zu einem Schloß umgebaut, sodaß die Bezeichnung Schloß Burg üblich wurde. Es erlitt schwere Schäden im Dreißigjährigen Krieg und wurde 1648 niedergelegt. Ab 1890 erfolgte der Wiederaufbau. Heute ist Schloß Burg die größte rekonstruierte Burganlage in Nordrhein-Westfalen.

1133 verschenkte Adolf II. Altenberge an die Zisterzienser von Morimond. In deutschen Quellen hieß diese Gründung: Kloster zum alten Berge, und in lateinischen: Monasterium sanctæ Mariæ de Berge.

Es bestanden bereits familiäre Bindungen zum Zisterzienserorden durch Adolfs Bruder Everhard von Berg (um 1100 - 1145/1152), der zwischen 1120 und 1124 in Marimord dem Orden beigetreten war. Adolfs zweiter Bruder Bruno II. von Berg (um 1100 - 1137) war seit 1131 Erzbischof von Köln.

Die Mönche wohnten ein Jahr lang in der Burg Berge und zogen dann in das Tal um. Der Grund war die Nähe zum Fluß Dhünn. Wasser war notwendig als Trink-, Spül- und Waschwasser, außerdem, um die Kornmühle anzutreiben und den Unrat wegzuschwemmen. Im Übrigen war es Sitte der Benediktiner, Klöster auf Bergen zu gründen, da dieser Orden zur unruhigen Zeit der Völkerwanderung gegründet wurde, also Schutz und Sicherheit vonnöten waren, während die Zisterzienser Täler bevorzugten, da sie im Grunde fromme Gärtner und zugleich Lehrende und Lernende waren.

Woher kommt die Bezeichnung Zisterzienser? 1098 wurde in Cîteaux (altfranzösisch cistels – Röhricht) ein Kloster gegründet. Der Ort liegt 25 km südlich von Dijon in der Region Burgund. Das Ziel war, die benediktinische Regel wörtlich zu befolgen. Als Bernhard von Clairvaux (1090-1153) im Jahr 1113 zusammen mit dreißig Freunden in den Orden eintrat, setzte eine Blüte ein, sodaß viele weitere Klöster gegründet wurden. Das Kloster Morimond, gegründet 1115 in Parnoy-en-Bassigny (40 km ostsüdöstlich von Chaumont, Département Haute-Marne) von Stephan Harding, dem dritten Abt von Cîteaux (um 1059 - 1134), sandte Abt Berno (1135-1151 urkundlich erwähnt) und zwölf Mönche nach Altenberg, welche dort am 25. August 1133 eintrafen und ein Kloster gründeten.

 

Der Altenberger Dom, Quelle: Wikipedia

 

Sie erbauten im Tal eine romanische Kirche, die um 1160 geweiht wurde. Im Jahr 1198 gab es im Kloster bereits 107 Mönche, drei Novizen und 338 Konversen (Laienbrüder). 1222 stürzte die Kirche bei einem Erdbeben ein.

Die Markuskapelle, Quelle: Wikipdedia

 

Zur Überbrückung wurde 1225 die Markuskapelle erbaut. Dies ist das älteste original erhaltene Gebäude Altenbergs.

Der Altarraum der Markuskapelle, Quelle: Wikipedia

Für das Jahr 1225 ist ein Ereignis zu verzeichnen, das die Zeitgenossen erschütterte. Beginnen wir mit einigen Angaben zur Person, um die es hier geht!

Engelbert II. von Berg wurde 1185/1186 auf der Burg Neuenberge geboren. 1199 wurde er zum Kölner Dompropst gewählt. Sein Gegenkandidat, Dietrich von Hengebach (um 1150 - 1224) stritt mit ihm vier Jahre lang bei der Kurie um die Rechtmäßigkeit der Wahl, bis die römische Behörde 1204 eine Neuwahl anordnete, bei welcher Dietrich verlor. Dompropst Engelbert gab seinem Onkel, Adolf von Altena (um 1157 - 1220), Güter des Kölner Domstiftes in die Hand. Dieser war als Adolf I. von 1193 bis 1205 Erzbischof von Köln, während er von 1212 bis 1216 dieses Amt nur provisorisch verwaltete.

Wer geduldig bis zu diesem Abschnitt gelesen hat, mag wohl ob der Fülle der Daten einen Seufzer gen Himmel gesandt haben. Diese Geschichte ist wahrlich kompliziert! Immerhin gehört sie zu den Verwicklungen, in welche die Grafen von Berg gerieten, und so soll jetzt gefragt werden, warum Adolf I. 1205 sein Amt verlor.

Er hatte 1198 den Welfen Otto von Braunschweig in Aachen zum deutschen König gekrönt. Dies gefiel Papst Innozenz III., da hiermit die Macht der Staufer in Italien geschwächt wurde. Das Auftreten Ottos führte allerdings zu einer Distanzierung. Adolf I. wandte sich nun dem Staufer Philipp von Schwaben zu, der ihn dafür reich belohnte. Adolf krönte Philipp 1205 zum König, obwohl sich der Papst die Entscheidung, wer als König regieren wird, selbst vorbehalten hatte.

Durch dieses Doppelkönigtum entstand ein Bürgerkrieg, der unter anderem auch dem Kölner Domkapitel Schaden zufügte.

Innozenz III. war über den Seitenwechsel Adolfs irritiert und bat ihn um eine Stellungnahme, die Adolf verweigerte, da er sein mühsam erkämpftes Recht der ausschlaggebenden Stimme bei der Königswahl nicht von einer päpstlichen Entscheidung abhängig machen wollte. Mit dieser Einstellung hatte Adolf seine eigene Bedeutung bei weitem überschätzt; er wurde vom Papst seines Amtes enthoben und gebannt.

Das waren aufregende Zeiten; es kommt aber noch ärger.

Papst Innozenz III. (1161-1216) setzte im Jahre 1206 auch Engelbert wegen seiner Unterstützung der prostaufischen Position Adolfs als Dompropst ab, bannte und exkommunizierte ihn. 1208 wurde er begnadigt.

1212 nahm Engelbert mit seinem Bruder Graf Adolf III. von Berg (1175-1218) für 60 Tage am Albigenserkreuzzug teil, der insgesamt von 1209 bis 1229 dauerte. Die Katharer (die Reinen) wirkten in der französischen Stadt Albi und wurden daher Albigenser genannt. Durch den Sieg über diese Glaubensgemeinschaft, welche ein asketisches, armes und klerikerfreies Christentum angestrebt hatte, wurde Okzitanien in den Herrschaftsbereich der französischen Könige eingegliedert.

Von 1212 bis 1216 hatte sein Onkel Adolf I. die provisorische Leitung des Erzbistums Köln inne. Sein Kontrahent, Dietrich von Hengebach, der mit Engelbert von 1199 bis 1204 vor der Kurie um das Amt des Dompropstes gestritten hatte und dann als Dietrich I. von 1208 bis 1212 Erzbischof von Köln war, verlor dieses Amt und wurde exkommuniziert, weil er sich geweigert hatte, die Exkommunikation des Kaisers Otto IV. zu verkünden, doch er stritt drei Jahre vor der Kurie um sein Recht, weiterhin Erzbischof von Köln sein zu können. 1215 ordnete die Kurie eine Neuwahl in Köln an, bei welcher das Votum auf den Neffen Adolfs fiel.

1216 wurde er als Engelbert I. Erzbischof von Köln, da er sich in der voraufgehenden Zeit sowohl gegen Welfen wie auch gegen Staufer neutral verhalten hatte. Nachdem Engelbert dem Kölner Domkapitel die Schäden ersetzt hatte, die ihm während des Bürgerkrieges entstanden waren, erhielt er von Papst Honorius III. (um 1148 - 1227) im Jahre 1218 das Pallium als Zeichen der Metropolitenwürde. (Das Pallium ist eine Art Stola, die über dem Meßgewand getragen wird und sechs schwarze Seidenkreuze aufweist.)

Als Adolf III. von Berg im Jahre 1218 auf einem Kreuzzug in Damiette (Ägypten) starb, beanspruchte Engelbert das Erbe der Grafschaft von Berg für sich, obwohl Irmgard von Berg (1204-1248/1249), die Frau des Herzogs Heinrich IV. von Limburg (1200-1246), erbberechtigt gewesen wäre. Engelbert setzte sich aber militärisch durch.

1222 krönte Engelbert Heinrich VII. (1211-1242) in Aachen zum König. Zu dieser Zeit war Engelbert als Leiter und Provisor des Deutschen Reiches (gubernator et provisor regni teutonici) sowie als Vormund Heinrichs die politisch einflußreichste Person des Heiligen Römischen Reiches. Er war Herzog von Niederlothringen, Herzog von Westfalen und Graf von Berg. Er war an der Ausprägung des kurfürstlichen Wahlkönigtums sowie der territorialen Landesherrschaft mit Markt-, Münz- und Befestigungsrecht maßgeblich beteiligt. Er verlieh 13mal das Stadtrecht und stärkte sein Herrschaftsgebiet zwischen Maas und Weser sowie im Herzogtum Westfalen. Mit den Burgen und Städten Attendorn, Bochum, Brilon, Geseke, Helmarshausen, Herford, Medebach, Obermarsberg, Padberg, Rütten, Siegen, Volkmarsen, Werl, Wiedenbrück und Wipperfürth verfügte er über Herrschaftsinseln, die in der Zukunft zu einem geschlossenen Herrschaftsgebiet zusammenwachsen sollten. Engelbert legte damit die Grundlage für das Kölnische Territorium, indem er personenbezogene in flächenbezogene, pluriforme und diffuse in uniforme und geschlossene Organisationsstrukturen wandelte. Dafür folgt ein Beispiel: 1223 übertrug Engelbert die mächtige Vogtei Siegburg von der Grafschaft Berg auf die Erzdiözese Köln. Er war außerdem Vogt von Deutz, Cappenberg und Werden.

Sowohl der Erzbischof von Köln als auch Friedrich von Isenberg (1193-1226) versuchten, ihr Territorium ins Münsterland hinein auszudehnen.

Friedrichs Herrschaft beruhte hauptsächlich auf Kirchenvogteien. Er war Vogt bedeutender Klöster und Stifte, wie die Kleine und Große Vogteirolle belegen. Engelbert betrieb eine Entvogtungspolitik, welche Friedrichs Einkommen schmälerte.

Engelbert hatte sich im Laufe der Zeit mächtige Feinde geschaffen: Er hatte den Herzog von Limburg (heute Provinz Lüttich) in seinem Recht auf die Grafschaft Berg übergangen, den Bischof von Münster durch sein territoriales Vordringen bedroht, die Domherren von Paderborn durch seine Einmischung in eine Bischofswahl und durch seine Einkreisungspolitik vor den Kopf gestoßen, den Aufstand der Ministerialen von Utrecht gegen ihren Bischof unterstützt und versucht, Friedrich von Isenberg zu schwächen. Außerdem zählten zu Engelberts Gegnern die Herren von Arnsberg, Kleve, Schwalenberg (Oldenburg bei Marienmünster) und Tecklenburg sowie der Grafschaft Lippe. Die erwähnten Adligen waren nicht länger bereit, dies hinzunehmen, und fanden sich zu einer Fronde (Adelsverschwörung) zusammen. Dies ist die Ursache für das folgende Ereignis.

Adelheid, die etwa von 1216 bis 1227 Äbtissin und von 1228 bis 1237 Fürstäbtissin des Stiftes Essen war, hatte sich wiederholt bei Engelbert beklagt, daß ihr Vogt, Friedrich von Isenberg, die Abtei und ihre Besitzungen nicht schütze, wie es seine Aufgabe gewesen wäre, sondern sie rücksichtslos finanziell auspresse.

Am 6. November 1225 traf sich Engelbert mit Friedrich von Isenberg zu einer Verhandlung in Soest, bei der Engelbert durchzusetzen versuchte, daß Friedrich die Vogtei Essen dem Erzbistum Köln überlasse. Als Gegenleistung solle Friedrich eine Pension erhalten, doch er lehnte dies ab, sodaß die Verhandlung ergebnislos abgebrochen wurde. Dies ist der Anlaß für das, was jetzt folgt.

Engelbert machte sich auf den Weg, um in Schwelm eine neu erbaute Kirche zu weihen. Am 7. November 1225 wurde er in einem Hohlweg in der Nähe des heutigen Gevelsberg von Dienstleuten des Grafen Friedrich von Isenberg erschlagen. Friedrich hatte möglicherweise Engelbert nur gefangen nehmen wollen, um ein Lösegeld zu erpressen, was zu dieser Zeit häufig geschah. Da sich der 1,80 m große Bischof aber heftig wehrte, gelang dies nicht.

Sein geflohenes Gefolge kehrte an den Ort seiner Ermordung zurück und versuchte, seinen Leichnam in Schwelm aufzubahren, doch der dortige Pfarrer ließ dies nicht zu, damit die neu erbaute, noch ungeweihte Kirche nicht durch einen Ermordeten für kultische Zwecke untauglich werde. Außerdem fürchtete er die Rache Friedrichs von Isenberg.

Selbst die Tore seines Geburtsortes Neuenberge schlossen sich; denn Engelbert hatte die Herzöge von Limburg düpiert, indem er ihnen die Herrschaft über die Grafschaft Berg verweigerte. Außerdem fürchtete die Burgbesatzung den Nachfolger auf dem erzbischöflichen Stuhle, Heinrich von Müllenark (um 1190 - 1238), der ein erbitterter Gegner Engelberts war.

Schließlich erklärten sich Mönche des Zisterzienserklosters Altenberg bereit, den Leichnam zu waschen und für die Bestattung vorzubereiten. In der Scheitelkapelle (der mittleren Kapelle des Kapellenkranzes um den Altarraum, am Scheitel der Apsis) des Altenberger Doms ist das Herz Engelberts in einem rechteckigen Reliquiar hinter der Mitte des Altares, das in seiner heutigen Gestalt von Ernst Riegel im Jahre 1939 gefertigt wurde, während seine Gebeine in den Turm des alten Domes von Köln verbracht wurden; heute ruhen sie in einem barocken Schrein im Domschatz.

Friedrich von Isenberg wurde für den Tod seines Onkels zweiten Grades verantwortlich gemacht. Der neue Erzbischof von Köln, Heinrich I. von Müllenark, der das Erzbistum von 1225 bis 1238 regierte, und Graf Adolf I. von der Mark (vor 1182 - 1249) belagerten im Winter 1225/1226 die Isenburg (beim heutigen Hattingen) und zerstörten sie.

Am 13. November 1226 wurden Friedrich am Severinstor zu Köln Arme und Beine gebrochen, dann wurde er auf ein Rad geflochten, das auf einer Steinsäule befestigt wurde, sodaß das qualvolle Sterben des Delinquenten allen gut sichtbar war. Er starb am folgenden Tage. Sein Leichnam wurde den Vögeln zum Fraß überlassen.

Und wenn das Rad der Bürger sieht,
Dann läßt er rasch sein Rößlein traben,
Doch eine bleiche Frau die kniet,
Und scheucht mit ihrem Tuch die Raben:
Um sie mied er die Schlinge nicht,
Er war ihr Held, er war ihr Licht –
Und ach, der Vater ihrer Knaben!

(Annette von Droste Hülshoff, Der Tod des Erzbischofs Engelbert von Cöln, in: Das malerische und romantische Westphalen, herausgegeben von Ferdinand Freiligrath und Levin Schücking, Barmen und Leipzig 1841, 226-230, hier 230.)

 

In der Folgezeit erlangten die Gegner Engelberts eine gewisse Selbständigkeit. Sie erhielten das Recht zum Burgenbau und zur Stadterhebung, blieben aber dem Erzbistum Köln gegenüber loyal.

Dies kann man nicht von einem weit gefährlicheren Gegner des Erzbistums Köln sagen, dies war der Graf von der Mark. Seine Machtposition war nach 1225 deutlich gestärkt.

 

Der jetzige Altenberger Dom wurde 1259-1379 erbaut. Auffällig sind die Strebepfeiler, welche ein erneutes Einstürzen verhindert haben, da sie die Scherkräfte der Strebebögen aufnehmen.

Der Dom besteht aus Drachenfelser Trachyt, der schwieriger hierhin zu transportieren war als zum Kölner Dombau, der elf Jahre zuvor, nämlich im Jahre 1248, begonnen worden war. Der Altenberger Dom ist eine der größten Kostbarkeiten gotischer Baukunst in Deutschland.

 Im 13. Jahrhundert hatten die Priestermönche einen eigenen Kreuzgang, der im Osten lag. Der kleinere und ältere Kreuzgang im Westen diente den Konversen.

Infolge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 wurde der Dom säkularisiert und das Inventar verkauft. Im Kloster wurde eine Chemiefabrik für Berliner Blau eingerichtet. Nach einer Explosion in der Nacht vom 6. auf den 7. November 1815 im Bereich des Kapitelsaales brach ein Feuer aus, das die Klostergebäude zerstörte und auf das Dach des Domes übergriff. In der Folgezeit stürzten Teile des Mauerwerkes ein. Die Gebäude dienten danach als Steinbruch.

1835-1846 wurde der Dom restauriert und 1895 vollständig wiederhergestellt.

Aufgrund einer Kabinettsorder des Königs Friedrich Wilhelm IV. ( 1795-1861) dient der Dom seit 1857 zugleich der evangelischen wie auch der katholischen Gemeinde Altenbergs.

Es handelt sich um eine dreischiffige Basilika mit Querschiff. Ein Dachreiter ersetzt den Kirchturm. Einfache Säulen tragen die Obergaden. Auf jeden überflüssigen Schmuck wurde verzichtet: Nichts soll vom Gebet ablenken. Erst in den folgenden Jahrhunderten vermehrten sich die Kunstwerke sowie die Grabstätten Adliger.

Altenberger Dom, Westfenster, Gesamtansicht; Quelle: Wikipedia

 

Vor 1397 entstand das größte in Deutschland erhaltene mittelalterliche Kirchenfenster (8 x 18 m). Es befindet sich an der Eingangsseite im Westen und stellt das Himmlische Jerusalem dar: „Er zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam, erfüllt von der Herrlichkeit Gottes“ (Offb 21, 10f).

Oben ist Christus dargestellt, umgeben von vier Engeln. Darunter Maria, der ein Schwert in der Brust steckt (Lk 2, 35: „Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen“) und ein nachsinnender, betroffener Johannes der Evangelist, dann die großen lateinischen Kirchenlehrer Gregor der Große, Hieronymus, Augustinus und Ambrosius, darunter musizierende Engel. Es folgen eine Reihe Heiliger: Katharina von Alexandrien mit dem Attribut des Rades, Gereon, Johannes der Täufer, Elisabeth mit Stifterin, Heilige Familie, Maria mit Stifter, Stephanus und Barbara. In der unteren Reihe sind dargestellt: Alban, Bernhard von Clairvaux, Andreas, Johannes der Evangelist, Benedikt, Petrus, Paulus und Norbert von Xanten.

 

Elisabeth von Thüringen, Rosenwunder, musizierende Engel, Stifterin Anna von der Pfalz / Anna von Berg (1346-1415); Quelle: Wikipedia

 

Das Lettnergitter von 1644 trennte ursprünglich den Mönchschor ab; heute steht es im Eingangsbereich des Domes. Links ist Moses, rechts Bernhard von Clairvaux, Mitte des 17. Jahrhunderts.

Im südlichen Seitenschiff Maria Immaculata und Märtyrerinnen vom barocken Hochaltar, 1655. Nördlich der Kanzelkorb von 1602 aus der Michaeliskapelle Oberwesel.

In der Dreikönigenkapelle ist die Darstellung der Anbetung der Drei Könige zu sehen, die um 1570 entstanden war. Außen an der Kapelle befinden sich Glasmalereien aus dem zerstörten Kreuzgang des Klosters, um 1510 - 1530, mit Szenen aus dem Leben des heiligen Bernhard von Clairvaux: die Krankenheilung in Lüttich und die Darstellung seines Todes. Ursprünglich waren es 115 Scheiben in 11 Fenstern. An der Säule befindet sich ein Christophorus vom Ende des 16. Jahrhunderts.

In der Taufkapelle über dem Altar ist die Verkündigung an Maria, Ende des 14. Jahrhunderts, ursprünglich am Westportal.

Im Herzogenchor ist die Grablege von Graf Adolf II. († 1160/1170), dem Stifter des Klosters Altenberg.

Im Chorumgang ist ein Tafelbild mit der Kreuzigung Christi, um 1570. Die Grablege des Kölner Erzbischofs Friedrich II. († 1163). Im Chor sind Grisaillefenster.

 

Strahlenkranzmadonna um 1530, Quelle: Wikipedia

 

Über den Stufen hängt die Altenberger Madonna im Strahlenkranz als Doppelfigur, um 1530. Sie bekrönte früher einen Marienleuchter.

 

Chorgestühl, Quelle: Wikipedia

 

Im Chor gab es ursprünglich hundert Sitze. Das Chorgestühl war reich mit Figuren und Blattwerk versehen. Die wenigen Originalfragmente, die nach der Säkularisation erhalten sind, befinden sich im Kunstgewerbemuseum Berlin. Bei dem heutigen Chorgestühl handelt es sich um eine Nachbildung.

Nur die Kapitelle im Chor sind mit Blattwerk verziert.

Im Hohen Chor ist das Sakramentshaus von Walter Schlebusch aus dem Jahre 1490 aus Flötenstein (Phonolit-Lava aus der Eifel). In der Höhe der Gittertürchen finden sich kleine Apostelfiguren. Eine Kreuzblume bekrönt das Sakramentshaus; auf ihr ist die Skulptur eines Pelikans, der sich die Brust aufreißt, um seine Jungen zu nähren. Dies ist ein Symbol für den Erlöser, der sein Leben hingab, um uns zur Auferstehung zu führen. In Wirklichkeit holen sich die Jungen ihr Futter tief aus dem Kehlsack der Eltern, was den Eindruck hervorruft, sie würden sich von deren Fleisch ernähren.

Über dem Hochaltar hängt das Triumphkreuz aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts; das Leiden des Gekreuzigten ist nur verhalten dargestellt, während der Sieg über den Tod überwiegt.

Rechts steht der Osterleuchter aus dem 13. Jahrhundert.

Die Orgel der Firma Klais wurde 1980 erbaut, 2005 renoviert und erweitert. Sie verfügt über 85 Register, die sich auf Rückpositiv, Hauptwerk, Schwellwerk, Brustwerk, Trompeteria und Pedal verteilen.

 

Spieltisch und Orgel, Quelle: Wikipedia

Hier war ursprünglich der Zugang zum östlichen Kreuzgangsflügel mit Kapitelsaal, Refektorium und Dormitorium. Seit 2012 wurden Ausgrabungen durchgeführt.

 

Altenberger Dom und Haus Altenberg 1925

 

1863 errichtete das Erzbistum Köln ein Pfarrhaus, die Erzbischöfliche Villa. 1922 pachtete der Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes, Carl Mosterts (1874-1926), das Gelände und die Aufbauten um den Dom. Er wollte ein Erholungs- und Ferienheim für ehemalige Soldaten des Ersten Weltkrieges gründen, doch es brach in dem Konversenflügel neben dem Haupteingang des Domes ein Brand aus. Eine Werkschar Ehrenamtlicher ging an den Wiederaufbau, der sich an die früheren Abteigebäude anlehnte. In den fertiggestellten Räumen trafen sich Jugendgruppen zur Erholung und Fortbildung. So entstand Haus Altenberg, das 1933 fertiggestellt wurde.

Carl Mosterts starb am 25. August 1926. Seit dem 9. November 1926 leitete Ludwig Wolker (1887-1955) dieses Haus. Es ging ihm um eine Verknüpfung von Jugendseelsorge und Ausbildung zur Gruppenleitung. Seit 1935 wurde nur noch eine rein religiöse Betätigung geduldet. Nun entwickelte sich Altenberg noch stärker zum Wallfahrtsort. Lichterprozessionen und Feierstunden prägten diese Zeit. 1935 dichtete Georg Thurmair (1909-1984) das Altenberger Lied, das von Adolf Lohmann (1907-1983) vertont wurde: „Nun, Brüder, sind wir frohgemut“. Zwölfmal durchsuchte die Geheime Staatspolizei das Haus und 1942 wurde es beschlagnahmt.

1946 gründete Ludwig Wolker den Verlag Haus Altenberg, 1947 den Bund der deutschen katholischen Jugend und 1948 das Altenberger Singewerk. Der Christophorusverlag veröffentlichte in diesem Jahr das Altenberger Singebuch, getreu nach dem Motto: Eine singende Bewegung ist eine siegende Bewegung.

Winfried Pilz, der von 1972 bis 1990 Haus Altenberg leitete, schuf Pfingsten 1975 auf der Textgrundlage des Sonnengesanges Franziskusʼ von Assisi und mit einer italienischen Melodie das Lied Laudato si (Gelobt sei), das in den folgenden Jahrzehnten viel gesungen wurde. Als im Jahre 2022 Mißbrauchsvorwürfe gegen Pilz bekannt wurden, erhob sich die Forderung, dieses Lied nicht mehr zu singen.

Das Altenberger Licht ist eine Lichtstafette des Friedens, die seit 1950 jährlich am 1. Mai im Altenberger Dom beginnt. Anlass war der Wunsch nach Versöhnung.

Was macht Altenberg so anziehend? Es handelt sich um einen kleinen Ort, der abgeschieden liegt. Die hügelige Landschaft hat ihren Reiz. Es ist möglich, die zahlreichen Kunstwerke im Dom in aller Stille zu betrachten und in sich aufzunehmen. Hier kommt die Seele zur Ruhe.

 

Unternimm es und schenke dich dir selbst, ich will nicht sagen, immer oder häufig, aber doch wenigstens ab und zu. Wenn viele Menschen etwas von dir mitnehmen, so sollst du auch zwischendurch etwas von dir selbst haben. Widme dich nicht ständig deinen zahlreichen Aufgaben, lasse dich von deinen Sorgen nicht auffressen, sondern besinne dich auf dich selbst. (Bernhard von Clairvaux, Über die Selbstbesinnung an Papst Eugen [III.; um 1080 - 1153], S. Bernardi opera, herausgegeben von Jacques Leclercq, Band 3, Rom 1963, Buch I, Kapitel 5).

 

Bibliographie

Quellen

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o  Die große Vogteirolle des Grafen Friedrich von Isenberg-Altena um 1220. Stift Essen, herausgegeben von Moritz Graf zu Bentheim Tecklenburg Rheda, Veröffentlichung aus dem Fürstlichen Archiv zu Rheda, Rheda 1955. (Moritz Casimir zu Bentheim-Tecklenburg lebte von 1923 bis 2014.)

o  Die kleine, ältereVogteirolle der Grafen Isenberg-Altena, vor 1220. Einführung und Beschreibung, Abschrift der Pergamentrolle, Ortsregister, Tabellen, herausgegeben von Moritz Graf zu Bentheim Tecklenburg Rheda, Veröffentlichung aus dem Fürstlichen Archiv zu Rheda, Rheda 1957.

o   Mosler, Hans (1879-1970), Urkundenbuch der Abtei Altenberg, Urkundenbücher der geistlichen Stifte des Niederrheins, Bände 3, 1f, 1. Band (1138-1400), Bonn 1912, 2. Band (1400-1803), Düsseldorf 1955.

 

Literatur

o   Altenberger Singebuch, herausgegeben von Adolf Lohmann (1907-1983), Johannes Theissing (1912-1947) und Hans Kulla (1910-1956), Altenberger Singewerk, Band 1, Freiburg im Breisgau 1948.

o   Binding, G., Anmerkungen zur Frühzeit des Zisterzienserklosters Altenberg, Jahresgabe des Altenberger Dom-Vereins, Bergisch Gladbach 2012.

o   Binding, G., L. Hagendorf u. N. Nußbaum, Das ehemalige Zisterzienserkloster Altenberg, Veröffentlichungen der Abteilung Architektur des Kunsthistorischen Instituts der Universität Köln 9, Köln 1975.

o   Finger, Heinz, Der gewaltsame Tod des Kölner Erzbischofs Engelbert und die Vorgeschichte, in: Ritter, Burgen und Intrigen. AufRuhr 1225! Das Mittelalter an Rhein und Ruhr, herausgegeben vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Mainz 2010, 21-33.

o   Heinrichs, Joseph, Geschichte des bergischen Landes, seiner Burgen, Rittersitze, Abteien und geschichtlich merkwürdigen Orte. Mit Hinweisen auf die brandenburgisch-preußische Geschichte und auf mancherlei Gleichzeitiges für Schule und Haus erzählt, Köln 1890; Wuppertal 1984.

o   Hoffmann, G., Altenberg. Vom Zisterzienserkloster zur Jugendbildungsstätte, in: Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 42 (2011), 40-71.

o   Hoffmann, G., N. Nußbaum u. S. Lepsky, Neue Forschungen zur romanischen Klosteranlage in Altenberg, in: 1259. Altenberg und die Baukultur im 13. Jahrhundert, herausgegeben von N. Nußbaum u. S. Lepsky, Regensburg 2010.

o   Janke, Petra, Dat werde leven hiltom [Das werte, liebe Heiltum/Heiligtum]. Zur Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien am Altenberger Dom, Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, Band 29, Berlin 2009.

o   Janssen, Wilhelm, Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter 1191-1515, Geschichte des Erzbistums Köln, 2. Band, Köln 1995.

o   Junggeburth, T., „So gehen wir in seinem Licht…“. Haus Altenberg. Wo junge Menschen Zukunft bilden, Bergisch Gladbach 2016.

o   Kaltenbach, Wilhelm, Der Lebensweg der letzten Altenberger Mönche. Die Auflösung der Cistercienser-Abtei anno 1803, in: Altenberger Blätter, Heft 93, Odenthal-Altenberg 2023, 57-61..

o   Lepsky, S., u. N. Nußbaum, Gotische Konstruktion und Baupraxis an der Zisterzienserkirche Altenberg. 1. Die Choranlage, Veröffentlichungen des Altenberger Dom-Vereins 9, Bergisch Gladbach 2005.

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o   Martin, Julia, Beispiel „Laudato si“. Wie viel Ehre Missbrauchstätern noch schenken? (15. Mai 2023), in: https://www.katholisch.de/artikel/45048-beispiel-laudato-si-wie-viel-ehre-missbrauchstaetern-noch-schenken (abgerufen am 11. Februar 2024).

o   Mosler, Hans, Die Cistersienserabtei Altenberg, Das Erzbistum Köln, Band 1, Germania Sacra, Neue Folge, Band 2, Berlin und New York 1965; Berlin und New York 2013.

o   Orthen, Norbert, Die Darstellung der Verkündigung des Herrn im Dom zu Altenberg, in: Altenberger Blätter, Heft 92, Odenthal-Altenberg 2023, 33-41.

o   Peters, Wilhelm, Abglanz der Herrlichkeit. Zisterziensertexte und Glasmalereien aus dem Westfenster des Altenberger Domes, Einführung sowie Auswahl der Bilder und Texte von Falko Bornschein, Berlin 2000.

o   Riquier, C., Der Kapitelsaal der Zisterzienserabtei Altenberg, Veröffentlichungen des Altenberger Dom-Vereins 8, Bergisch Gladbach 2003.

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o   Stirnberg, Reinhold, Auf den Spuren der Grafen von Berg, Landschaft und Geschichte e. V., Odenthal 2017.

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© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2024

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