Mikalojus
Konstantinas Čiurlionis
Er wurde am 10. September 1875 in Warnen (Varėna, im Südosten Litauens) geboren. Seine Muttersprache war Polnisch. In dieser Sprache führte er seine Tagebücher und schrieb in ihr die meisten seiner Briefe.
Ab 1894 studierte er Klavier und Komposition an der Musikakademie Warschau. 1899 schloß er mit dem Diplom ab und vollendete 1901/1902 bei einem neunmonatigen Aufenthalt in Leipzig seine musikalische Ausbildung am dortigen Konservatorium, indem er Musiktheorie, Komposition, Orgel und Klavier studierte.
Mikalojus Konstantinas Čiurlionis
Er war ein Multitalent und nahm ab 1902 in Warschau ersten Malunterricht. Als Synästhetiker nahm er die Verbindung von Klang und Farbe wahr. 1904 bis 1906 war er Student der Warschauer Schule der Schönen Künste. Er gab Konzerte und wirkte an Kunstausstellungen mit. In dieser Zeit beschäftigte er sich mit Theosophie und anderen esoterischen Bereichen.
Čiurlionis mit seiner Frau Sofija Kymantaitė im Jahre 1908
Nach der Revolution von 1905 identifizierte er sich mit seinem Heimatland Litauen.
1907/1908 wohnte er in Wilna (Vilnius). Dort gründete er die Musikabteilung der Litauischen Kunstgesellschaft.
Er lernte Sofija Kymantaitė (1886-1958) kennen und heiratete sie am 1. Januar 1909. Durch sie kam er näher mit der litauischen Sprache in Berührung.
Čiurlionis litt schwer unter der Arbeitsbelastung und wurde krank. Er wurde in verschiedenen Kliniken behandelt, starb jedoch am 18. März 1911 in Pustelnik (Marki, bei Warschau) im Alter von 35 Jahren an einer Lungenentzündung.
Morgenphantasie (1904)
Čiurlionis schuf zweihundert Gemälde und achtzig Graphiken. Er bevorzugte Landschaftsmalerei und Märchenmotive, doch seine Bilder haben nicht selten einen philosophischen Hintergrund. Er verwendete musikalische Termini für seine Bilder, zum Beispiel Fuge, Sonate, Allegro und Andante. Er stand dem Symbolismus nahe.
Pasaka: Karalaitės Kelionė II, 1907
(Märchen: Fahrt der Königstochter II, 1907)
Čiurlionis komponierte Orchesterwerke (7 Werke, darunter zwei Symphonien), Kammermusik (4 Werke), Vokalmusik (60 Volksliedbearbeitungen, mehrere Chöre, eine Kantate und Skizzen zu einer Oper), Klavier- (300 Werke) und Orgelwerke (Präludien und Fugen).
Seine musikalischen Werke erscheinen zunächst spätromantisch durch ihre orchestrale Fülle und üppige Harmonik. Er schuf schwärmerische Klangbilder, sozusagen komponierte Landschaften oder Erzählungen, welche bestimmte Farben beschwören und hervorrufen.
Wer aber genauer hinhört, nimmt das Innovative in seinen Werken wahr: da gibt es Reihen wie bei Schönberg. (Allerdings brach Čiurlionis nicht mit der Tonalität.) Er komponierte polyphon und polyrhytmisch. Damit wurde er zum ersten bedeutenden litauischen Komponisten.
Karaliai, Pasaka, 1908/1909
(Königsmärchen. 1908/1909)
Ausstellungen
· Čiurlionis und die litauische Malerei 1900-1940, herausgegeben von Laima Bialopetravičienė, Ausstellung in Duisburg, Duisburg 1989.
· Die Welt als große Sinfonie – Mikalojus Konstantinas Čiurlionis, herausgegeben von Rainer Budde, Ausstellung in Köln, Köln 1998.
· Mikalojus Konstantinas Čiurlionis. Dromen van Litouwen, herausgegeben von Johan de Smet und Nijolė Adomavičienė, Ausstellung in Gent, Köln 2013.
· M. K. Čiurlionis 1857-1911, herausgegeben von Christiane Bauermeister, Ausstellung in Berlin, Berlin 1979.
· Spalvų ir garsų dialogai. Dialoge von Farbe und Klang. Mikalojaus Konstantino Čurlionio ir amžininkų kūryba. (Werke von) Mikalojus Konstantinas Čiurlionis und seiner Zeitgenossen, herausgegeben von Austėja Čepauskaitė und Helmutas Šabasevičius, Ausstellung in Wilna (Vilnius), Wilna 2009.
Biographien
· Mikalojus Konstantinas Čiurlionis. Psychologische Betrachtungen über sein Leben und Schaffen, von Heinz Reinhold Faulstich (1927-2014), Dissertation, Tübingen 1953.
· M. K. Čiurlionis, der litauische Maler und Musiker, von Nikolaj Worobiow, Kaunas 1938.
· M. K. Čiurlionis. Time and
Content, von Vytautas Landsbergis, Wilna 1992.
Briefe
· Das Königliche Konservatorium zu Leipzig mit den Augen eines Studenten. Briefe von M. K. Čiurlionis, herausgegeben von Vytautas Landsbergis, in: Beiträge zur Musikwissenschaft 1979, Heft 1, 42-96.
· Ein ikonisches Paar. Mikalojus Konstantinas Čiurlionis, Briefe an Sofija, herausgegeben von Lina Užukauskaitė, in: Liebesgeschichte(n). Identität und Diversität vom 18. bis zum 21. Jahrhundert, herausgegeben von Frank Becker und Elke Reinhard-Becker, Frankfurt am Main und New York 2019, 131-149.
· Mikalojus Konstantinas Čiurlionis. Korespondencja, herausgegeben von Radosław Okulicz-Kozaryn, Band 1: 1892-1906, Kaunas 2019.
Gemälde,
Entwürfe, Gedanken
· Mikalojus Konstantinas Čiurlionis. Gemälde, Entwürfe, Gedanken, herausgegeben von Nijolė Adomavičienė, Kaunas 1997.
· Mikalojus Konstantinas Čiurlionis. Paintings, Etchings, Thoughts, herausgegeben von Birutė Verkelytė-Fedaravičienė, Wilna 1997.
Bildbände
· Mikalojus Konstantinas Čiurlionis, herausgegeben von Gytis Vaitkūnas, Dresden 1975.
· Mikalojus Konstantinas
Čiurlionis. Lithuanian Visionary Painter, herausgegeben von Aleksis
Rannit, Chicago 1984.
· Mikalojus Konstantinas Čiurlionis. Piešiniai, kompozicijų eskizai, grafika. Katalogas, herausgegeben von Milda Mildažytė-Kulikauskienė, Wilna 2020.
Herzlichen Dank an Pater Konstantinas Gulbinas und an Pfarrer Vidas Vaitiekunas für Anregungen und Informationen.
Pater Konstantinas Gulbinas wurde am 3. März 1919 in Juodenai (Litauen) geboren, trat in den Kapuzinerorden ein und empfing am 1. August 1943 das Sakrament der Priesterweihe. Er war von 1956 an Seelsorger für die Gläubigen der litauischen Sprache im Bistum Münster. Am 10. Juli 1969 promovierte er an der pädagogischen Fakultät in Münster über das Thema: „Das pädagogische Lebenswerk der litauischen Dichterin Marija Pečkauskaitė“. Er veröffentlichte seine 153seitige Dissertation 1971 im Verlag Schöningh, München. Er starb am 15. Oktober 1997.
Marija Pečkauskaitė wurde am 24. Februar 1877 in Medingėnai geboren. Unter dem Namen Šatrios Ragana veröffentlichte sie 19 Werke. Sie begründete die Schule in Židikai. Sie starb dort am 24. Juli 1930. In ihren Werken schilderte sie die sozialen Veränderungen in ihrer Zeit. Die Charaktere ihrer Personen weisen psychologische, aber auch spirituelle Tiefe auf.
© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2025