Die Motte an der Horneburger Straße
Heinrich Michael Knechten
Eine Motte ist ein
Kleinschmetterling. Doch darum soll es hier nicht gehen. Das Homonym Motte kann
einen mittelalterlichen Wehrbau bedeuten, der aus einem Wohnturm auf einem
künstlich angeschütteten, wasserumgebenen Erdhügel besteht. Es ist also eine
Turmhügelburg. Sie liegt meist in einer feuchten Niederung. Hier handelt es
sich um den Vorläufer der Wasserburg. Manche Motten wurden später zu
Wasserburgen umgebaut. (1)
Das Wort kommt aus dem
altfranzösischen mote – aufgeworfene Anhöhe mit Burg/Schloss. Es leitet sich
her aus dem irischen móta – Erdhügel. (2)
Der Bautyp Motte stellt einen im 10. Jahrhundert
aufgekommenen Burgentyp dar, der für die Befestigung des Eigensitzes mit
einfachen Mitteln in einer steinarmen, überwiegend flachen Landschaft gut
geeignet ist und eine schnelle Verbreitung findet.
Eine Motte über zehn Meter
Höhe ist eine Großmotte. Wenn die Höhe der Hügelaufschüttung weniger als 2,50
Meter beträgt, ist der Verteidigungswert fraglich. Im eigentlichen Sinn kann
hier nicht mehr vom Typ Motte
gesprochen werden. (3)
Es gibt Doppelmotten, die
über zwei Turmhügel verfügen, und sogar Drei-Hügel-Motten: Der erste Hügel
trägt den Wohnturm, der zweite ein Fachwerkhaus mit Keller und der dritte die
Vorburg, den Hof mit Haupt- und Nebengebäuden, die auch Werkstätten
beherbergen.
Im 13. Jahrhundert wird der
Backstein eingeführt, der den Stein beim Bau ersetzen kann. Nun werden die
meisten Burgen aus diesem Material geschaffen und das Zeitalter der Motte geht
langsam zu Ende. (4)
In Herne wurde anlässlich
einer Ausstellung eine Motte rekonstruiert. (5)
Im Jahre 1982 maß der Kreis
Recklinghausen eine Motte im Bereich der Horneburger Straße auf Recklinghäuser
Stadtgebiet ein. Diese Erdburganlage wies Vorburg und Hauptburg auf. Im
Nordosten war die Erdburg mit einer Doppellandwehr gesichert. Der Bereich hatte
die Bezeichnung „Hof zum Berge“; denn hier stand buchstäblich ein Hof auf einem
Berg. Eine Urkunde aus dem Jahr 1558 belegt, dass in diesem Bereich ein Anwesen
mit dem Namen Lutenburg verkauft
wurde. Möglicherweise war die Lutenburg der Vorläufer der Horneburg. (6)
Anmerkungen
(1) Vgl. Motte, in: Goldmann, Lexikon, Bd. 15, München
1998, 6792.
(2) Vgl. Friedrich Diez, Etymologisches Wörterbuch der
romanischen Sprachen, Bonn 51887, 218; Thomas Feito Caldas u.
Clemens Schleicher, Wörterbuch Irisch-deutsch, Hamburg 1999, 243.
(3) Vgl. Reinhard Friedrich, Die Entwicklung der Burgen am
Niederrhein, in: Ritter, Burgen und Intrigen. Aufruhr 1225! Das Mittelalter an
Rhein und Ruhr, hg. v. Landschaftsverband Westfalen-Lippe – Museum für
Archäologie – Westfälisches Landesmuseum Herne, Mainz 2010, 253.
(4) Vgl. Reinhard Friedrich, Die Entwicklung der Burgen am
Niederrhein, in: Ritter, Burgen und Intrigen, hg. v. Landschaftsverband
Westfalen-Lippe, Mainz 2010, 258f.
(5) Vgl. Michael Scheffold, Die Rekonstruktion einer
idealtypischen Motte der Zeit um 1225, in: Ritter, Burgen und Intrigen, hg. v.
Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Mainz 2010, 263-270.
(6) Vgl. Klaus Philipp, Die Vorläufer der Horneburg, in: Horneburg
– Geschichte und Geschichten. Beiträge zur Orts- und Heimatkunde, hg. zum
600jährigen Jubiläum des Schlosses Horneburg vom Festausschuß des
Bürgerschützenvereins Horneburg in Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen,
Datteln-Horneburg 1983, 25-29, hier 29.
Weiterführende Literatur
o
Binding, Günther,
Zwei Motten am Niederrhein: Ickt und Luttelnau, in: Zeitschrift für Archäologie
des Mittelalters 7 (1979), 85-106.
o
Brandt, Karl,
Auffindung der verschollenen Erdburg Oer, in:
Vestisches Jahrbuch 1964/1965, 7ff.
o
Friedrich,
Reinhard, Vorburgen rheinischer Motten und Wasserburgen, Château Gaillard 21
(2004), 99-111.
o
Friedrich,
Reinhard, Zum Forschungsstand der mittelalterlichen Motten am Niederrhein, in:
Motte – Turmhügelberg – Hausberg. Zum europäischen Forschungsstand eines
mittelalterlichen Burgentypus, hg. v. Sabine Felgenhauer-Schmiedt, Peter
Csendes u. Alexandrine Eibner, Beiträge zur Mittelalterarchäologie in
Österreich 23, Wien 2007, 85-98.
o
Friedrich,
Reinhard, Zum Forschungsstand und Verbreitungsbild der Motten im nördlichen
Rheinland (Kölner Bucht und Niederrhein), in: Interdisziplinäre Beiträge zur
Siedlungsarchäologie. Gedenkschrift für Walter Janssen, hg. v. Peter Ettel,
Reinhard Friedrich u. Wolfram Schier, Internationale Archäologie. Studia
honoraria 17, Rahden 2002, 101-118.
o
Hinz, Hermann,
Motte und Baillie, in: Lexikon des Mittelalters 6 (1999), 873f.
o
Hinz, Hermann,
Motte und Donjon. Zur Frühgeschichte der mittelalterlichen Adelsburg,
Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters, Beiheft 1, Köln u. Bonn 1981.
o
Müller-Wille,
Michael, Mittelalterliche Burghügel (Motten) im nördlichen Rheinland, Köln
1966.
o
Recktenwald,
Werner, Eine Vorläuferin der Horneburg? Erdburg oder „Motte“ in der „Koppel“
gibt noch Rätsel auf, in: Bürgerschützenverein Horneburg 1384 e.V., Festschrift
zum Schützenfest 2011 in der alten Freiheit Horneburg, Horneburg 2011, 98-102.
o
Scheffold,
Michael, Die Rekonstruktion einer idealtypischen Motte der Zeit um 1225, in:
Ritter, Burgen und Intrigen. Aufruhr 1225! Das Mittelalter an Rhein und Ruhr –
Museum für Archäologie – Westfälisches Landesmuseum Herne, hg. v.
Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Mainz 2010, 263-270.
o
Zoller, Dieter,
Burg Elmendorf. Eine Dreihügelmotte im Landkreis Ammerland, in: Neue
Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 4 (1969), 372-390.
Verweise
o
Die Erdburg Oer
o
Motte (Wikipedia)
© Dr. Heinrich Michael
Knechten, Horneburg 2010