Der
Altenberger Dom
Heinrich
Michael Knechten
Der Altenberger Dom ist eine der größten Kostbarkeiten
gotischer Baukunst in Deutschland. 1133 wurde die Burg Berge durch Graf Adolf
II. an die burgundischen Zisterzienser verschenkt. Es bestanden bereits familiäre
Bindungen zum Zisterzienserorden durch Adolfs Bruder Everhard, der zwischen
1120 und 1124 in Marimord dem Orden beigetreten war. Adolfs zweiter Bruder
Bruno war seit 1131 Erzbischof von Köln. Die Mönche wohnten ein Jahr lang in
der Burg und zogen dann in das Tal um.
Wer sind die Zisterzienser? 1098 wurde in Cîteaux
(altfranzösisch cistels – Röhricht)
ein Kloster gegründet. Der Ort liegt 25 km südlich von Dijon in der Region
Burgund. Das Ziel war, die benediktinische Regel wörtlich zu befolgen. Als
Bernhard von Clairvaux (1090-1153) im Jahr 1113 zusammen mit dreißig Freunden
in den Orden eintrat, setzte eine Blüte ein, sodass viele weitere Klöster
gegründet wurden. Das Kloster Morimond, gegründet 1115 in Parnoy-en-Bassigny
(40 km ostsüdöstlich von Chaumont, Département Haute-Marne) von Stephan
Harding, dem dritten Abt von Cîteaux (um 1059 - 1134), sandte Mönche nach
Altenberg, welche dort ein Kloster gründeten.
Sie erbauten eine romanische Kirche, die um 1160
geweiht wurde. Im Jahr 1198 gab es im Kloster bereits 107 Mönche, drei Novizen
und 338 Konversen (Laienbrüder). 1222 stürzte die Kirche bei einem Erdbeben
ein. Der jetzige Dom wurde 1259-1379 erbaut. Im 13. Jahrhundert hatten die
Priestermönche einen eigenen Kreuzgang, der im Osten lag. Der kleinere und ältere
Kreuzgang im Westen diente den Konversen.
Infolge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 wurde
der Dom säkularisiert. Im Kloster wurde eine Fabrik eingerichtet. Später
brannte sie ab und die Gebäude dienten als Steinbruch.
1835-1846 wurde der Dom restauriert und 1895
vollständig wiederhergestellt.
Es handelt sich um eine dreischiffige Basilika mit
Querschiff. Ein Dachreiter ersetzt den Kirchturm. Einfache Säulen tragen die
Obergaden.
Vor 1397 entstand das größte in Deutschland erhaltene
mittelalterliche Kirchenfenster (8 x 18 m). Es befindet sich an der
Eingangsseite im Westen und stellt das Himmlische
Jerusalem dar: „Er zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott
her aus dem Himmel herabkam, erfüllt von der Herrlichkeit Gottes“ (Offb 21,10f).
Oben ist Christus dargestellt, umgeben von vier
Engeln. Darunter Maria, der ein Schwert in der Brust steckt (Lk 2,35: „Dir
selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen“) und ein nachsinnender,
betroffener Johannes der Evangelist, dann die großen lateinischen Kirchenlehrer
Gregor der Große, Hieronymus, Augustinus und Ambrosius, darunter musizierende
Engel. Es folgen eine Reihe Heiliger: Katharina, Gereon, Johannes der Täufer,
Elisabeth mit Stifterin, Heilige Familie, Maria mit Stifter, Stephanus und
Barbara. In der unteren Reihe sind dargestellt: Alban, Bernhard von Clairvaux,
Andreas, Johannes der Evangelist, Benedikt, Petrus, Paulus und Norbert von
Xanten.
Das Lettnergitter von 1644 trennte ursprünglich den
Mönchschor ab; heute steht es im Eingangsbereich des Domes. Links ist Moses,
rechts Bernhard von Clairvaux, Mitte des 17. Jahrhunderts.
Im südlichen Seitenschiff Maria Immaculata und
Märtyrerinnen vom barocken Hochaltar, 1655. Nördlich der Kanzelkorb von 1602
aus der Michaeliskapelle Oberwesel.
In der Dreikönigenkapelle Anbetung der Drei Könige, um
1570. Außen an der Kapelle aus dem zerstörten Kreuzgang des Klosters
Glasmalereien, um 1510-1530, mit Szenen aus dem Leben des heiligen Bernhard von
Clairvaux: Krankenheilung in Lüttich uind sein Tod. Ursprünglich waren es 115
Scheiben in 11 Fenstern. An der Säule Christophorus, Ende des 16. Jahrhunderts.
In der Taufkapelle über dem Altar Verkündigung an
Maria, Ende des 14. Jahrhunderts, ursprünglich am Westportal.
Im Herzogenchor Grablege von Graf Adolf II. (†
1160/1170), Stifter des Klosters Altenberg.
Im Chorumgang Tafelbild mit der Kreuzigung Christi, um
1570. Grablege des Kölner Erzbischofs Friedrich II. († 1163). Auf dem Altar in
der Mitte der Ostwand Reliquiar Engelberts, Erzbischofs von Köln († 1225)
von Ernst Riegel, 1939. Im Chor sind Grisaillefenster.
Über den Stufen die Altenberger Madonna im
Strahlenkranz als Doppelfigur, um 1530. (Sie brekrönte einen Marienleuchter.)
Nur die Kapitelle im Chor sind mit Blattwerk verziert.
Im Hohen Chor Sakramentshaus von Walter Schlebusch, 1490. Über dem Hochaltar
Triumphkreuz, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Rechts Osterleuchter, 13.
Jahrhundert.
Seit 1857 Simultankirche. Orgel der Firma Klais 1980
erbaut, 2005 renoviert und erweitert: 85 Register. Rückpositiv, Hauptwerk,
Schwellwerk, Brustwerk, Trompeteria und Pedal. Hier war ursprünglich der Zugang
zum östlichen Kreuzgangsflügel mit Kapitelsaal, Refektorium und Dormitorium.
Seit 2012 wurden Ausgrabungen durchgeführt.
Seit 1822 gibt es das Haus Altenberg, eine
Bildungsstätte für die Jugend.
Das Altenberger Licht ist eine Lichtstafette des
Friedens, die seit 1950 jährlich am 1. Mai im Altenberger Dom beginnt. Anlass
war der Wunsch nach Versöhnung.
Zur weiteren Information
§ Binding,
G., Anmerkungen zur Frühzeit des Zisterzienserklosters Altenberg, Jahresgabe
des Altenberger Dom-Vereins, Bergisch Gladbach 2012.
§ Binding,
G., L.Hagendorf u. N.Nußbaum, Das ehemalige Zisterzienserkloster Altenberg,
Veröffentlichungen der Abteilung Architektur des Kunsthistorischen Instituts
der Universität Köln 9, Köln 1975.
§ Hoffmann,
G., Altenberg. Vom Zisterzienserkloster zur Jugendbildungsstätte, in: Jahrbuch
der Rheinischen Denkmalpflege 42 (2011), 40-71.
§ Hoffmann,
G., N.Nußbaum u. S.Lepsky, Neue Forschungen zur romanischen Klosteranlage in Altenberg,
in: 1259. Altenberg und die Baukultur im 13. Jahrhundert, Regensburg 2010.
§ Junggeburth,
T., „So gehen wir in seinem Licht…“. Haus Altenberg. Wo junge Menschen Zukunft
bilden, Bergisch Gladbach 2016.
§ Lepsky,
S., u. N.Nußbaum, Gotische Konstruktion und Baupraxis an der
Zisterzienserkirche Altenberg. 1. Die Choranlage, Veröffentlichungen des
Altenberger Dom-Vereins 9, Bergisch Gladbach 2005.
§ Lepsky,
S., u. N.Nußbaum, Gotische Konstruktion und Baupraxis an der
Zisterzienserkirche Altenberg. 2. Quer- und Langhaus, Veröffentlichungen des
Altenberger Dom-Vereins 11, Bergisch Gladbach 2012.
§ Mosler,
H., Das Erzbistum Köln. 1. Die Cistersienserabtei Altenberg, Germania Sacra
Neue Folge 2: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln, Berlin 1965.
§ Mosler,
H., Urkundenbuch der Abtei Altenberg, Bd. 1: 1138-1400, Bonn 1912.
§ Riquier,
C., Der Kapitelsaal der Zisterzienserabtei Altenberg, Veröffentlichungen des
Altenberger Dom-Vereins 8, Bergisch Gladbach 2003.
§ Schäfer,
H.A., Bericht über die in den Jahren 1908-1910 ausgeführten
Wiederherstellungsarbeiten am Altenberger Dom, in: Altenberger Dom-Verein,
Jahresbericht für die Jahre 1908-1910, Düsseldorf 1911, 10-41.
§ Uelsberg,
G., L.Altringer, G.Mölich, N.Nußbaum u. H.Wolter-von dem Knesebeck, Die
Zisterzienser. Das Europa der Klöster, Bonn 2017 (146-153: S.Lepsky, Klausur
Altenberg).
§ Untermann,
M., H.Becker, M.Groten u. G.Nobis, Die Grabungen auf der Burg Berge (Mons) –
Altenberg, Gemeinde Odenthal, Rheinisch-Bergischer Kreis, Beiträge zur
Archäologie des Mittelalters III, Köln 1984.
Die Exkursion wurde am 14.10.2017 durchgeführt. Dank
an Alfons Garvert für die Organisation.