Pfarrer Jansen

Die Gemeinde Datteln.

Ein Beitrag zur Geschichte des Vestes Recklinghausen

Schluß

 

 

§ 14.

Bürgerliche und sociale Verhältnisse.

 

(131) 1. Die Gemeinde Datteln hat gegenwärtig (1880) gegen 3500 Einwohner; davon kommen 1250 auf das Dorf und 2250 auf das Außenkirchspiel. Pastor Grein gibt im Jahre 1754 die Zahl der Communikanten auf ungefähr 1700 an, welchen eine Einwohnerzahl von etwa 2500 Seelen entspräche. Sie hätte sich also in 126 Jahren um 40 Prozent vermehrt. Nach den Tauf- und Sterberegistern zu schließen, betrug (gemäß der mir vom statistischen Bureau zu Berlin freundlichst mitgetheilten Art der Berechnung) die Seelenzahl gegen Ende des 30 jährigen Krieges um das Jahr 1645 ungefähr 1600. Darnach hätte sich die Bevölkerung bis jetzt, in 235 Jahren, mehr als verdoppelt und um 118¾ % vermehrt. In dem Jahrzehnt 1711-1720 war sie auf 2800 gestiegen, sank aber in dem folgenden Jahrzehnte 1721-1730 auf 2300 herab. In diesem Zeitraume war die Sterblichkeit sehr groß; es starben im Ganzen 411 Personen mehr als geboren waren. Während in dem folgenden Jahrzehnt 271 mehr geboren (132) wurden als starben, betrug die Zahl der Mehrgeburten im Jahrzehnt 1741-50 nur 31;[1] 1751-60 = 160; 1761-70 = 107; 1771-80 = 156; 1781-90 = 197; 1791-1800 = 76; 1801-1810 = 152.[2]

 

2. Die Bevölkerung ist katholisch, mit Ausnahme von 5 Judenfamilien, welche im Dorfe wohnen. Die ersten Juden haben sich hier 1814 niedergelassen; sie kamen aus Olfen. Durch die Judenordnung vom Jahre 1700 war den Juden die häusliche Niederlassung und der Handel in den Ländern des Erzstifts Köln untersagt. Die Landstände des Vestes haben starr an dieser Verordnung festgehalten. Laut Ausweise der Akten des Vestischen Archivs zu Recklinghausen[3] haben sie sich beharrlich gegen die Ansiedelung von Juden gewehrt, obschon die Kurfürsten im Interesse der Kämmerei-Kasse geneigt waren, sogenannte Schutz-(Gelaidts) Juden zuzulassen, und sie denselben in andern unter ihrer Verwaltung stehenden Bisthümern wie im Stifte Münster den Aufenthalt erlaubt hatten. In Bork, Olfen, Haltern, Dülmen, sowie in der Grafschaft Mark lebten viele Juden. Diese kamen ins Vest herüber und trieben Handel; die Landdragoner aber hatten strengen Befehl, auf sie zu vigiliren. Auf dem Jahrmarkte in Datteln im Jahre 1773 hatten sie Schutzjuden der Stadt Camen den Kauf von Rindvieh u. Schafen untersagt, worüber sich Bürgermeister und Rath von Camen den 21. April 1774 bei der Statthalterei beschwerten. Noch in den Jahren 1801 und 1802 wurden Juden aus Haltern, Olfen und Bork, die in Flaesheim, Datteln u. Waltrop handelnd angetroffen waren, durch die Landdragoner (133) ihre Sachen, als Kälber, Kalbsfelle u. dgl., abgenommen und confiscirt. Das letzte Actenstück hierüber im Vestischen Archiv ist datirt Herten den 11. Februar 1803, ein Befehl an den Amtsführer Hagedorn, die einem Juden von dem Landdragoner Schucht arrestirten und in Waltrop bei Aloysius verwahrten drei Kalbsfelle meistbietend zu verkaufen.

 

3. Der Haupterwerbszweig ist von jeher der Ackerbau gewesen. Von Handwerkern wurde die Leineweberei stark betrieben. Ahsen und die der Lippe zunächst liegenden Bauerschaften Markfeld, Pelkum, Klostern und Bockum hatten durch die Schiffahrt und den Holzhandel, welche früher sehr blüheten, großen Verdienst. Sonst war besonders seit den Truchsessischen Wirren gegen 1580 im Allgemeinen großer Geldmangel und viel Armseligkeit in der ganzen Gemeinde. Von den die Dorfschulen besuchenden Kindern galt 1819 der 4te, und noch 1843 der 6te Theil als arm, für welche die Hälfte des Schulgeldes aus der Armenkasse bezahlt wurde. Erst in der neuesten Zeit mit dem Aufblühen der Industrie in den naheliegenden Gebieten der Kohlenzechen und Fabriken und mit Anlegung der Chaussee nach der Stadt Castrop an der Köln-Mindener Eisenbahn 1853 hat sich der Wohlstand sehr gehoben. Von den Handwerkern prosperirten besonders die Stuhlmacher und Schreiner. – Unter dem 18. April 1593 genehmigte Kurfürst Ernst (von Baiern) die Abhaltung von zwei Viehmärkten auf den Tag vor Ss. Philippi et Jacobi [der hll. Philippus und Jakobus (11. Mai)] und Samstag nach Mariä Geburt [8. September] (Dattl. Chronik). Auf Montag nach Dreifaltigkeits-Sonntag war Kirmeß, communes nundinæ [allgemeiner Markttag] (Alte Festordnung im Pfarrarchiv). Derselbe Kurfürst bewilligte auch Waltrop am 28. October 1596 zwei Jahrmärkte auf Samstag vor Philippi und Jacobi und Samstag nach Michaelis [29. September], auf (134) Ersuchen der Adeligen und anderer Eingesessenen, "wegen viellerhandt nicht alleine von beiden Kriegenden Theillen leiderlichen geschehenen raubens, sondern auch, damit dieselben nach mögligkheit mit ihrer zeitlicher nharungh sich dessen hinwidderumb zu erholen haben mochten" (Ick. Arch.).

 

4. In Rechtssachen war die Gemeinde dem kurfürstlichen Gerichte zu Recklinghausen untergeordnet. Früher war in Datteln ein Freistuhl, im Dorfe; ferner By de Ruschenborg.[4] Dieser muß auf dem Hofe Brinckmann an der Lippe in der Bauerschaft Natrop gestanden haben. Er wird aufgezählt unter die 15 "Freistühle im Veste". Das adelige Haus Rauschenburg lag aber jenseits der Lippe im Münsterlande Kirchspiel Olfen, hart am Flusse, dem Brinkmans Hofe gegenüber. – In Polizei- und Verwaltungssachen stand die Gemeinde unter dem Statthalter des Vestes, dessen Anordnungen die in den einzelnen Kirchspielen stationirten Amtsfrohnen ausführten. Im Dorfe waren bereits 1595 zwei gewählte Gemeinde-Vorsteher, welche die Rechte der Gemeinheit wahrnahmen, die Einnahmen u. Ausgaben besorgten und die Schatzungen betreiben mußten. Die ersten Vorsteher waren Heinrich Egelbrink und Johann Broeß. Auch hatte jede Bauerschaft ihren besonderen Vorsteher oder Buerrichter. Am 27. Juli 1660 wurde der erste Stein zum Straßenpflaster im Dorfe gelegt durch Bern. Diderich von Westrem zum Gutacker im Beisein des Pastors Theod. Thiel, des Vikars Theod. Bürich und der beiden Bürgermeister Heinrich Elfert und Josef Schnetker. Herr von Westrem hatte die Steine geschenkt; die Dorfbewohner mußten sie auf dem Stimberg in der Haard brechen, die Anfuhr geschah von den Bauern (Dattl. Chronik). (135)

 

5. Die Landesabgabe, Schatzung genannt, war eine Art Grundsteuer. Im Jahre 1630 wurde die Schatzung-Matrikel durch Abgeordnete des Kurfürsten, des Domkapitels und der vestischen Ritterschaft für das platte Land festgestellt und in den Jahren 1684 und 1685 revidirt. Die kurfürstlichen Domainen, Geistlichkeit, Rittergüter und Gemeinheitsgründe waren von der Schatzung frei. Nach dem im Vestischen Archiv zu Recklinghausen befindlichen Schatzregister betrug das Contingent für Datteln 296 Thlr. 51¼ st. = 228 Rthlr. 10 Sgr. 6 Pf. preuß. = 685 M. 5 Pf. Diese Summe vertheilt sich auf die einzelnen Bauerschaften, wie folgt:

 

  1. Dorf Datteln: 115 Hausstätten. Schatzung: 21 Thlr. 22½ stbr.
  2. Bschft Meckinghoven: 38 Hausstätten. Schatzung: 49 Thlr. 56¼ stbr.
  3. Bschft Bockum: 24 Hausstätten. Schatzung: 24 Thlr. 45 stbr.
  4. Bschft Pelkum mit Markfeld: 29 Hausstätten. Schatzung: 57 Thlr. 7½ stbr.
  5. Bschft Hagem:[5] 18 Hausstätten. Schatzung: 20 Thlr. 15 stbr.
  6. Bschft Rapen: 12 Hausstätten. Schatzung: 25 Thlr.
  7. Bschft Hachhausen mit Redde: 21 Hausstätten. Schatzung: 44 Thlr. 18¾ stbr.
  8. Bschft Klostern: 31 Hausstätten. Schatzung: 36 Thlr. 7½ stbr.
  9. Bschft Natrop: 10 Hausstätten. Schatzung: 18 Thlr. 18¾ stbr.

                Summa: 298 Hausstätten. Schatzung: 296 Thlr. 51¼ stbr.

 

Es waren am höchsten veranschlagt im Dorfe Johann Buermann mit 1 Thlr. 6 stbr., Schminckhoff und Feiseman mit je 22½ stbr., und im Kirchspiel Schulte Meckinghoven mit 4 Thlr. 37½ stbr., Wiesmann in Rapen mit 4 Thlr. 22½ stbr., Nethövel in Pelkum und Schulte Bockum mit je 4 Thlr., Rensmann in Markfeld und Dickerhoff in Redde mit je 3 Rthlr. 52½ stbr.

 

Die Schatzung der Gemeinde Ahsen betrug 36 Thlr. 50½ stbr.;[6] hierzu trug bei das Dorf Ahsen mit 63 Hausstätten (136) 6 Thlr. 28 stbr. und die Bsch. Leven mit 16 Hausstätten 30 Thlr. 22½ stbr. Im Dorfe war der höchste Betrag 11 stbr., wozu 4 veranschlagt waren. In Leven waren am höchsten veranschlagt Möllmann mit 4 Thlr. 22½ stbr., Middelmann mit 4 Thlr. 7½ stbr., Schulte zu Ahsen mit 3 Thlr. 45 stbr., Pill mit 3 Thlr. 37½ stbr.

 

Für die Freiheit Horneburg war im Jahre 1630 die Schatzung auf 14 Thlr. festgesetzt; eine spätere Liste aus dem Jahre c. 1683 hat 21½ Thlr. = 16 Thlr. 16 Sgr. 1 Pf. = 49 M. 61 Pf. Die Freiheit hatte 42 Hausstätten.

 

Die Schatzung der Gemeinde Waltrop betrug 266 Thlr. 45¾ = 205 Thlr. 6 Sgr. 2 Pf. preuß. = 615 M. 62 Pf.

 

Hierzu trugen bei

 

  1. Dorf Waltrop mit 77 Hausstätten 25 Thlr. 15¾ stbr.
  2. Bsch. Holthausen mit 27 Hausstätten 49 Thlr. 15¾ stbr.
  3. Bsch. Lippe mit 13 Hausstätten 26 Thlr. 15 stbr.
  4. Bsch. Brockenscheid mit 14 Hausstätten 24 Thlr. 37½ stbr.
  5. Bsch. Leveringhausen mit 27 Hausstätten 48 Thlr. 37½ stbr.
  6. Bsch. Elmenhorst mit 40 Hausstätten 71 Thlr. 30 stbr.
  7. Bsch. Döttelbeck (jetzt Oberwiese) mit 24 Hausstätten 22 Thlr. 7½ stbr.

                                 Summa 222 Hausstätten 266 Thlr. 45¾ stbr.

 

Die höchstbesteuerten waren im Dorfe: Jeismann mit 3 Thlr. 7½ stbr., Messmann und Besselmann mit je 3 Thlr., Joh. Gerd Daem mit 2 Thlr. 15 stbr. und Golberg mit 2 Thlr.; in den Bauerschaften: Schulte Renstringhausen mit 4 Thlr. 30 stbr., in Lippe, Vorwerk (Fork) in Lippe, Kruse und Bispelinghoff in Brockenscheid mit je 4 Thlr. 15 stbr., Schulte Werbelinghoff in Holthausen mit 4 Thlr. 7½ stbr. und Nierhoff in Elmenhorst mit 3 Thlr. 45 stbr.

 

(137) Die Gemeinde Henrichenburg contribuirte zur Schatzung 42 Thlr. 11¼ stbr. = 32 Thlr. 13 Sgr. 7 Pf. = 97 M. 36 Pf.

 

Hierzu trugen bei:

 

  1. Bsch. Beckum mit 13 Hausstätten 16 Thlr. 37½ stbr.
  2. die Thumkapitelsleute in Beckum mit 3 Hausstätten 6 Thlr. 22½ stbr.
  3. Beckelemer Eigenhörige mit 4 Hausstätten 7 Thlr. 15 stbr.
  4. Bsch. Strathausen mit 3 Hausstätten 6 Thlr. 30 stbr.
  5. Bsch. Borghagen mit 17 Hausstätten 5 Thlr. 26¼ stbr.

                            Summa 40 Hausstätten 42 Thlr. 11¼ stbr.

 

Den höchsten Satz zahlten Hölleken von den Beckumer Domkapitelsleuten mit 3 Thlr. 15 stbr., Tappe und Hoffzumberge in Beckum, Sobbe in Becklem u. Schulte Strathaus mit 3 Thlr.

 

Die Schatzung der Gemeinde Flaesheim betrug 21 Thlr. 25 stbr. = 16 Thlr. 14 Sgr. 2 Pf. preuß. = 49 M. 42 Pf.

 

Hierzu trugen bei

 

  1. Dorf Flaesheim mit 19 Hausstätten 11 Thlr. 41¼ stbr.
  2. Bsch. Leven mit 7 Hausstätten 9 Thlr. 25 stbr.

                     Summa 26 Hausstätten 21 Thlr. 25 stbr.

 

Am höchsten waren besteuert Grothuesmann im Dorf mit 3 Thlr., Meermann und Schulte Nichtering in Leven mit 2 Thlr. 30 stbr. –

 

Bei außerordentlichen Vorfällen und Bedürfnissen, wie in Kriegszeiten, wurde auf Grund der genannten Schatzungsordnung eine extraordinäre Schatzung je nach Bedarf, eine halbe, eine doppelte oder auch eine noch größere mit Bewilligung der Landstände ausgeschrieben.[7]

 

(138) Es wird nicht uninteressant sein, mit der alten Landesabgabe zu vergleichen, was oben aufgeführte Gemeinden jetzt an Grund- und Gebäudesteuern aufbringen müssen, einschließlich der Provinzial-Beischläge und Hebegebühren. Die Königliche Regierung hat es bekannt gemacht pro 1880/81 in der Extra-Beilage zu Nr. 15 des Amtsbl. für das Jahr 1880.

 

  1. Datteln Alt Schatzung 685,05 Mark; Jahresbetrag der Grundsteuer incl Prov.-Beischlag u. Hebegebühren: 12244,99 Mark; Jahresbetrag der Gebäudesteuer 1625,10 Mark; Summa der jetzigen Steuern 13870,09 Mark; Jetzt Mehrbetrag 13185,04 Mark.
  2. Ahsen Alt Schatzung 85,05 Mark; Jahresbetrag der Grundsteuer incl Prov.-Beischlag u. Hebegebühren: 1087,61 Mark; Jahresbetrag der Gebäudesteuer 217,50 Mark; Summa der jetzigen Steuern 1296,11 Mark; Jetzt Mehrbetrag 1211,09 Mark.
  3. Horneburg Alt Schatzung 49,61 Mark; Jahresbetrag der Grundsteuer incl Prov.-Beischlag u. Hebegebühren: 669,92 Mark; Jahresbetrag der Gebäudesteuer 182,00 Mark; Summa der jetzigen Steuern 851,92 Mark; Jetzt Mehrbetrag 802,31 Mark.
  4. Waltrop Alt Schatzung 615,62 Mark; Jahresbetrag der Grundsteuer incl Prov.-Beischlag u. Hebegebühren: 9921,18 Mark; Jahresbetrag der Gebäudesteuer 1536,60 Mark; Summa der jetzigen Steuern 11457,78 Mark; Jetzt Mehrbetrag 10842,16 Mark.
  5. Henrichenburg Alt Schatzung 97,36 Mark; Jahresbetrag der Grundsteuer incl Prov.-Beischlag u. Hebegebühren: 2004,56 Mark; Jahresbetrag der Gebäudesteuer 293,40 Mark; Summa der jetzigen Steuern 2207,96 Mark; Jetzt Mehrbetrag 2260,60 Mark.
  6. Flaesheim Alt Schatzung 49,42 Mark; Jahresbetrag der Grundsteuer incl Prov.-Beischlag u. Hebegebühren: 958,01 Mark; Jahresbetrag der Gebäudesteuer 138,00 Mark; Summa der jetzigen Steuern 1095,01 Mark; Jetzt Mehrbetrag 1046,59 Mark. (139)

 

6. Das Dorf ist in 7 sogenannte Nachbarschaften eingetheilt. Die Mitglieder unterstützen sich gegenseitig durch Dienstleistungen besonders bei Krankheiten, u. in Sterbefällen durch Bestellen der Verwandten zum Begräbnisse, durch Auskleiden, Verläuten, Begleiten und Tragen der Leichen zum Kirchhofe. In den Fastnachtstagen kommen sie zur geselligen Erheiterung zusammen, und verzehren die eingenommenen Gelder. Wer nämlich in eine "Nachbarschaft" neu einzieht, oder heirathet, oder sich anschließen will, muß ein Bestimmtes entweder in Baar oder an Bier zahlen. Die größte und auch wohl die älteste ist die Kirchhöfer Nachbarschaft, zu der auch die angrenzende Loosheide und Löringhof gehören. Nach einem alten Vereinsbuche ist sie im Jahre 1602 gestiftet "um auf Fastnacht gesellig zusammen zu kommen, zu trinken und zu küren [sich zu unterhalten]. Wer nicht zum Fastnacht kommt, gibt ½ Kanne Fusel; wenn ein Mann oder eine Frau heirathet, müssen sie als ""Erf Naber"" ½ Tonne Bier geben; wer in der Nachbarschaft ein neues Haus bauet oder ankauft, 1 Tonne Bier, wer als Heuerling [Tagelöhner] einzieht, gibt ¼ Biers. An der Spitze stehen zwei "Scheppers". Unterschrieben haben das Actenstück als (die ersten) Scheppers Manns Luthe und Dirks Hutmaker.

 

In einer Urkunde (Kirch. Archiv) vom Jahre 1440 geschieht einer Amandus-Gilde Erwähnung. Darnach verkaufen vor Roseyr van Westrem, Richter zu Recklinghausen, die Eheleute Henrich Boumester und Locke seine Frau "der sante Amandes Gilde to Dattelen" die Hälfte der Hackenbredde und die Hälfte eines Gartens gelegen in Dattelen "so Heyneken underhadde." Gildemeister sind Gert Scheper und de Hess.

 

7. Ueber sogenannte Wachszinsinge des h. Amandus und Aufnahme unter dieselben sind noch mehrere Pergament-Urkunden (140) aus dem 16. Jahrhunderte im Kirchenarchiv vorhanden. Die älteste ist datirt vom 15. April 1543. Johan Velling, bisher Eingehöriger des Engelbert von Vieffhusen gnt. dey Süverke und der Beatrix seiner Frau, präsentirt den Kerkmestern der kerspelskerken sancti Amandi to Dattelen, Johan Schulte to Meckinchhoven und Serys Schulte to Nethoevell, einen Freibrief von seiner früheren Herrschaft und begehrt "in dat vrye gehoer der wastinzingen gerechticheit unses hilgen patrons sünte Amandi" aufgenommen zu werden. Dieses wird ihm gestattet. Die Kirchmeister stellen über die Aufnahme eine Urkunde aus und tragen den Namen des Velling in ihre Register ein. Seine Pflichten sind folgende: Alle Jahr müsse er auf St. Amandi Tag im Winter (26. October) ein beliebig großes Opfer bringen; falls er die Hörigkeit des h. Amandus verläßt, muß er 6 Rader Albus geben. Sollte er sterben, so müßte "up sunte Amandusaltar sin overste beste Cleit" gebracht werden, oder seine nächsten Blutsverwandten müßten es mit 2 Rader Albus einlösen. Fortan solle er alle Freiheiten Wachszinsinger s. Amandi genießen. Am Schlusse bitten und begehren die Kirchmeister um Gottes Willen und durch Verdienst des h. Bischofes Amandus, "von allen heren forsten, gryven, rittern und knechten vorth waet staends sey sin, düsen Johan vor alle unrecht, beschuedden und beschermen willen, des wy uns also to einen jdern vorsein". Nach einer andern Urkunde aus dem Jahre 1570 wurde die Aufnahme genannt "in sünte Amandus Boissem na wastinzig rechte to halden". Es wurde aufgenommen der ehrsame Hermann Becker aus dem Kirchspiel Dattelen mit Frau und Erben. Falls Einer von ihnen heirathet oder stirbt, müßte an die Kirche "tho thimere und gelochte" [für Zimmerarbeiten und Beleuchtung] 1 Schilling oder 12 Pennige Recklingh. Währung gegeben werden; "wan einer düssen boissem verlaten und in ein ander horinge" treten will, müe [müsse] er geben "ein punth wasses to deme gelochte der (141) kerken." [ein Pfund Wachs für die Beleuchtung der Kirche.] – Die Aufnahme geschah in der Kirche. Aehnliche Verpflichtungen hatten auch die Hörigen des h. Amandus, d.h. diejenigen, welche eine Kirchenworth bewohnten. Außer der festgesetzten Rente mußten sie jährlich auf St. Amandi Tag auf dessen Altar 3 Pfennige opfern und bei Sterbefällen ihr oberstes Kleid, welches mit einem Rader Schilling eingelöset werden konnte.

 

§ 15.

Das Markenwesen.

 

Wie anderswo so hatten auch in Datteln das Dorf und jede Bauerschaft ihre Gemeinheitsgründe, das Bruch oder die Marken genannt. Zu Anfang dieses Jahrhunderts wurden sie getheilt. Ueber die Meckinghöfer Mark gibt uns das Markenbuch Auskunft. Zu dieser Mark waren nicht bloß die 17 Bauernhöfe der Bschft. Meckinghoven berechtigt, sondern auch die 16 Höfe der Bschft. Beckum und Becklem Pf. Henrichenburg und die 7 Höfe[8] der Bschft. Döttelbeck Pf. Waltrop; ferner der kurfürstliche Stuhl, das Domkapitel, das Stift Flaesheim und die adeligen Güter Gutacker, Löringhof, Henrichenburg u. Kaynhorst, welche in genannten Bauerschaften Eigenhörige besaßen. Diese Gutsherren hießen Erbaxen, die Bauern waren die Markgenossen.

 

Die alten Kötter waren nur zu Land und Gras berechtigt; neu sich anbauende Kötter hatten in der Mark keine Gerechtigkeit, konnten aber durch Kauf oder jährliche Abgaben solche erwerben. Die Erbaxen und Markgenossen bildeten einen gesonderten Markenverband behufs Verwaltung der Marken und Schlichtung von Streitigkeiten. Dem Domkapitel "als dem höchsten mit acht Höfen oder Gütern[9] ohne Kotten in den Meckinghöfer (142) Marken beerbten" stand von Alters her das Erbholzrichteramt zu. Durch seinen Verwalter erließ es die Einladung zu den Versammlungen, welche Holzgeding oder Holting hießen und ernannte den Protokollführer. Auf diesen hatten die adeligen Erbaxen eine entscheidende, die Markgenossen nur eine berathende Stimme. Sie wurden abgehalten auf dem Domkapitelshofe im Hove (Berger) in Meckinghoven. Hier war die "hochpriviligirte" Holzbank sowie der Pfand- und Schütte- (Schütz-) Stall. Dieser war ein mit einem Walle umgebener freier, offener Platz[10] in welchen das Vieh der Unberechtigten getrieben wurde, das auf den Markengründen ertappt war. Auf der Holzbank kamen die Bauern auch sonst zusammen, um über Gemeindeangelegenheiten zu berathen oder um Fastnacht und andere Trinkgelage zu feiern.[11] – Die Hofesbesitzer scheinen auch die Unterholzrichter gewesen zu sein. Dieser führte mit zwei vereideten Schernern (scaratores), welche auf den Holtingen von den Erbaxen aus den Meckinghöfer Bauern gewählt wurden, während des Jahres die nächste Aufsicht über die Marken. Die Scherner hatten die Einnahme aus den verpachteten Markengründen, besorgten die Ausgaben im Interesse der Gemeinheit bei Holzanpflanzungen und Verbesserung der Gründe und Wege, schlugen die Holzfrevler in Brüchten und wachten darüber, daß Unberechtigte in den Marken nicht ihr Vieh weideten. Auf dem Holting mußten sie Rechnung legen und die vorgefallenenen Beschädigungen anzeigen. Auf dem Holting am 11. Juli 1698 brachten die Scherner unter anderem folgende Klage gegen Waltroper Worthsbesitzer vor, die gar nicht berechtigt waren.

 

"Die Waltroper Wortstedden, besonders im Dorfe, vermehrten sich von Jahr zu Jahr, wodurch den Meckinghöfer (143) Markgenossen im Weidegang beim Durchtreiben ein Merkliches abgehe; deßhalb seien sie veranlaßt, der neuen Worther Biestern in der Gemeinheit aufzusuchen und nach der Holzbank zu bringen. Da die dabey gestellten Hirten sie nicht entdecken wollten, hätten sie wegen zu Conservation ihres Rechtes sämmtliche Drift zur Holzbank führen müssen, um der Rechtschuldigen endlich zu gewinnen. Darauf seien sämmtliche Waltropper mit allerhand habenden Waffen zur Holzbank gekommen und hätten ohne Anfragen gewaltthätig via facti [faktisch] zugefahren und das sämmtliche Vieh hochstrafbarlich von der Holzbank weggenommen und ihnen das bloße Nachsehen gelassen; bäten dawider neben Bestrafung heilsame Ahndung zu thun."

 

Es war auch geschehener Citation zufolge der Bauerbote des Dorfes Waltrop, Heinrich Heidtfeld, Namens des Dorfes erschienen "um causam citationis [den Grund der Vorladung vor Gericht] zu vernehmen; haben ihm auch die Erbaxen die unverantwortliche Violation [Verletzung] hochprivilegirter Holzbank und gebrauchter gewaffneter Hand und Gewalt weitläufig vorgestellt mit dem Bedeuten, daß seine Prinzipalen Eingesessenen des Dorfes Waltrop binnen zehn Tagen gebührend bei der Holzbank sich abfinden oder gewärtigen sollen, daß man dieserhalb gegen sie anderweitige Mittel in die Hand nehmen würde; welches dann der Bauerbote wohl verstanden und seinen Prinzipalen ad referendum [zum Bericht] aufgenommen." Dann wurde noch erklärt: "die Scherner sollten dahin sehen, von den Unberechtigten und neu intradirenden Kotten nochmalen das Vieh in den Marken ertappen und zur Holzbank liefern; demnächst sollen dieselben gebührend angesehen und befindenden Dingen nach beim Kurfürsten und Thumkapitel [Domkapitel] pro remedio et reparatione [zur Wiedergutmachung und Wiederherstellung] belangt werden, salva ratione violationis commissa pœna [unter Vorbehalt des Strafbestands der Rechtsverletzung]."

 

Auf demselben Holtinge brachten die Scherner Klage wider Koch und Porte in Meckinghoven vor: "diese hätten wider ausdrückliche Vereinbarung auf dem Holzgeding (144) neulich in den Marken Torf zu stechen vermessentlich sich unterstanden; dieses beneficium diene nicht Einem allein, sondern insgemein; ihr Verfahren sei zum Ruin des Torfes. Jene sollten gebührend dafür angesehen werden, hinführo nur mit einhelligem Consens der Markgenossen zu stechen." Koch und Porte wurden zu je einem Thaler Strafe verurtheilt, und dann wurde der Beschluß gefaßt, bis von den Markgenossen eine Ordnung gemacht, solle keiner eigenmächtig Torf stechen, unter Strafe von 1 Goldgulden von jedem Fuder.

 

Die Döttelbecker Bauerschaft reichte eine Klageschrift ein des Inhalts: "Obschon sie zu ein Drittel an der Meckinghöfer Mark betheiligt seien, so seien ohne ihr Wissen die Marken mit sonderlicher Unordnung verhauen, und gewiesen und nicht gewiesenes Holz daraus zu fahren gestattet, ihnen aber sei gar kein Holz angewiesen. Deshalb wegen der Marken Verderbs und damit sie durch Stillschweigen nicht extra possessionem [außerhalb (Verlust) des Besitzrechtes] gesetzt würden, fragen sie an, ob nicht auch ihnen dafür, daß Andere 1 bis 3 Jahre Holz gehauen, proportionatim [proportional] Holz angewiesen werden solle, und daß künftig unordentliches Abfällen solle abgeschaffet werden. Falls der Holzgeding nicht darauf eingehe, würden sie sich an den Kurfürsten wenden." Erwiedern die Meckinghöfer: "sie hätten wie von Alters her nur zur Verbesserung der Wege Holz gehauen; wenn die Döttelbecker fernere Exesse [Gesetzesüberschreitungen] wissen, sollten sie es beim Holzgeding anzeigen, daß es bestraft würde." Nach Untersuchung der Sache wurde folgender Beschluß gefaßt: "Weil in der That verspüret, daß unter Prätext [Vorwand] des zur nöthigen reparatio [Ausbesserung] der gemeinen Wege erforderlichen Holzes große Ungleichheit und Mißbrauch mit einlaufe, so soll künftig nur damit ordentlich nach gemeinsamen Einverständnisse (communi consensu et præscitu interessentium) verfahren werden, so daß doch die Reparation gemeiner (145) Wege und das bonum publicum [Gemeinwohl] nicht hinterbleibe und unnöthige Kosten verhütet würden."

 

Wenn die Bauerschaften in Zeit der Noth besonders bei Kriegszeiten Geld aufnehmen mußten, verpfändeten sie hierfür Marken-Gründe und Gerechtsame. Sie mußten hierzu den Consens der Erbaxen einholen, was jedoch nicht immer geschah. Im Jahre 1676 zur Zeit der "schweren brandenburgisch-lüneburger Einquartierung" beschwerten sich die Kötter von Borghagen, daß die Bauern das aufgenommene Geld bloß zu ihrer eigenen Erleichterung und zur Bezahlung der ihnen auferlegten Quote der Einquartierungskosten gebrauchten; da auch die Kotten zu Laub und Gras mitberechtigt seien, so möchte ihnen gestattet seien, ¾ Landes in den Marken für ihre Quote zu verpfänden und den Pfandschilling allein zu genießen. Dieses wurde den Köttern bewilligt. –

 

Gegen Ende des 17. Jahrhundertes war in Folge der vielen und langwierigen Kriege und Einquartierungen das Markenwesen etwas in Unordnung geraten; die Grenzen und das Eingenthum der Marken waren vielfach verdunkelt. Wegen der Markengerechtigkeiten entstanden dann oft Mißhelligkeiten der Bauern mit den Adeligen, den Nachbaren oder auch mit einzelnen Mitgliedern der Markgenossenschaft, welche zu langwierigen und kostspieligen Prozessen bei den Gerichten führten. Nach der Meinung der Bauern trug an diesen Prozessen der Umstand viel die Schuld, "daß das alte Markenland verbistert und von Keinem der Adeligen ungeachtet deren deßfalls gethaner verschiedenen Interpellation [Einspruch] produzirt werden wolle", wie sie in einer Eingabe sich beschwerten. Da wurden denn auf dem Holting vom 10. Mai 1691 folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Um die bisherigen kostspieligen Prozesse beim hohen Gerichte in Markenstreitigkeiten zu vermeiden, sollen weder Erbaxen noch Markgenossen in Markensachen "wegen Huetschaft, Plaggen oder Zuschläge oder (146) was sonst immer" zum hohen Gerichte gehen und prozessen, sondern zur Holzbank, unter Strafe von 25 Goldgulden im Contravertionsfalle [im gegenteiligen Falle], bis zu deren Erlegung er ohne weitere Erklärung von der Gemeinschaft ausgewiesen sein solle. 2. Ohne Special-Consens [Sondererlaubnis] sämmtlicher Herrn Erbaxen dürfen die Markgenossen keine Markengründe mehr versetzen, verkaufen und beschweren, und keine von Alters her nicht Berechtigte mit ihrem Vieh treiben lassen. 3. Am 12. Juni sollten die Grenzen der Marken bezogen werden; alle zu den Marken gehörenden Kotten, Anschüsse, Gärten, Ländereien, Wiesen, Weiden, Teiche, Holzgewachs, Zuschlag, Limiten und sonstige Pertinentien [Zubehör] sollten in Augenschein genommen werden. 4. Alle, welche quovis titulo [durch einen Titel (Berechtigung)] von den Marken etwas besitzen, sollen die Dokumente beibringen und Kopie davon übergeben, unter Strafe des ewigen Stillschweigens. Alles aber solle in das neue Markenbuch gehörig eingetragen werden.

 

Diese Beschlüsse wurden auch ungesäumt ausgeführt. Wie festgesetzt war, wurde am 12. Juni 1691 mit der Besichtigung der Marken der Anfang gemacht und die Grenzen begangen. Die Arbeit wurde am 10. und 31. October und 2. November fortgesetzt und am 7. November beendigt. Tags darauf wurde auf der Holzbank die Sache revidirt. Zugegen waren die Markgenossen und von den Erbaxen Namens des Kurfürsten Joh. Gerh. Uphoff; Namens des Domkapitels und des Kapitels von Flaesheim der Domkapitels-Verwalter Gerhard Schawenburg; ferner die hochwürdigen Herrn Brüder Adoph [Adolph] Arndt und Johann Franz von den Gysenbergh, Domherrn zu Hildesheim resp. Osnabrück, Besitzer der Häuser Henrichenburg und Kaynhorst; ferner Joh. Philipp von Westrem, Herr des Hauses Gutacker und Friedr. Wilhelm von Quade, Herr von Löringhoff. Unter dem 23. April 1692 bescheinigt der Domkapitels-Verwalter Gerh. Schawenburg im Beisein des Dr. Rheidt und des Heinrich Gottfried Schawenburg publ. (147) Not. [staatlicher Notar], daß er Alles in das übergebene neue Markenbuch eingetragen habe. In demselben stehen verzeichnet das Resultat des Augenscheins bei Besichtigung der Grenzen, Gründe und Gerechtsame der Mark, die Kopien der Obligationen über verpfändete Markenstücke, die Einnahme aus verpachteten Grundstücken und verliehenen Gerechtsamen, sowie die Protokolle der Verhandlungen auf den Holtingen. Letztere beginnen mit dem 4. Juni 1688 und sind fortgesetzt bis zum 11. Juli 1698.

 

Mit dem Jahre 1607 beginnt die Aufnahme von Geldern unter Verpfändung von Markengründen; die letzte im Buche eingetragene Schuld stammt aus 1690. Während dieses Zeitraumes von 83 Jahren wurden die Marken in 42 Obligationen mit 1221 Thlrn., 25 Speziesthlr. und 3 Königsdahlern belastet. Die meisten Gelder wurden aufgenommen zur Bezahlung der Kriegscontributionen, von etwa 1630 an; wenige auch zu andern gemeinnützigen Zwecken. So sagen die Bauern von Meckinghoven in der Schuldurkunde vom 26. Sept. 1614 über 26 Thlr. "damit unsere Nachkommen sehen sollen, daß nicht die Pfennige unnütz angelegt, ist alhie in specificiert, daß damit bezahlt seien die Unkost zur Teigelhütte in Borghagen ahm Kellner und Vogten zur Hornenburg oder "dha sie sönsten nötig gewissen seien." Von Johann ahn der Heyden leihen dieselben 1687 "zur Reinigung eines Fischteiches in der Langemeer achter Heidtfeldts Felde" 22 Thlr. – Markengründe und Weidegerechtigkeiten waren an 54 Personen, meist Kötter, verpachtet gegen eine geringe jährliche Abgabe. Darunter sind 18, welche "Einen Keeße" (Käse) od. Kerze ? geben mußten. Die Einnahmen an Geld betrugen im Ganzen 446¼ Schillinge (ungefähr 17 gemeine Dahler) und 1 Goldgulden. Außerdem mußten Andere Victualien, besonders Getränke, Bier, geben. "Haus Ickern muß jährl. geben 30 Schill. u. 1 Bütte Bier; Hoewarden Caspar wegen seiner (148) Ausdrift mit all' seinem Vieh 30 Schill. und 1 Keeße, die dem Burrichter zukommt; Piper von seinem Hoff und Kamp 37½ Schill. und 1 Brod auf das Churfürstliche Grasschneiden; Herman Neuß von einem Garten 4½ Schill. und auf sünt Lammert [St. Lambertus (17. September)] 2 Hühner, 1 Keeße und 8 Kannen Bier, dafür er frei ist mit seinen Pferden. Diese 2 Hühner wie auch 1 von Roloff und 2 von Hütman muß der Neuß in festo sti Lamberti [am Fest des hl. Lambertus] zubereiten lassen und die 8 Quart Bier dabey sampt artigem Brodt geben." – Aus spätern Jahren steht noch: "1776 den 15. December wird mit Stoffer Leinemann u. seiner Frau und Schwiegervater wegen Klünemans Kotten, von dem er jährlich 30 st. und beim Vogelschießen an die Junggesellen auch 30 st. geben muß, über seine wegen schlimmer Zeiten vorgekommenen Rückstände veraccordirt, daß er 2 Rthr. und das Gelag, so sie nun, wo sie bei der Holzbank wegen Gemeinheit-Sachen verhandelt, verzehrt, gleich bezahle." Rosenbaum gen. Kremer gab eine Tonne Stüber-Bier; Schneider Jost von seinem Garten Mitsommer 7½ Schill. an die Armen.

 

Im Allgemeinen scheinen die Einkünfte aus den Marken meistens vertrunken worden zu sein. Auf dem Holting am 8. November 1691 "gibt Herr von Giesenberg für das Haus Henrichenburg sein votum [Stellungnahme] dahin ab, daß sothane Gelder, so auf Lichtmessen [2. Februar] und sonsten ausgeben wurden, nicht wie vor dießem versoffen, sondern zu Marken Besten, zu Pflanzung von Heistern [junge Waldbäume] verwandt werden möchten." Ihm stimmen die übrigen Adeligen bei; nur der Vertreter des Churfürsten und der Verwalter des Domkapitels suspendiren ihr Votum. "Die sämmptlichen Meckinghöver Markgenossen protestiren aber einhellig von solchen Novitäten und unbilligem Vornehmen, absonderlich da sie nicht nur von Menschen Gedenken sondern von 100 und mehr Jahren und zwar bis hierhin in notissima possessione perceptionis [in bekanntester Rechtsauffassung] gewißen und annoch seien; (149) und wann solches vorgenommen werden dürfte, zu der Marken höchsten und merklichen Schaden gereichen würde, sich hierüber von allsolchen unbilligen Vornehmen bei hoher Obrigkeit beklagen." Das Protestiren half den Bauern nichts; die Herren blieben bei ihrem Votum, "weilen die Markgenossen alle Pächter seien, könnten sie in præjudicium dominorum [gegen das Urteil der Herren] nichts begehren und statuiren [festsetzen]."

 

Was nun die Grenzen der Meckinghöver Mark betrifft, wie sie bei der Besichtigung "dem Fohrgange" befunden u. in das Markenbuch eingetragen sind, so sei hierüber folgendes bemerkt: die Marken gingen, wenn wir uns zunächst von der Holzbank, Bergers Hof, aus nach Westen und Süden wenden, durch Beckum, Becklem und Borghagen bis hart an die Emscher und Henrichenburg, bis an die Pastorat daselbst, welche vom Garten 6½ Schill. geben mußte, und den Nachbar derselben Bockmann, vor dessen Haus ein Kämpchen von 1¼ Landes lag, welches 10 stbr. that. Weiter nach Südost geht die Grenze durch die Lehmhoefer Straße und die Tönnisheide an dem Ickersken Kampe und Wortlers Kampe vorbei bis auf Gantenfort, im Kirchsp. Waltrop Bsch. Leveringhausen, dessen alter Garten Markengrund ist und 6 Schill. thut, welches den Döttelbeckern zukommen. Von Ganteforts Becke [Bach] an seinem Hofgarten wendet sich die Grenze nördlich auf die Döttelbecker Bauerschaft zu bis auf den Nibbenhövel und den Bach, welcher Meckinghoven von Hagem (den Löringhofer Grundstücken) scheidet.[12] Von da geht die Grenze den Bach und die Bsch. Hagem entlang nach Westen mitten durch den Dümmer und die Drogen Wiese zum Dael.

 

(150) Ueber die Marken der andern Bauerschaften stand mir kein Material zur Verfügung. Weniges habe ich über die Dählerheide-Mark gefunden. Sie gehört zur Markfelder Mark. Hier besaß das Erbholzrichteramt der Herr von Westem [Westrem] zum Gutacker. Außer diesem waren in der Mark die adeligen Häuser Vogelsang und Wilberink (Pfarre Waltrop) berechtigt. Die Holzbank mit dem Pfandstall war auf dem Hofe Schulte Rensink (Rensman) in Markfeld, welcher Eigenhöriger vom Hause Gutacker war. Die Markgennossen [Markgenossen] hatten seit der Mitte des 17. Jahrhunderts mit den Besitzern des Hauses Dael, den Herrn von Münster und später Baron von Reck, Herrn zu Heessen, oft Streit. Das Haus Dael, auf der münsterschen Seite der Lippe in der Pf. Bork gelegen, besaß am Ufer des Flusses eine Mühle und hatte zur Aufstauung des Wassers eine Art Wehr, die sogenannte Schlacht, durch denselben gelegt. Behufs Unterhaltung und Reparatur der Schlacht beanspruchte das Haus Dael das Recht, in der Dähler Heide Grastörfer zu stechen. Das wurde ihm auch zugestanden und ein bestimmter Platz war ihm hierzu angewiesen. Die Grenzen mochten aber wohl nicht immer beachtet sein; darüber entstand dann der Zwist. Zwar hatte man sich 1664 verglichen, jedoch schon nach 2 Jahren entbrannte der Streit mit größerer Heftigkeit. Dieserhalb wandte sich der Bischof von Münster Bernard an den Erzbischof von Köln Max Heinrich. Dieser schlug eine gemischte Kommission vor, welche die Sache an Ort und Stelle untersuchen und zu schlichten versuchen sollte. Köln ernannte den Vestischen Statthalter Grafen von Nesselrode und den Oberkellner zu Horneburg Joh. Mathias Pranghe, Münster den Hofrath Dr. Zurmühlen und den Wernischen Beamten Joh. Bruchauß zu Deputirten. Diese hielten am 19. September 1666 in Gegenwart der beiden Partheien einen Augenschein ab und brachten einen Vergleich zu Stande. – Im folgenden Jahrhunderte brach der Streit von neuem wieder los. Der (151) Holzrichter von Westrem behauptete, daß die vom Hause Dael beim Rasenstechen die Grenze überschritten hatten. Mit Hülfe der Markgenossen nahm er dem Baron von Reck zwei Pferde weg, im Jahre 1736, und brachte sie zur Holzbank in den Pfandstall, wo sie solange standen, daß die Futterkosten bereits 10 Thlr. betrugen. Um die Pferde zurückzuerhalten, mußten die Mandatare des von Reck zu Heessen die 10 Thlr. zahlen und obendrein dem von Westrem aus ihres Herrn Stall "ein ohnsträfliches Pferd" und den Markgenossen für erlittenen Schaden und Unkosten 10 Tonnen Bier zu geben versprechen. Am 17. Juni 1741, als die Leute vom Hause Dael mit Rasenstechen beschäftigt waren, wurden sie plötztlich von den vom Freiherrn von Westrem geschickten Hausleuten in Verein mit den aufgebotenen Bauern von Markfeld überfallen und mit Gewalt vertrieben und ihnen die Spaten und Hacken weggenommen. Darüber entstand ein Prozeß, der durch mehrere Instanzen geführt wurde. Der Ausgang ist nicht ersichtlich; die Prozeßacten sind unvollständig.

 

§ 16.

Kriegsgeschichten und Kriegesleiden.

1. Die Truchsessischen Wirren.

 

Was die Gemeinde Datteln durch die Kriege, von welchen das Vest Recklinghausen vor dem Jahre 1580 heimgesucht wurde, gelitten hat, darüber liegen keine örtlichen Nachrichten vor. Diese beginnen erst mit den Truchsessischen Wirren. Von da an hat das Vest beinah 200 Jahre lang bis zu Ende des 7 jährigen Krieges durch die vielen einander fast ununterbrochen folgenden Kriege und Heereszüge schrecklich gelitten, und ist der Wohlstand des Ländchens stark zerrüttet worden.

 

Gebhard II.[13] aus der Familie der Truchsesse von Waldburg, 1577 zum Erzbischofe von Köln erwählt, war zum Kalvinismus abgefallen und hatte am 2. Februar 1583 die Agnes von Mansfeld geheirathet. Im selben (152) Jahre wurde er vom Papste abgesetzt. Trotzdem wollte er die Regierung des Erzstiftes beibehalten, begünstigte die Einführung der Reformation und suchte sich mit Gewalt zu behaupten. Seinem Verwalter zu Horneburg, Ditrich Knippenberg, schickte er 100 Goldgulden zur Anwerbung von Soldaten, welche das Vest in Schach halten sollten. Das Domkapitel und die Stände des Stiftes widersetzten sich seinen Anordnungen; auch die Stände des Vestes treten auf ihre Seite. Des Gebhards Verbündeter, Graf Adolph von Neuenaar, Herr von Moers, besetzte die Cölnischen Ortschaften am linken Ufer des Niederrheins; sein oberster Quartiermeister, Engelbert Nie genannt von der Lippe, drang ins Vest und besetzte Bottrop, Westerholt und am 3. April 1538 Recklinghausen. Der Vestische Statthalter, Hermann Adolph, Graf von Solms, Gebhards Freund, begünstigte seine Sache und brachte die Ritterschaft dahin, 5000 Thlr. für die Zwecke seines Herrn zu bewilligen. Am 22. Mai wurde Ernst, Herzog von Baiern und Bischof von Lüttich, zum Erzbischofe von Köln erwählt. Mit Ausnahme von Dorsten war das ganze Vest in den Händen der Truchsessianer. Doch das Jahr 1584 brachte Erlösung: Ferdinand, Herzog von Baiern, kam seinem Bruder zu Hülfe. Palmsonntag den 26. März erschien er in Dorsten, verfolgte den nach Holland sich zurückziehenden Gebhard, kehrte zurück und verjagte die Truchsessianer aus Recklinghausen, Westerholt und Horneburg. Nach 5 Wochen war die Autorität des rechtmäßigen Landesherrn wiederhergestellt und das Vest von dem von Gebhard und seinen Agenten ausgeübten Glaubensdruck befreit.

 

Datteln, in der Nähe von Horneburg, hat seinen guten Theil von den Plackereien mitbekommen. Das ersehen wir aus 2 im Pfarrarchiv befindlichen Dokumenten. Das eine ist vom 20. März 1593 datirt. Herr von Westrem zum Gudacker hatte mehrere Kapitalien von der Kirche erhalten, war aber seit 26 Jahren die Rente schuldig geblieben, (153) im Ganzen 104 Goldgulden, 143 Daler, 148 Malder und 1 Scheffel Roggen und 10 Daler für eine Handschrift. Da wenden sich die Kirchmeister in einer Bittschrift vom 20. März 1593 an den vestischen Statthalter, er möchte ihnen zur Erlangung der Rückstände behülflich sein. Sie stellen ihm den kläglichen Zustand der Kirche dar: "von den Truchsessischen Kriegsleuten" seien die Glocken aus der Kirche geraubt worden; sie hätten dieselben mit groißer [großer] und schwerer Rantion [Auslösung] wieder an sich gebracht; zu dem Zwecke hätten sie einige Kirchenländereien erblich verkaufen müssen. Zwei der besten Glocken und die Uhrglocke seien geborsten gewesen. Diese haben sie mit großen Unkosten umgießen lassen müssen und davon sei das Kirchspiel dem Meister und Andern noch an die 200 Daler schuldig. Ferner seien die Kirche und der Thurm ganz dackelos und boefellich [ohne Dach und baufällig]."

 

Die im Schreiben erwähnten Kirchenländereien lagen in der Nähe des Dorfes, drei Scheffel Ackerland, eine kleine Wiese und zwei Gärten; sie wurden an Georg von Aschebrock zur Mahlenburg erblich verkauft.

 

Das andere Dokument ist ein Rezeß [Verhandlungsergebnis] vom 27. Juli 1630 über die Verpflichtung des adeligen Stiftes Flaesheim, an die Kirche zu Datteln jährlich für die Unterhaltung des ewigen Lichtes eine Abgabe zu entrichten, aufgestellt bei der vom General-Vikar Johannes Gelenius abgehaltenen Kirchenvisitation. Darnach hatte vor vielen Jahren der Herr des adeligen Hauses Mahlenburg eine Fundation gemacht, daß vor dem Beinhaus zu Dattelen an der Kirche ein immerwährendes Nachtlicht solle unterhalten werden. Das Geld war beim Stifte Flaesheim belegt. Das Stift kam auch seinen Verpflichtungen nach, und das Licht brannte immer vor dem Ossario, "bis der Truchsessische Krieg losbrach, da wurden theils vor theils bei der schrecklichen Kriegsempörunge alle Sachen so vertheuert und der Kirchen und des Stiftes Renthen unter die (154) Füße gebracht, ja alles dahin gerichtet, daß es eine Unmöglichkeit geworden, die zu Nacht brennende Lampe wie üblich gewesen und deren Unterhaltung dem Stifte auferlegt sei, fernerhin brennen zu lassen. Deshalb sei mit dem Stifte vor 40 und mehren Jahren verhandelt worden, daß es für die Beleuchtung fünf schlechte Daler geben solle."

 

Mit Gebhards Sturze war völlige Ruhe und Sicherheit noch keineswegs wiedergekehrt. Der Krieg der Spanier und Niederländer wurde immer erbitterter und nahm größere Dimensionen an. Die Nachbarländer hatten durch wiederholte Einfälle beider Partheien zu leiden; 1586 fielen die Holländer, 1587 die Spanier, 1589 wieder die Holländer ins Vest und diese schlugen unter Martin Schenk von Niedeggen die Spanier total bei Ostendorf an der Lippe. 1595 wurde wiederum das Vest von den Holländern gebrandschatzet; es mußten [mußte] 6000 Thaler für sie aufbringen; ebenso 1597. Im folgenden Jahre haben die Spanier hier schrecklich gehauset. Am 23. November 1598 traf der Artillerie Oberst Franz de Velasco vor Dorsten ein und zwang die Bürger ihn mit seinen Truppen aufzunehmen; sie blieben bis zum 15. April 1599 in der Stadt liegen.[14] Am 14. Dezember 1598 zogen die Spanier vor Recklinghausen u. beschossen die Stadt am Loethore u. am Quaden-Thurm vor dem Steinthore, wo sie Bresche in die Stadtmauer schossen und stürmten; aber mit ziemlichem Verluste wurden sie von den Bürgern zurückgeschlagen. Weil diese aber keinen Entsatz zu hoffen hatten, öffneten sie die Thore und ließen den Obersten Caspar Vengerna mit einigen Compagnien ein. Diese behandelten die Bürger grausam. Das Recklinghauser Wochenblatt vom Jahre 1833 Nr. 6 theilt ein von dem damaligen Pastor zu Recklinghausen Jodocus Westerholt herrührendes Manuscript mit, welches die Begebenheit folgender Maaßen beschreibt.

 

(155) "Anno 1598 up Mondagh den viertziehenden Monats Decembers seint Konigsche und Hyspanische Kriegsleute Ihn grosser anzall für diese Stadt kommen und dieselbe an der Loeporten angefangen tho bescheiten, aber an dem Orte nicht gewinnen konnen, derwegen mit vier stück großen Geschütz wieder tho Rügge getogen und haben die nacht sich beschanzet mit dem Geschütze gegen den quaden Torne, allda den Dienstagen Morgen tho scheiten angefallen [angefangen] ohne Underlaß und ophoeren, biß daß ein Gefach Mauern herunter und abgeschotten ungefähr 70 Fuß langh, haben auch drei storme gedan, aber Gott hefft den Burgern geholpen, dat sie die drei storme mit wenigh Volks abschlagen können, dermaten dat der Konigschen und Spanischen ein groeß anzaell erschossen, deren viel Ihm Graben sitzen bleiben und seint sechs großer Capitains allhie in der Kirchen begaben [begraben]. Auch up diesem Choir ein geweltiger Herr begraben, Don Christophorus der Velasco geheiten, welcher an der mauer Thoit plieben, auch seint der gemeinen füll na Dürsten gefüret, welche alle für diese Stadt beschädigt worden, haben die beiden Daghe Ihn alles zweihundert und 37 schuß gedain und der grotesten kogeln hefft eine gewogen 30 pundt und dieweil man kein entsatz vorhanden zu sein gewiß und weinigh Volkß in der Stadt gewest, so haben sich die borgern mit Accort ergeben und den Obersten Caspar Vengerna am gudestagen [Wodanstag, Mittwoch] abent den 16. Dezembris up quatertember Dagh mit etzlichen Compagnien eingelaissen, welche gar übell und nicht anders als Tyrannen mit den Burgern umbgegangen. Am gudestagen die Spanischen Anno 1599 wiederumb utgetogen."

 

Im Jahre 1605 zogen die Spanier wieder durchs Vest, hielten jedoch besser Manneszucht; 1609 endlich wurde auf 12 Jahre ein Waffenstillstand geschlossen.[15] (156)

 

§ 17.

2.  Der 30 jährige Krieg, 1618-1648.

 

Größere Drangsale kamen über das Vest durch den 30 jährigen Krieg. Von Anfang an lagen Truppen der verschiedenen kriegführenden Mächte, abwechselnd und zu gleicher Zeit, im Veste: Holländer, Spanier, Braunschweiger, Kaiserliche, liguistische Truppen, Hessen, Schweden, Brandenburger, Franzosen. Das Land mußte sie ernähren und Kontributionen an Geld, Victualien und Fourage [Pferdefutter] liefern. In Folge der beständigen Truppendurchzüge und Einquartierungen wurde der Zustand, wie des ganzen Ländchens, so auch unserer Gemeinde Datteln ein sehr betrübender. Die Bauerschaften und die einzelnen Inwohner mußten Schulden über Schulden machen, um die Kontributionen zu zahlen, ihren Viehstand sich zu erhalten und sich die nothwendigsten Lebensbedürfnisse zu verschaffen. Viele Bauern mußten Ländereien brach liegen lassen, weil sie dieselben nicht mehr beackern konnten. Manche Höfe wurden ganz verwüstet, und waren nicht mehr mit Leuten besetzt. Der Pastor, die Kirchen- und Armenprovisoren klagten, daß die Pächte nicht mehr eingingen: die Pächter konnten nicht zahlen. Vernehmen wir die örtlichen Quellen.

 

Bereits 1618 begannen die Wege und Landstraßen unsicher zu werden: Kaufleuten und Roßkämmen,[16] die beraubt waren, wurde ein Almosen aus der Kirchenkasse gegeben. Bald kamen die reformirten Holländer; 1622 nahmen sie den Pastor Johannes Hove gefangen und schleppten ihn nach Schenkenschanß, einer Festung am linken Ufer des Rheins, einige Stunden unterhalb Emmerich, allwo sie ein Lager bezogen hatten. Das muß zu Anfang des Jahres geschehen sein; zu Ostern saß der Pastor noch gefangen. In der Kirchenrechnung von 1622 heißt es: "Als der Pastor in Schenkenschanz von den Staaten gefangen saß, hat bisweilen ein Münch von Dortmund (157) hier gepredigt und auf Ostern Beicht gesessen, ihm gegeben 3 Dlr. 11½ Schill.".

 

Im selben Jahre kamen die Spanier unter Spinola und blieben bis 1624, sie lagen nicht in den Städten, sondern fielen der Landschaft zur Last.[17] Auch Datteln bekam seinen Theil von der Einquartierung mit. "Als die Einlagerung hir waß, für das Kriegsvolk von Dortmund holen lassen Hostien und Weihrauch für 22 Schill."[18] "Zu Ostern für die hispanische Einquartierung von Dortmund Hostien und Weihrauch holen lassen." "Zu Ostern und Pfingsten (1623) Wein von den Marketentern gekauft."[19] Die Bauerschaften Beckum und Becklem (Pfarre Henrichenburg) leihen 1623 den 18. Mai von Johann von Giesenberg 80 Thlr. "zur Ersetzung ihres hochverderblichen Schadens, welcher ihnen bei der Einquartierung hispanischen Colonelles Itucke, entstanden", und stellen dafür zum Unterpfande "ein Orth aus der Gemeinheit bei Giesenbergs Gehölz hinter dem Postkamp"[20] Die Bauerschaft Meckinghoven leihet 1623 den 6. August von Henrich im Hove, Amandt Luthe und Hermann Hanniphoff zur Abfindung des Kapitains in Datteln 30 Thlr. und geben ihnen dafür anstatt Zinsen "ein Orth in der Gemeinheit im Altenbroch."[21] Dieselbe Bauerschaft gibt 1624 den 5. März dem Johann Stuhldreyer in Borghagen "ein Endgen Gartens neben seinem Hause gelegen auf 10 Jahre zu gebrauchen für 9½ Rthlr. jeden zu 2 schlechte Daler, welche sie zur Abkaufung eines Convoien theils abgewendet, theils auch vor Haber [Hafer], welche auf Broik [Strafe] geschickt, ausgegeben."[22]

 

Im Jahre 1627 war große Theuerung und Mangel an Lebensmitteln, so daß die Armen in dem vom Hause (158) Löringhof gestifteten und unterhaltenen Armenhause für Geld weder Butter noch Brod im Dorfe Datteln kaufen konnten, weshalb es ihnen vom Hause Löringhof geliefert wurde. In der Rechnung heißt es: "demnach bey einfallenden Kriegsleufften und Theuerheit man das Brott und Butter forthan ums Geld im Dorf Dattelen nit woll zu kaufen bekommen können, als hat man sinder den 3. Aug. 1627 vom Hause Lörinchhove den zweien Armen geliebert zu jede 14 Tage 2 Pfd. Butter und 2 Broten", bis zum 19. September 1628 (L.). Die Kirche verkaufte 1618 den Scheffel Pachtroggen zu 1 Dahler, 1623-25 zu 1½ Dahler, 1628 zu 1 Rixdahler = 2 gemeinen Dahl. Wie unsicher die Wege waren, erfuhr der Bote, welcher 1628 in der Charwoche nach Westerholt geschickt war, um die h. Oele zu holen. "Eine Parthei hat dem Boten das Geld abgenommen, weshalb er sein Holster für 1½ Dlr. versetzen müssen, um den Chrisam zu erhalten; mußte wegen des Aufenthalts durch die Partheien eine Nacht ausbleiben, und somit Unkosten 1 Dlr. 9 st.[23] Im selben Jahre mußte man einen Fuhrmann aus Recklinghausen nehmen, um 2½ Ries Schiefer zur Bedachung des Thurmes, der durch den Sturm Herbst 1627 stark gelitten hatte, von Buer zu holen, "da vor Partheien halben man ab hir keinen bekommen konnte", und ihm 2½ Dahler geben.

 

Nach dem siegreichen Vordringen des Schweden-Königs Gustav Adolph – 17. Sept. 1631 wurde Tilly bei Breitenfeld und am 5. April 1632 am Lech bei Augsburg geschlagen – trat besonders der Landgraf Wilhelm von Hessen als Bundesgenosse der Schweden hervor und suchte seine Hausmacht zu erweitern. Er hatte es hauptsächlich auf das Herzogthum Westfalen und das Vest Recklinghausen abgesehen. Bereits 1632 hatten einzelne Corps Streifzüge ins Vest gemacht, mehrere getödtet (159) und den Kellner und den Pastor von Horneburg, Heinrich Barckhoff, gefangen fortgeführt. Fastnachts-Dienstag den 8. Februar 1633 überschritt der Landgraf, von Dortmund kommend, das sich ihm ohne Gegenwehr ergeben hatte, die Grenzen des Vestes. Bereits vor Tagesanbruch hatten die Flammen der in Waltrop und Datteln angezündeten Häuser die Ankunft des Feindes signalisirt. Der Landgraf nahm mit dem Gros der Armee bei Horneburg sein Standquartier.[24] "Anno 1633 am ersten Mittwoch in der Fasten genannt Aschetag (den 9. Februar) ist die Kirche zu Ahsen ganz abgebrant durch des Landgrafen Volk von Hessen und dabey an Häusern klein und groß in Zahl sind 45 gute Häuser gantz verbrant und ist dahmals Ahsen gantz verwüstet."[25] Am selben Tage fiel auch Dorsten in die Hände des Landgrafen.

 

In der Mitte des Jahres 1633 kamen auch die Schweden (Finnen) unter Oberst Stählhandske, der zu Horneburg lag. Die Bürger von Horneburg richten eine Bittschrift an den fürstlich hessischen Proviantmeister. Darin nennen sie sich Unterthanen ihres Herrn des Landgrafen von Hessen. "Sie hätten etliche zu dero Ambthaus Horneburg gehörenden Ländereien in Pfachtung,[26] darunter den Weingarten und Bernhardts Kamp; von jedem Scheffel Land müßtern sie einen Goldgulden Pacht entrichten. Am 14. August sei dero fürstliche Gnaden mit der Armee hindurch nach Dorsten marschiret; bis zum 18. August sei das Regiment des Generals Melander bei ihnen einquartirt gewesen. Nach dessen Abzug habe sich alsbald ein Regiment Finnen bei ihnen niedergelassen. Durch die Kriegsleute seien die Früchte theils abgeschnitten, das Uebrige durch die Pferde so verdorben, daß sie nicht mal das Stroh, vielweniger das Korn bekommen hätten. Sie bäten (160) deshalb um Nachlaß der Pacht." Der Proviantmeister resolvirt [beschließt], daß ihnen ⅓ solle nachgelassen werden; d.d. Datteln den 10. October 1633. Carll von Uffeln.[27] Im September mußte das Vest auf Befehl des Landgrafen in wenigen Tagen 20000 Pfund Brod und eine verhältnismäßige Quantität Bier liefern und die nöthigen Fuhren bereit stellen, bei Vermeidung der Exekution, die auch erfolgte, da die zu Elmenhorst, Suderwich, Datteln und anderswo säumig waren.[28] Die Bauerschaft Meckinghoven lieh "in ihren Nöthen zur Abzahlung der Kontribution von 1633" von dem Kellner zur Horneburg Vincenz Fabritius 66 Thlr.[29]

 

Räubereien, Pferdediebstähle u. dgl. nahmen Ueberhand und machten das Land so unsicher, daß sich die Leute im Felde nicht zu zeigen wagten. Die Soldaten raubten was ihnen gefiel, selbst aus den Kirchen. In den Kirchenrechnungen von 1633 und 34 heißt es: "das Kriegsvolk hat aus den Kirchen genommen 3 Pfd. Wachses. – Das Kriegsvolk hat die Lynen [Leinen, Stricke] von den Uhrwerken genommen und widderkaufen müssen für 30 Schill. – An die große Klocke gekauft vor 1 Dlr. Reipen, dieweilen das Kriegsvolk hatte verdorben."

 

Von 1634 an lagen schwedische, hessische, kaiserliche und legistische Truppen abwechselnd und zu gleicher Zeit im Veste, einander zurückdrängend, dann wieder vorrückend. Alle schrieben Kontributionen aus. Daß Theurung und Krankheiten entstanden, ist nicht zu verwundern. Die Noth wurde endlich so groß und der Ruf nach Hülfe so laut, daß Kaiser Ferdinand II. den Befehl gab, es sollte das schwer heimgesuchte Vest Seitens der Kaiserlichen von Kontributionen verschont bleiben. Da machten der kaiserl. General Graf Götz und der hessische Commissar von der Malsburg im Dec. 1636 einen schriftlichen Rezeß, dahin lautend, daß keine Städte außer Dorsten mit wirklicher (161) Garnison sollten belegt werden, und derjenige, welcher Dorsten in Besitz habe, sollte allein aus dem Veste contribuiren dürfen.[30]

 

Dorsten war noch immer in der Gewalt der Hessen; hessischer Commandant war der General-Lieutenant und Oberst zu Roß und zu Fuß Peter Holzappel genannt Melander. Auf seinen Befehl wurden am 1. Februar 1635 Johannes Hove, Pastor zu Datteln, Heinrich Barckhoff, Pastor zu Horneburg, seit 1633 vestischer Commissar, Theodor Thyl, Pastor zu Oer und die Vikare zu Recklinghausen: Franz von Westerholt, Gottfried Tüsinck und Georg von Uhlenbrock in Recklinghausen angehalten, Tags darauf nach Dorsten abgeführt und hier beim Wirth Heinrich Nolthen in Arrest gelegt. Dies geschah aus Revanche dafür, daß im Münsterschen protestantische Prädikanten verjagt und mißhandelt seien. Nach 14 Tagen wurde Hove, nach 3 Wochen Barckhoff entlassen, am 16. März Tüsinck, die 3 übrigen erst am 14. April.[31]

 

Melander übte das ihm zugestandene Recht Kontributionen einzuziehen fleißig aus, zur höchsten Bedrückung des Landes. Auch die Geistlichkeit wurde in den von den Hessen occupirten Ländern zur Kriegskontribution herangezogen. Im Jahre 1636 wurde dem Veste eine monatliche Kontribution von 5000 Reichsthalern zum Unterhalte der hessischen Garnison in Dorsten aufgelegt. Davon sollte die Geistlichkeit monatlich 130 Rthlr. aufbringen, ein jeder nach Verhältniß seines Einkommens. So mußte der Pastor von Datteln monatlich 3¾ Rthlr., der Vikar sti Stephani 2¼, der Vikar sti Amandi 1½, der Pastor von Waltrop 3¾, der Vikar sti Johannis 1½, Pastor von Horneburg incl. von der Vikarie 3 Rthlr. zahlen. Die ganze Geistlichkeit beschwerte sich, daß sie zu hoch veranschlagt sei und bat um Ermäßigung und Herabsetzung (162) auf die Hälfte. "Pastor der Hauptkirche zu Recklinghausen und Vicarii daselbst, wie auch dero Filia-Kirchen Flaßheim, Suderwich, Ohr [Oer], Boßnip, Henrichenborg Vicecurati Pastores [Kapläne (und) Pastöre]" reichen eine besondere Bittschrift an Melander ein: "die äußerste Noth dränge sie hierzu, dan wir wegen hohen Ahnschlages, der mit nichten unsern Ufkümbsten [Einkünften] proportionirt ist, keine Lebensmittel bevor haben. Die Pächterer und Pensionarii schieben vor, daß sie uns in ahnstehend obliggender continuirlichen Kriegsbeschwehr nit bezahlen wollen oder können; wir werden auf unser Ahndringen wegen angeregtender Kriegssteuer Vorzugs, bei ihrem Gegenwurffe, sonderlich darum leichtsamb gehandhabt, weil jetzo die Läste [Lasten, Ausgaben] ihre Gueter in weitem übertreffen. So pleibt den auch ein großer theil unser ländereien aus mangell an pferden wüst und unbesaemet liggen. Wan dan wir also von unserem gehalte daß allerwenigste genießen, sonsten auch noch Standtsgelegenheit kein ander Handthirunge, davon lebenßmittel zu nemen hoffen waren, treiben können oder mögen." Alles war vergeblich.[32]

 

Die Meckinghöver, Beckumer und Döttelbecker Markgenossen überließen 1636 den 15. Mai an die Eheleute Albrecht von Westrem zum Gutacker und Engel von Lipperheiden auf 25 Jahre für 25 Thlr. Species einen Zuschlag in den Marken, und am 6. Juni für eine (nicht genannte) Summe Geldes "in ihren äußersten Nöthen, als sie mit wirklicher militari execution dazu zum höchsten angestrengt worden, welches Geld sie zur Durstenschen Contribution verwandt und ausgegeben", ein Orth Grund bei dem Postkamp; 1637 den 14. Februar leihen die B. Beckum und Becklem "in ihren höchsten ausgestandenen Nöthen zur Erhebung schwerer Kriegslast, zur nöthigen Kontribution" von Johann von Giesenberg 31 (163) Rthlr. und überlassen ihm dafür zum Gebrauche die ganze Riedt zwischen Vorkmans und Rickmans Behausung zu Henrichenburg. – 1639 den 7. Mai leihet die B. Beckum von Eheleuten Vinzenz Otto Bürgermeister der Freiheit Horneburg und Anna Kath. Uphoff 50 Rthlr., "welche sie zu schwerer auferlegter Kontribution verwandt." – 1640 den 20. April leihet die B. Meckinghoven von Hermann Huxel im Overdorf 20 Rthlr. "zur Abstattung der Bauerschaft Schuldigkeiten wegen hessischer Kontribution zu Dursten."[33]

 

Im März 1683 waren die Kaiserlichen abgezogen, kehrten jedoch schon im Juni zurück. Am 20. September 1641 endlich entriß der kaiserliche Feldmarschall Graf von Hatzfeld den Hessen Dorsten; diese und ihre Verbündeten machten 1642 den Versuch, die Stadt wieder zu nehmen, jedoch ohne Erfolg.[34] Bei ihrem Heranrücken flüchteten die Bewohner des Dorfes und Kirchspiels Datteln ihre Habseligkeiten auf das Schloß Löringhoff, 163 Familien. Dem wachthabenden Soldaten mußte für jede Kiste 1 Rixort gegeben werden, für geringfügigere Sachen nach Unterschied weniger.

 

Die Kontributionen nahmen ihren Fortgang. Monatlich mußten die Gemeinden an beide Partheien ein Bestimmtes liefern. Sie waren aber so vollständig ausgesogen, daß die Bauern aus eigenen Mitteln die Abgaben nichtr mehr zu leisten vermochten. Die Bauern von Beckum und Becklem wenden sich 1642 an die adeligen Herrn Interessenten der Meckinghöver Marken, mit der dringenden Bitte, eine Anleihe von 60 Rth., die sie unter Verpfändung von Markengrund bei Eheleuten Joh. Klaverkamp, Bürgermeister zur Horneburg, und seiner Frau Greite gemacht, zu genehmigen. "Nachdem die monatliche Kontribution und Kriegssteuer an beyden Kaiserlichen (164) und Hessischen Seiten dermahlen sich gehäufet und aufgeschwollen, daß ihnen dieselbe aus ihren Privatmitteln zu zahlen nicht möglich, derohalben wofern sie liggen pleiben und der scharffen militärschen Exekution geübricht sein wollen, etwas Behülf aus der Gemeinheit zu suchen sie genöthigt seien."

 

Die Adeligen geben ihren Consens mit dem Bemerken: "wan den uns Allen die hohe und große Noth leider genugsam bekannt ist und wir den beträngten Leuthen aus christlichem Mitleiden allen Vorschub und Behülf, auf daß sie wohnen pleiben mögen und nicht gar verweichen müssen, zu leisten genöthigt sind." Wie man sieht, wurde die Convention vom Dezember 1636 nicht mehr beobachtet. – 1642 den 10. März überläßt die B. Meckinghoven dem Evert Sonntag in Henrichenburg ein Ortgen Markenlandes zum Gebrauche für geliehene 4 Dlr., welche sie an die Kaiserlichen Kontributionen verwandt."[35]

 

Wie die an den Meckinghöver Marken betheiligten Bauerschaften, so werden auch die übrigen für dieselben Zwecke Geld zu leihen gezwungen gewesen sein. Alle befanden sich ja in derselben drückenden Lage und Noth. Und wie die Gemeinheiten ihre Marken, so mußten außerdem die einzelnen Bauern ihre Höfe mit Schulden belasten, um die Kontributionen zu zahlen, um das von der militärischen Execution ihnen abgenommene Vieh wieder einzulösen, um die allernothwendigsten Reparaturen am Hause vorzunehmen, oder um das zum Haushalte und zur Bewirthschaftung des Hofes unentbehrlichste Vieh zu beschaffen. Bloß aus den Rechnungen und alten Obligationen des Kirchen- und Armenfonds lassen sich für die Jahre 1619-1651 im Ganzen 44 Fälle aufführen, wo Einwohner hiesiger Gemeinde aus genannten Fonds Geld aufnehmen, manche zu verschiedenen Zeiten. Darunter (165) sind 19 Höfner und 6 Kötter. Der höchste Betrag, welcher auf ein Mal geliehen wurde, sind 62 Dlr.; die größte Zahl der Obligationen (27) hat eine Darlehnssumme von 20 Dalern und darunter bis zu 5 Daler herab. Dieser Umstand aber scheint uns so recht deutlich die große Noth zu offenbaren, daß die Leute über diese geringfügigen Summen notarielle Schuldurkunden ausstellen, indem sie klagend es gestehen, "daß sie bei dieser großen Theuerung und Kriegszeiten, bei dem jetzt stets laufenden schweren Kontributionswesen, bei diesen bekümmerten Zeiten und Kriegsleiden, bei diesen geldkümmerlichen Bauernzeiten sobald nicht wissen das Geld zurückzuzahlen." Zinsen konnten sie weder in Geld noch in Korn zahlen; deshalb wurde meistens den Gläubigern ein Grundstück bis zur Abtragung der Schuld (jure antechreseos) in Gebrauch gegeben. Im Ganzen haben Kirchen- und Armenfonds im genannten Zeitraume 928 Dlr. ausgeliehen. Unter den Obligationen befinden sich jedoch nicht wenige, welche als fromme Legate für die Kirche, besonders für die Armen cedirt waren.

 

Philips von Driebern leihet 1644 den 8. Juni von Bernt Lute 5 Dlr. "die zur Kontribution und seines Hauses Nutzen verwandt"; 1649 den 30. December von Diederich Imenkamp 20 Dlr.; 1650 von Henrich Schnetker in Datteln 12¼ Dlr. Diese Kapitalien wurden den Armen geschenkt. 1645 den 23. Juli stellt Dietherich Ensbergh mit seiner Frau Anna Zunskohl für die Kirche eine notarielle Obligation aus über 50 Daler, "welche sein seliger Vater Henrich zu Behuf der Kontribution und Relaxation [Strafnachlassung] seiner abgenommenen Bestialitäten erhalten", und gibt 2 Scheffel Landes auf dem kleinen Enßberg zum Unterpfand. Johann Möller in Natrop hat 1645 den 23. April von Agnes Schminckhoven 5¼ Daler erhalten, welche diese den Armen vermacht. Unter demselben Datum stellt er den Armen eine Obligation über 6 Daler (166) aus. "Er habe vom Armen-Provisor Johann Schnetker 2 Malder Roggen gekauft und sei ihm den Kaufpreis von 6 Reichsthalern schuldig geblieben. Schnetker habe dieses Geld im Herbste 1644 in einer schweren Krankheit den Armen geschenkt; da er aber bei dem jetzt stets laufenden schweren Kontributionswesen nicht die Macht habe zu zahlen, so stelle er den Schuldschein darüber aus."

 

Henrick Schulte zu Wermelinckhoff Kirchspiels Waltrop, Bauerschaft Holthausen hat "bei dieser immerwährenden Trangsaligkeit, wo er vor und nacher an seinen Bestialitäten und sonsten großen Schaden gelitten, zur Unterhaltung seines unterhabenden Hofes" 1641 den 21. Juli von Eheleuten Goswin und Henrica Rive 90 Reichsthaler geliehen; 1648 den 28. März leihet er abermals 50 Rthlr.[36]

 

Im Jahre 1646 hatte die Geistlichkeit des Vestes wieder darunter zu leiden, daß sich die kaiserlichen Soldaten an Unterthanen des Landgrafen, Beamten und Prädikanten, vergriffen hatten. Es wurde ihnen eine extraordinäre Kriegssteuer als Wiedervergeltung auferlegt. Der Betrag ist nicht genannt. Ihre Bittschrift um Schonung wurde abschläglich beschieden. Die Landgräfin Wittwe Amalia Elisabeth schrieb d.d. Kassel den 21. April 1646 zurück: "Daß weillen Sie durch des Gegentheils angestellte übermäßige unbillige prætensiones [Vorwände] zu der den Geistlichen auferlegten Extraordinari [außerordentlichen] Schatzung gleichsamb genöttigt worden, selbige auch der Soldatesca zu ihrem nothwendigen Unterhalt albereits angewiesen, in dero Vermögen nicht ist, solches zu ändern, sondern müssen demselben vor diesmal seinen ungehinderten Lauff lassen." – Am 20. April 1646 erhielten der Pastor und sämmtliche Vikare der Stadt Recklinghausen von den Hessen den Befehl zugestellt, binnen 8 Tagen (167) bei Strafe der Execution 100 Reichsthaler Kriegskontribution zu zahlen. Sie supplicirten und klagten ihre große Noth: "Nun weiß Gott, daß ihm ahn Zahl 5 oder 6 persohnen alhie residirenden Geistlichen Keiner mittel zu leben haben, angesehen mehrentheilß unser mittglieder zumahl Keiner Geltrenthe (darob sonsten bey diesem wehrenden Kriegh auch nichtz bezahlt wird) sondern nur wenig Kornfrüchte pillig genießen sollen, welche jährlichs von den contribuirenden colonis zumahl einbehalten werden oder die Gütter wüst liggen, also daß schir alß Betteler bey unseren freunden und verwandten und sonsten schemeler weiße [in beschämender Weise] uns beim leben erhalten müßten." Es half ihnen nichts; nicht einmal Ausstand erhielten sie. Die Execution nahm ihren Fortgang. Am 6. Mai schickten sie das Geld an den hessischen Receptor in Koesfeld Jodocus Simmers. Obendrein hatten sie noch 8 Rthl. Unkosten wegen der Execution und anderer Sachen. Pastor in Recklinghausen war seit 1643 Segerus Waldbeck. Zu den 100 Rthlern mußten 13 Geistliche, welche Benefizien an der Pfarrkirche inne hatten, in folgender Weise beitragen: der Pastor 14 Thlr.; Franz Westerholt 12, Kremer sen. 12, Middeldorf 12, Kremer jun. 10, Thüsinck 6, Schawenburg 3, Auverdunck 4, Theile 3, Rieve 13, Pastor Horneburgensis 5, Pastor Gladbecensis 3, und Johannes Schlüter[37] 3 Thlr. – Im Mai 1648 wurde der Clerisei zu Recklinghausen von der hessischen Regierung eine Kontribution von 60 Reichsthalern auferlegt.[38] Die traurige Lage des Landes und insbesondere der Geistlichen erhellt auch aus der vom Pastor Theod. Thiel zu Datteln 1644 bewirkten Union der beiden einfachen Benefizien ad Ss. Amandum et Stephanum zu einer Curat-Vikarie. Sie wurde genehmigt, "weil durch die Kriegsbedrängnisse (168) und trübseligen Zeiten die Einkünfte der Pastorat so sehr geschmälert waren, daß es dem Pastor fernerhin unmöglich sei, auf eigene Kosten einen Kaplan zu unterhalten; weil aber aus demselben Grunde die beiden Beneficiaten, ein Jeder von seiner Stelle allein, nicht standesmäßig leben konnten."

 

Ueber den weiteren Verlauf der Kriegsereignisse, insofern sie das Vest betreffen, sei noch kurz nach Evelt und Schneider a.a.O. und nach örtlichen Quellen Folgendes bemerkt. Um die Mitte Juli 1646 durchzog der französische Marschall Türenne das Vest. Er zog an Horneburg vorbei, die Aecker auf seinem Wege überall verwüstend. Als aber die Besatzung von Horneburg seiner Arriere-Garde in den Rücken fiel, kehrte er wüthend wieder um und verbrannte die Burg und die Freiheit Horneburg, am Tage des h. Apostels Jakobus, den 25. Juli; darauf zog er weiter nach der Mark. Bei dieser Gelegenheit sind auch alle Briefschaften der Kirche und Pastorat verbrannt.[39]

 

Trotz Abschluß des Westfälischen Friedens am 24. October 1648 hörten die Drangsale noch nicht auf. Die Schweden erhielten als Abfindung 5 Millionen Thaler aus 7 Kreisen, wovon auf das Kurfürstenthum Köln über 170,000 Gulden fielen. Die Landgräfin von Hessen Amalia Elisabeth erhielt 600,000 Thaler aus den Stiftern Mainz, Köln, Paderborn, Münster und Fulda, und sie besetzte die festen Plätze und das Land bis zur Abbezahlung. Im März 1649 wurden auch noch zwei schwedische Kompagnien ins Vest verlegt und auf die Dörfer und Bauerschaften vertheilt; in Datteln lag der Rittmeister Friederich Damme. Ende März kamen noch 3 Kompagnien hinzu und blieben trotz aller Remonstration [Einwendung] des Kurfürsten. Das Land mußte sie unterhalten; täglich mußte das Vest 234 Thlr. hierzu aufbringen. "Zur Tilgung der (169) der Bauerschaft Bockum auferlegten Kontribution und Schaden" hatte Bernt Lute 1648 den 24. November 30 Reichsthaler geliehen.[40] Die Hessen forderten noch die rückständigen Kontributionen. Um diese beizutreiben, wurden von den Schweden den Leuten Pferde und Kühe gepfändet. Im August wurde eine Kompagnie nach Westfalen verlegt und Anfang September die zweite. Zuletzt mußte das Vest noch 2000 Thaler in kurzer Zeit als seine Quote zur Abbezahlung der schwedischen Kriegsentschädigung aufbringen. Als das geschehen war, hörte endlich, Anfangs September 1650, die Einquartierung auf.

 

Der Chronist von Ahsen schreibt also über die letzten Ereignisse: "Anno 1648 den 24. October ist der langgewünschte und gemein und langweilig [langwierig] verhandelte Friede der ganzen Christenheit auf dem Reichstage zu Münster triumphierlich beschlossen und beendet. – Anno 1649 im März sind die Schwedischen und Königsmarker Reuter hier ins Land gelegt und gelegen bis anno 1650 im September wo sie zu Recklinghausen abgedankt sind. Da hat man des Friedens Hoffnung erst entfangen [empfunden] und genosen."

 

Die Gemeinde Datteln hatte aber noch lange an den Folgen des Krieges zu leiden. Der Wohlstand war zerrüttet, ganze Höfe standen leer, waren ohne Bewohner, die Aecker verwüstet, der Viehbestand gering. Die größten Höfe hatten am meisten gelitten. Die Besitzer mußten wieder Geld leihen, um den Hof in bessern Stand zu setzen. Selbst geringe Summen konnten sie in kurzer Zeit nicht zurückzahlen, aber auch die Zinsen vermochten sie nicht zu zahlen, weshalb sie den Gläubigern einzelne Grundstücke zur Benutzung verpfändeten. Johann Schemke hatte dem Henning Schroer in Meckinghoven 35 Thlr. geliehen und dafür ein Scheffel Saatland in Unterpfand erhalten; 1651 verlangt er das Geld zurück, (170) kann es aber nicht wiederbekommen. Dieser Schroers- (später Bienen-) Hof war Ende der 80. Jahre desselben Jahrhundertes lange Zeit hindurch nicht mit Leuten besetzt. – Diderich Ensberg und seine Frau Anne leihen 1652 von Jürgen Hülsmann in der Hegen Bsch. Hachhausen 20 Thlr. Sein Sohn Diderich leihet 1653 "in seinen höchsten angelegenen Nöthen" von Johann Lechtenfeld 24 Thlr. und verpfändet ihm eine Wiese zum Gebrauche; 1662 wiederum von demselben 10 Thlr.; 1665 abermals 26 Thlr., und verpfändet ihm die Kalberwische. Die Gemeinde war dem Hause Löringhof 200 Thlr. schuldig geworden; am 19. September 1652 übernimmt sie ein Kapital von 175 Thlrn., welches Löringhof der Kirche schuldete. Im Jahre 1633 nämlich in Cathedra Petri [Petri Stuhlfeier (18. Januar)] hatte die Wittwe Fridag zum Löringhof, Katharina geb. von Bodelschwing von der Kirche Geld zu 5 % aufgenommen, um damit eine Schuld von 150 Thlrn. mit aufgelassenen Interessen zurückzuzahlen, welche ihr sel. Mann von Henrich Rensinck, kurkölnischer Richter in Recklinghausen, "zu Behufs Vestischer Landschaft" geliehen und als seine eigene Schuld anerkannt hatte. Jene Schuld der Gemeinde an die Kirche besteht noch, bekannt unter dem Namen "Quadengeld."[41]

 

Die Eheleute Wilhelm und Anna Rensman in Markfeld rechnen am 1. August 1655 mit ihrem frühern Schäfer Johann Böcker aus Schumachers in Pelkum Hause ab und bleiben ihm 37 Thlr. schuldig. Böcker wollte diese Summe in ein Mal erlegt haben, "was ihnen aber bei diesen beschwerlichen Zeiten unmöglich sei." Sie stellen deshalb einen Schuldschein aus und versprechen, die Summe in 6 Jahren und Terminen, aber ohne Zinsen, zurück zu zahlen. Die Zahlung ist aber schlecht erfolgt; 1658 gibt ihm Rensman eine Kuh für 6 Thlr. weniger 1 Ort [¼ Thaler], im folgenden Jahre 2 Thlr. 1663 am 28. Januar verspricht (171) er von Neuem, 8 Thlr. zu zahlen und damit bis zur Tilgung fortzufahren, oder Zinsen zu geben. Im Jahre 1670 hat er 14 Thlr. und 3 Blamüser gezahlt.

 

Es haben Geld geliehen von der Kirche und den Armen [Armenfond] zu Datteln "in ihren höchsten Nöthen" in den Jahren 1650 Letman in Hagem 23 Thlr. 23 stbr.; 1651 Siman 30 Thlr., Kurrich 10 Dlr., Letman 30 Dlr., Frerich 31 Dlr., Kötter im Huxel 25 Dlr., Dreischhoff 10 Dlr., Martmann in Suthem 6 Dlr., 1659 Höbbeler 12½ Dlr., Dreischhoff 8 Dlr., Heinkhold in Leven 10 Dlr. – 1662 Quinkenstein 10 Dlr., 1663 Breuckmann in Klostern 7 Dlr., 1664 derselbe 20 Dlr., Kessen in Meckinghoven 20 Dlr., Dreischhoff 5 Dlr., Strunk 6 Dlr., 1665 Abenhard 20 Dlr., 1666 Breuckman 20 Dlr., 1669 Hülshoff 10 Dlr. – Im  Jahre 1654 klagt Breuckman in Klostern seinem Gutsherrn von Quadt auf Löringhof, "er sei durch das verderbliche Kriegswesen und durch das Absterben seiner Pferde und Bestialien in solche Armuth gerathen, daß er mit Weib und Kindern den Bettelstab ergreifen müßte; der Herr möchte ihm noch einmal zu zwei Pferden verhelfen und ihm deshalb erlauben, zwei Scheffel Landes, worauf ihm Imenkamp 40 Thlr. leihen wolle, jure antechreseos [zum Gebrauchsrecht] zu versetzen." Der Gutsherr bewilligte es.

 

Groß Honacker bei Vogelsang war mehrere Jahre unbesetzt. In den Lagerbüchern des Hauses Löringhof heißt es für die Jahre 1650-1653 in Betreff der zum Gute gehörenden Bauernhöfe:

"Schürmann, liegt dreisch und ist das Geld vor den Weiden zur Kontribution verwandt.

Schulte Rüping in Natrop: dieser Hof ist verdorben und ist das Land an folgende verpachtet usw.

Gragen Hof in Hagem:[42] ist 1651 an Henrich Brünninghaus und Frau ad dies vitæ [auf Lebenszeit] verpfachtet [verpachtet] für 43 Dlr., und ist dieser Hoff viel deswillen so liderlich verthan, (172) dieweilen das Haus eingefallen und die dazu gehörenden Ländereien von den Nachbarn zu Behuf der Kontribution ganz und gar ausgemergelt.

Ohm: liegt wüst und haben einige Inhaber von Ländereien 7 Scheffel Roggen bezahlt." Die übrigen nach Löringhof gehörenden Höfe: Goos und Bork in Hachhausen, Schmidt zu Wentrop und Siman in Markfeld restirten sehr viel an der Pacht.

 

Das Angeführte ist nur aus wenigen mir zu Gebote stehenden Quellen entnommen, gibt uns aber ein genügendes Bild von dem taurigen [traurigen] Zustande, in welchen die Gemeinde durch den 30 jährigen Krieg versetzt worden.

 

Im Jülich'schen Erbfolgekriege zwischen dem Pfalzgrafen von Neuburg und dem Kurfürsten von Brandenburg wurden auch in das Vest hinein Streifzüge gemacht. Der Herr von Löringhof versah sich mit Waffen, um  sich gegen die herumstreifenden Soldaten zu schützen. So heißt es in den Rechnungen: 1651 den 18. August für Pulver ausgegeben, als der Krieg im Märkischen Lande mit dem Fürsten von Neubergh gewesen, 1 Dlr. 5 Sch. 9 dt.

 

1652: der Oelschläger Heinrich hat mit Wachen verdient, als die Lotteringschen im Lande von der Mark waren, 2 Dlr. 10 Sch.

 

Durch Vermittelung des Fürstbischofes von Münster Christoph Bernard von Galen war im Februar 1665 zwischen den streitenden Partheien ein Vergleich geschlossen.[43] Im Juni 1666 kam der Kurfürst von Brandenburg durch Horneburg. Hierüber heißt es in einer Rechnung, welche die Freiheit bei den Landständen einreichte: Anno 1666 im Juni Sr. fürstl. Durchlaucht zu Brandenburg mitt seiner Hoffstaet und Leibgharde zu mittag in der Freyheit Horneburg gespeiset. Dochmahlen die Freyheit auf Befehl des H. Statthalters alle nothturfft zur Küchen und forage [Fourage – Pferdefutter] beyschaffen müßen. Dabey (173) dem Vogten zur Horneburg vom H. Statthalter befohlen worden, den Horneburgischen Freyheitsleuthen zu bedeuten, von den Verzehrungskosten nichtes zu fordern, sondern daß solche Kosten aus hiesiger Landschaftsmitteln bezahlt werden sollten, mit der versprochener Bezahlung aber biß dato (1677) ahngestanden, an allem gekostet 50 Rthlr. 45 stbr."[44]

 

§ 18.

3. Die Zeit der Kriege unter Ludwig XIV. bis zum österreichischen Erbfolge-Kriege 1670-1740.[45]

 

Das Land konnte sich von den Folgen des 30 jährigen Krieges nicht recht wieder erholen. Denn in den bald beginnenden Kriegen der Franzosen unter Ludwig XIV. gegen die Spanier, Holländer u. das deutsche Reich, von 1670-1690, hatte das Vest von den Invasionen, Plünderungen, Einquartierungen und Kontributionen bald der französischen, bald der Reichstruppen wieder entsetzlich zu leiden. Der Kurfürst von Köln Maximilian Heinrich und der Fürstbischof von Münster Christoph Bernard standen Anfangs auf Seiten Ludwigs gegen Holland, während der Kaiser Leopold und der Kurfürst von Brandenburg Friedrich Wilhelm gegen ihn waren. Der französische Marschall Türenne hatte Dorsten besetzt, der Kommandant der Stadt, Resnel 1673 operirte mit Erfolg gegen die Brandenburg. Kriegsmannschaften in der Grafschaft Mark. Die beharrl. Mahnungen des Kaisers vermochten endlich die beiden Bischöfe, im Frühling 1674 von dem französischen Bündnisse abzulassen und sich mit Holland zu vertragen. Die Franzosen zogen deshalb von Dorsten ab, um 1679 als Feinde zurückzukehren. Auch bei den eigenen Landständen hatte der Erzbischof wegen seiner unpopulären Partheinahme Opposition gefunden.

 

(174) In Datteln haben von 1671 an Truppen aller Partheien gelegen, wie aus den Tauf- und Kopulationsregistern hervorgeht. Es wurden hier copulirt vom Pastor Theodor Bürich (1666-1693) im Jahre 1671 den 23. August ein Soldat des holländischen Regiments des Grafen von Nassau; 1673 den 27. Juni ein Soldat von der Kompagnie (Cohorte) des Herrn von Reinartz; 1675 den 13. Juni ein münsterscher Soldat, 1676 den 18. Februar ein osnabrücker Soldat, den 11. April desgl. vom Regimente des Philipp Sigismund von Hugen, den 19. Juni desgl. unter dem Kapitain Berghausen, den 15. Mai ein Reuter des Bischofes Bernard von Münster unter dem Baron von Schade, den 28. October ein brandenburgischer Soldat vom Regimente Hundt; 1677 den 1. März ein osnabrücker Soldat unter Kapitain Berghausen, den 10. März fer. II. Paschæ (Ostermontag) ein Soldat vom Regimente des Grafen von Waldeck, den 25. April Holderig Jungermann, Kapitain des Grafen von Waldeck, mit Anna Maria Theresia von Pape, Wittwe des Majors Weren, den 13. Nov. ein kurkölnischer Soldat, 1679 den 5. März ein brandenburgischer Soldat unter dem Rittmeister Grafen von Hoen vom Regimente des Generals von Spaen, den 19. April desgl. vom selben Regimente, 1680 den 10. Juli desgl., 1683 den 25. Juli desgl. vom Regimente des Generals von Heiden, 1689 den 30. November wiederum ein brandenburgischer Soldat. Getauft wurden 1677 den 16. Februar ein Sohn eines brandenburgischen Soldaten vom Regimente von Horde und 1678 den 20. Januar abermals der Sohn eines brandenburger Soldaten. Am 11. Juli 1679 bei Sonnenaufgang fand man vor dem Armenhause der Kirche, das Glockenhaus gennannt [genannt], ein Kind ausgesetzt. Da die Eltern unbekannt waren, wurde es auf den Namen des Kirchenpatrons Amandus getauft und in Rücksicht auf die Aussetzung Sem zugenannt.[46]

 

(175) Die Anwesenheit der oben genannten Truppentheile in Datteln und Umgegend wird aus andern örtlichen Quellen[47] bestätigt und ergänzet. Zugleich werden sie uns auch einen Beweis von der argen Bedrückung des Landes liefern.

 

In Folge seiner Theilnahme am Kriege sah sich der Kurfürst von Köln genöthigt, eine größere Zahl Soldaten zu halten. Das Vest bekam eine bedeutende Besatzung zur Beschwerung der Einwohner. Sie lag besonders in den Städten Dorsten und Recklinghausen und in den Freiheiten Westerholt, Buer, Horneburg und Horst. Am 17. Mai 1671 schrieb der Statthalter des Vestes an Horneburg: "Laut Befehl des Kurfürsten sollen 2 Kompagnien zu Pferd von den an sich gebrachten lottaringischen Völkern, die eine Hälfte in der Stadt Recklinghausen, die andere in den 4 Freiheiten einquartiert werden auf Servis [Verpflegung durch den Wirt] nach der Servis-Ordonanz und zwar in der Freiheit Westerholt 21 Reuters incl. den Rittmeister, in Buer 23 incl. den Lieutenant, in Horneburg 18 incl. den Korporal, in Horst 5." Sie lagen in Horneburg einen Monat, Servis betrug für Jeden täglich 7½ stbr. Die mit oder ohne Verpflegung einquartierten, sowie die auf Execution abgeschickten Soldaten erlaubten sich allerlei Erpressungen. Dem Vogten zu Horneburg wurde ein Schreiben d.d. Wesel den 22. Dec. 1673 mitgetheilt: "Der Kurfürst habe mißfällig vernommen, daß die auf Execution liegenden Soldaten allerlei Excesse verüben u. den armen Unterthanen neben der Verpflegung noch täglich einen (176) Reichsthaler abpressen, befiehlt daher, daß den Exekutanten bloß Hausmanns-Kost und Trank oder statt dessen ein Reichsort [¼ Reichsthaler] solle verabreicht werden, dabey solle weder von dem Gubernatore oder andern Officiers noch von deren Bedienten einiger Beyschlag geschehen." Unter dem 15. Februar 1674 d.d. Köln erging folgender Erlaß des Kurfürsten: "die im Vest logirenden Officiers und Soldaten zu Roß und zu Fuß trieben die Unterthanen neben Hausmanns-Kost und Trank zu geben frisches Hammel-, Kalb- und Rindfleisch, Hüner, Gänß und genugsam Wein, Bier, Branntwein und sichere Tagegelder; das würde hiermit strengstens verboten. Diejenigen Offiziere, so dergleichen thäten oder ihren Soldaten gestatteten, sollten ihrer Charge verlustig sein und würden auch noch am Leib ernsthaft gestraft werden. Dem Statthalter, Gubernator zu Dorsten und den Kriegscommissarien würde befohlen, hierauf zu achten und zur Anzeige zu bringen." Am 14. Februar 1674 d.d. Kaiserswerth erließ der Kurfürst eine Ordre über Verpflegungskosten der kurfürstlich cöllnischen Cavallerie, per Monat: darnach:

 

Staab

 

Obrister 100 Rthlr. 12 Pferde

Obrister Leutnant 25 Rthlr. 8 Pferde

Obrister Wachtmeister 18 Rthlr. 5 Pferde

Audit. und Secret. 15 Rthlr. 2 Pferde

Adjut. 18 Rthlr. 2 Pferde

Veltscherer 12 Rthlr. 2 Pferde

Baucker 9 Rthlr. 1 Pferd

Trompeter 6 Rthlr. 1 Pferd

Profoß sambt seine Leute 12 Rthlr. 2 Pferde

          Summa 215 Rthlr. 35 Pferde

 

Compagnie zu Pferdt.

 

Rittmeister 40 Rthlr. 6 Pferde

Leutnant 18 Rthlr. 3 Pferde

(177) Cornet 14 Rthlr. 3 Pferde

Quartiermeister 11 Rthlr. 2 Pferde

Veltscherer 6½ Rthlr. 1 Pferd

3 Corporals [je] 6½ Rthlr. 1 Pferd

1 Trompetter 6½ Rthlr. 1 Pferd

Einspenniger [je] 3½ Rthlr. [insgesamt] 185½ Rthl. 53 Pferde

        Summa 301 Rthlr. 72 Pferde

 

Diese Verpflegungsordre wurde am 19. Februar dem in der Henrichenburg anjetzo commandirenden Officier vom Statthalter Grafen von Nesselrode zu Herten zur Nachachtung [Beachtung] mitgetheilt.

 

Im Januar 1673 war in Horneburg das Lippische Regiment einquartirt und mußte 6 Tage verpflegt werden, was 278 Rth. 33 stbr. Kosten macht.[48] Am 29. April 1673 stellen die Eheleute Heinrich Brinkmann und Kath. Kindermann zu Datteln, die aufm Kirchhoff an Ecken nägst der Scholen wohnen, der Kirche zu Datteln einen Schuldschein über 6 Daler aus, "die sie wegen des hochbeschwerlichen französischen Krieges in erster [nächster] Zeit nicht entrichten können." Am 15. Juni hat die Bsch. Meckinghoven von Hermann Gantenfort 6 Dlr. geliehen, "die sie theils wegen versäumtes Weinfahren von Rees, theils an die Werden (Wirthe) zu Dattelen verwandt und verpfänden ihm zum Gebrauche ein Kämpchen an Ickerschen Heiden."[49] Am 31. Dec. 1673 verpfändet Stoffer Schlüter in derselben Bauerschaft den Eheleuten Heinrich Rusche und Trine Hemmerde in Oberwiese seine Beckgänger Wiese für 30 Dlr., "die er zur Schatzung und Kriegsbeschwer und ander seiner Noth verwandt habe und die er in Kurzem nicht zurückgeben könne."

 

Laut Befehl des Kurfürsten erließ der Statthalter am 16. April 1674 die Verordnung, "daß die durchs ganze (178) Land zerstreut liegenden Reuters [Reiter] in die beiden Vestischen Städte Recklinghausen und Dorsten sollten verlegt werden"; das übrige Land mußte zur Verpflegung beitragen, "Horneburg solle auf 7½ Thlr. in der Kontribution täglich 1 Schilling und ¼ Hafer, zwei Viertel Hexel [Häcksel], auch in 10 Tagen 4 große Bausch oder Klapen Stroh nach Recklinghausen zur Wohnung des Einnehmers Horst anfangs auf 40 Tage liefern, bei Vermeidung militärischer Execution."

 

Im Sommer 1675 lagen münstersche Soldaten in unserer Gegend. Horneburg mußte auf mündlichen Befehl des H. Statthalters "an die monsterschen Völker unterm Commando des H. Barons de Wedell und Obristen Boerighuesen, welche aufm Burkamp zu Eßell im Jahre 1675 im Juni zu zwei mal etliche Tage campirt, beytragen 12 tonne bier und 2 Rth., 1000 Pfd. Brod zu 16 Thlr. 40 stbr. und 1 Scheffel Saltz zu 3 Thlr." Auch hat die Freiheit "anno 1675 an den Churbrandenburgischen Völkern, so nacher pommern marschiret, logiren und verpflegen müssen; die Verpflegung und waß sonsten beiyschaffen müssen, belaufft sich in Allem auf 150 Thlr. 21 stbr."[50]

 

Im November bezogen Osnabrücker, Lüneburger und Brandenburger im Vest Winterquartiere und blieben bis in den Sommer 1676 hier liegen. Nachdem diese das Ländchen gebrandtschatzt hatten, kamen die Münsterschen und forderten schwere Kriegssteuer, so daß die Bauerschaften und die einzelnen Einwohner wieder gezwungen waren, Geld zu leihen. Am 8. November 1675 wurden vorläufig "von der osnabrückische Arttollery [Artillerie] und zwar Compagnien zu Fuß" 400 Mann auf das Vest vertheilt. Horneburg mußte 2 Mann bis zum 16. Februar 1676 verpflegen.

 

Bald kamen noch mehr von den Osnabrückern und Brandenburgern, die bis fast Ende Mai 1676 blieben. (179) Auf Christtag 1675 war der Montecuculische Regiments-Stab in Horneburg einquartirt und verursachte 110 Thlr. 30 stbr. Kosten. Von 1. Februar bis 11. Juni 1676 mußte die Freiheit 2 Bagage-Pferde der Spanier unterhalten, auf Befehl des Statthalters, "da er von dem Churbrandenburgischen Obristleutnant Freiherrn von Heiden ersucht sei, um die von dem Spanischen Regiment gestern und diesen Morgen aus dem Clevischen hiehin ins Vest angekommenen 2 Kompagnien zu Pferde bis zu ferner Verordnung allhie durchs ganze Land einzuquartieren, so soll Horneburg 2 Bagage-Pferde erhalten." Herten, den 1. Februar 1676. Auf Pfingsten 1676 mußte Horneburg eine Compagnie zu Pferde von dem Ellerschen Regimente 6 Tage lang verpflegen, "der dadurch erlittene Schaden beläufft sich auf 110 Thaler 37½ stbr."

 

Die Klagen über Bedrückung werden immer lauter. Eine extraordinäre Schatzung wurde ausgeschrieben. Am 1. December 1675 theilte der Statthalter den Beschluß der Stände mit: "demnach zur Abwendung deß anjetzo disem bedrückten Lendlein augenscheinlich bevorstehenden Schadens und gentzlicher ruin in höchster Eyll einige Gelder beibracht und bezahlt werden müssen, Und den auf dem heut gehaltenen gemeinen Vestischen Landtag einhellig resolvirt und beschlossen, daß deß Endts ein Vierter Theill der Contribution innerhalb zehn Tagen eingefordert ....  werden solle, usw."[51]

 

Henrich Benterbusch in B. Klostern ist dem Joh. Möller in Hagem für ein ihm abgekauftes Pferd 10 Dlr. schuldig geblieben. Dieser schuldet den Armen in Dattelen eine gleiche Summe. Da stellt jener den Armen am 6. October 1675 einen Schuldschein über 10 Dlr. aus, "da er in dieser betrübten Bauernzeit sie nicht zahlen könne." 1676 den 12. Februar erklären die Meckinghöver Markgenossen (180) vor Notar Liphaus in Plankermans Hause, "wie daß sie bei diesen beschwerlichen und kümmerlichen Zeiten sowohl von den Oßnabrügischen Fußvölkern Einquartierungen als auch von den Brandenburgischen Einquartierungen Reuterey Verpflegung ganz außgemergelt worden, die Markgenossen weiters keine Mittel sähen, wenn nicht bei einem oder anderem auf die Meckinghöver Marken ein Stück Geld möchte aufgenommen werden; sie hätten sich zu Johan Poeßkemper in Borghagen, der ein Wischenplatz [eine Wiese] in Besitz hätte, begeben und ihn gebeten, noch ein Stück Geldes vorzuschießen, was er endlich auf vieles Bitten zugesagt, wenn die Grundherrn ihren Consens gäben." Dieses geschieht, der Kellner H.Fabritius unterschreibt: Hunc actum nomine Serenissimi ob hoc calamitosum opus ratifico.[52]

 

Am 20. März 1676 leihet die Bsch. Meckinghoven von den Eheleuten Vincenz Wember und Elis. Middeldorf in Horneburg 50 Daler, "bei gegenwärtig churbrandenburgischen und lüneburger ohnerträglichen Einquartierung, mißwachsenen Jahr und geldklemmenden Zeiten" und "da ihre Mittel nicht erlauben, solche in Eill wieder beizubringen", stellen sie zum Unterpfand "ein Wieschengrund in der Torfheiden." Am 8. April gibt die Bsch. Döttelbeck dem Melchior in Oberwiese ein Orth aus der Gemeinheit zu Weidegrund in Gebrauch für geliehene 35 Daler, "die sie zur Abstattung ihnen bei gegenwärtigen so churbrandenburgischen als fürstlich osnabrückischen Einquartierungen aufliegenden großen Kriegsbeschwer hinwieder verwenden müssen und in diesen beschwerlichen geldklammernden und benauten [notleidenden] Zeiten aus Gemeinheitsmitteln sobald nicht ablegen können."[53]

 

Am 13. April nimmt dieselbe Bauerschaft von Johann Köster an der Klünnemehr 30 Daler auf "in ihren schweren Nöthen zu Behuf jetziger schwerer lüneburger (181) und brandenburgischer Einquartierung und vielfältig laufenden Kontributionen."[54]

 

Zu demselben Zwecke leihen am 2. Mai die Kötter in Borghagen 16 Dlr.,[55] am 15. Mai die Bsch. Meckinghoven 15 Dlr.[56]

 

Am 30. October 1676 bekennen die Bauern von Meckinghoven, daß sie früher von Herrn Diederich von Quadt, Herrn zu Flamesheim, Thumberg, Ickern und Tyllen, 30 Dlr. aufgenommen; daneben habe ihnen nun von Quadt "in ihren höchsten Nöthen, da ihnen bei jetziger Invasion der Münsterschen Völker unterschiedlich Executanten kostbahrlich über den Hals gezogen, noch 50 Dlr. geliehen; sie aber hätten keine Mittel "bei diesen theuren geldkümmerlichen Zeiten, da sie bei vorgeweßener churbrandenburgischer und fürstlich lüneburger Einquartierung bis auf den äußersten Grund ausgeäßet, diese ahnsehliche Summe aus dem Ihrigen zu zwingen," so wollten sie die 30 Dlr. auf gewissen Tag zurückzahlen, für die 50 Dlr. geben sie ihm die Ickersche Heide neben Gantenfort und Loburg auf 40 Jahre zur Plaggenmaet.[57]

 

Es hatte nämlich der Bischof von Münster Christoph Bernard seine Truppen eigenmächtig im Veste Recklinghausen einquartiert; hier trieben sie über 24000 Thaler ein.[58] Im Dezember 1676 kamen wieder Brandenburger, welchen bald die Kaiserlichen (Graf Waldecksche Völker) nachfolgten. Am 6. December waren in Datteln 1300 Soldaten auf 2 Tage und Nächte mit 100 Wagen und 5 Geschützen, außerdem 2 Kompagnien Reiter und 300 Pferde von der Cavallerie im Quartier; sie wurden geführt von dem brandenburgischen Rittmeister Hundt und dem Oberlieutenant Heiden.[59] Hundt hatte später sein Standquartier in Waltrop. Zur Unterhaltung der Truppen u. Aufbringung der Kontributionen wurde 2½ Schatzung (182) ausgeschrieben. Horneburg zahlte an den Rittmeister Hundt in Waltrop laut Quittung desselben für die Monate Dec. 1676 und Jan., Februar, März 1677 je 18 Rthlr. Von Recklinghausen aus erging unter dem 6. Jan. 1677 der Befehl des Röm. Kays. Majestät Feldt-Kriegsbesteller-Obercommando gez. Ferdinand von Sturm zu Veheinger an die Freyheit und Flecken Horneburg; ob der im Vest einquartierten Kaiserlichen Völker zehn portiones jede monatlich ad 3 Rthlr. und 1 Rthlr. Servis vom 1. November bis letzten April zu Händen des Cassirers Reinerus Brouer in Recklinghausen zu zahlen, unter Strafe militärischer Execution. Am 24. Januar 1677 kam der Befehl: "Horneburg soll zu des Obristen Küchen morgen ohnfehlbar ½ Ohm Wein [69 l], ein Stück Rindvieh, einen gutten Hammel, 6 Schinken und 20 Pfd. Butter einliebern [einliefern]." Vom 2.-15. April mußte die Freiheit "einen Führer mit bei sich habenden 5 Mann mit gehörigem Quartier und Nothtürftigen unterhalten und versehen" laut Befehl d.d. Westerholt den 2. April 1677 von "Bourgstorff, Röm. Kayserl. Majest. unter dem hochgräflichen Wallonischen Regiment zu Fuß bestallter Obristwachtmeister." Und "weilen die Freyheit 30 Rthlr. zur ausgeschriebenen Schatzung schuldig geblieben, sollen zwei von dieser zugleich auf Execution verlegt werden, welche nach Kaiserlicher Ordinanz sollen verpflegt werden." Es waren auch 3 Weiber dabei.

 

Am 24. Februar 1677 war "ein Fähnrichs Junge mit Pferd" auf Execution nach Horneburg gelegt, bis die ausstehenden 4 Schatzungen gezahlt seien. Der Soldat erhielt neben Kost und Futter für sein Pferd täglich ½ Rthlr., er blieb bis zum 16. März. "Da wegen der vielfachen Einlagerungen von Kaiserlichen und Brandenburgern in Winterquartieren Horneburg durch Geldanleihen in Schulden gekommen" wurde durch Beschluß der Bürger vom 21. Januar 1677 eine Mahlsteuer eingeführt: (183) jeder Bürger sollte von dem, was er zur Mühle brächte, von jedem Scheffel Roggen einen Stüber, von einem Malder Malz 3 Stüber, und von einem Scheffel Weizen 2 Stüber geben, die Hausleute aber die Hälfte."

 

Am 25. April verkaufen Bürgermeister und Churgenossen der Freiheit erblich an Eheleute Vincent Bencke und Anna Wenber in der Horneburg ein Stück Gartenland für 36 Richsthaler 3 Richsort, "dieweil sie in Geldnoth gekommen bei dieser Churbrandenburgischen Reuterey und Graf Waldeckschen Regiment zu Fuß und sonderlich bei Einlogirunge des Herrn Obrist-Lieutnant Baron Ulrici ohnerträglichen Winterquartierungen verwendeten Geldes." Dieser Ulrici kam am 2. April mit Bagage, 6 Dienern und 8 Pferden; er wurde dem Johann Schlüter ins Haus gelegt, "der ihm das ganze Haus schier einräumen" müssen und 3 Betten. Vom 14. April an auf 2 Wochen kamen noch hinzu ein Munsterschreiber [Schönschreiber, Kalligraph], ein Fourier, 2 Fourierschützen, 3 Weiber und eine Magd. Am 22. April forderte der Obrist den Bürgermeister auf, für seine Pferde Hafer zu beschaffen. Welche Kosten Ulrici der Freiheit im Monat Mai bis zu seinem Abgange verursacht hat, das ist zu ersehen aus folgender "Designation wegen der freiherrl. graf Waldeckischen aufgelaufenen Kosten vom 1. Mai bis lesten [(Monats)letzten] anno 1677."

 

"Des Grafen von Waldeck seine Knechte und Pferde allhier verzehrt 2 Rthl. 17 stbr.

Item 2 Schinken 1 Rth. 48 stbr.

Item an baron Ulrici geben müssen vom 1. bis 8. Mai alle Tage 1 Rth. 15 stbr. [insgesamt] 8 Rth. 45 stbr.

vom 8. bis lesten alle Tage ein Ducat und 2 Schinken zu jeder 1 Rth. 2 stbr. [insgesamt] 49 Rth. 12 stbr.

Alle Woche ein fett Kalf 2 Rth. 20 stbr.

f. sein Logement alle Woche 1 Rth. 30 stbr. [insgesamt] 6 Rth. 20 stbr.

Item 4 forrierschützen, 3 Weiber, Munsterschreib., 4 Knechte, alle Nacht Schlafgeld (184) 1 stbr. in Summa 6 Rth. 12 stbr.

Item alss baron Ulrici seynen Abscheidt genohmen, ihm auf die reysen müssen mitgeben 6 schenken zu 2 Rth. 37 stbr.

Summa Summarum 79 Rth. 21 stbr.

 

Auch für den Winter 1677/78 sollten Kaiserliche Truppen im Vest Winterquartiere beziehen. Um dieses abzuwenden, hatten die Vestischen Landstände 20000 Thlr. bewilligt und den Kurfürsten ersucht, eine extraordinäre Kopfsteuer ausschreiben zu dürfen. Dieser genehmigte es und befahl am 27. März 1678 dem Statthalter, die Hälfte alsbald einzufordern und "an die in Westfahlen liggende Kaiserliche Völker um desto balder Zahlung zu leisten, damit sie dorten bleiben mögen, sonsten dieselbe an die Vestische Landschaft zu deren großen Beschwer zu assigniren." Am 3. April erging der Befehl an die Vorsteher der Gemeinden, binnen 8 Tagen diese Hälfte dem Vestischen Einnehmer Horst einzuliefern, unter Strafe der Militär-Execution. Diese wird aber, wie bei Henrichenburg, so auch bei den meisten andern Gemeinden erfolgt sein. Am 13. Juni erhielt der zu Westerholt liegende kurkölnische reformirte Lieutenant von Gulp den Befehl, acht seiner Leute auf Execution nach Henrichenburg zu schicken; er selbst aber solle mit seinen übrigen Leuten bis zur Abbezahlung in Horneburg bleiben.[60]

 

Im Jahre 1679 wurde die Bedrückung noch ärger. Brandenburger und Franzosen lagen im Veste. Die Unsicherheit nahm zu. "Am 12. April wurden die Kirchensachen vom Pastor und den Kirchmeistern von Datteln per Wagen nach Dortmund zum Kloster in Verwahrsam gebracht;[61] erst 1688 im Februar wurden sie wieder zurückgeholt. Geldanleihen wurden gemacht, Kontributionen über Kontributionen ausgeschrieben, um sowohl die Fremden (185) als auch die einheimischen Soldaten zu unterhalten, und da es den Gemeinden immer beschwerlicher wurde, selbe rechtzeitig zu zahlen, wurden sie unnachsichtlich durch Militär-Execution beigetrieben. Im Mai wurde "in Behuf des brandenburgischen General-Lieutenants Freiherrn von Spaen" eine Kontribution ausgeschrieben. – "Der in Wesel liegende französische Commissar Fonmort habe von der Vestischen Landtschaft 7000 Rthlr. prätendirt. Die unumgängliche Notturft erfordere es, in Abschlag derselben eine volle Kontribution alsbald und in der Art auszuschreiben, daß selbige zum allerlängsten nächst künftigen Freitag, den 7. dieses Monats unfehlbar und zur Verhütung der sonst einer jeden Stadt, Freyheit, Kirchspiel und Pauerschaft unausbleiblich bevorstehender französischer scharffer Militärexecution bezahlt werden müsse." Befehl des Statthalters vom 2. Juli 1679.[62] Diese Kriegssteuer betrug 2¼ Schatzung und machte für die Gemeinde Datteln 668 Thlr., für Horneburg 31½ Thlr. Die Stände des Vestes sahen sich genöthigt, am 25. Juli 10000 Rthlr. aufzunehmen, "um die gänzliche Verwüstung und Ruin des Vestes abzukaufen, welche die französischen Truppen unter dem Kommando des Gen.-Feldmarschalls de Crequi, durch welche sie schon mehrentheils verdorben seien, angedrohet hatten, da das Vest nicht mehr im Stande sei, ein solche Summe aufzubringen."

 

Am 21. Juli wurde auf dem Vestischen Landtage beschlossen "zur Abwendung der von den Franzosen hart angedrohten militär. Execution soll alsbald eine Vihlige Contribution ausgeschrieben werden, damit dadurch der vorhandene Aufbruch der Franzosen befürdert werde, sonst hätten sie erklärt, daß sie selbst die Execution vornehmen würden." In Folge dessen mußten täglich 5 Kühe aus dem ganzen Land geliefert werden; die Franzosen hatten vor Recklinghausen und im Kirchspiel Dorsten Lager.[63] (186) Am 9. December leihet die Bsch. Meckinghoven von Johan Sontag von der Henrichenburg 10 Dlr., "die sie zur brandenburgisch. Einquartirung verwenden müssen." Am 20. December leihen die Bsch. Beckum und Becklem von den Eheleuten Tilman Hassenkamp und Anna Serges 55 Dlr., "die sie wieder zu der brandenburgischen Einquartirung und die französische Lager zu Hillen verwenden müssen.[64] In den Städten Dorsten und Recklinghausen, und in den Vestischen Freiheiten lagen die kurkölnischen Soldaten im Quartier. Horneburg mußte vom 6. Juli 1679 an auf 6 Tage 25 Mann beköstigen; vom 19. August bis 4. September "von des Oberstwachtmeisters de Kienn einen Fendrich [Fähnrich] mitt bei sich habenden 24 Mann"; vom 17. Sept. bis 14. December "von des Obristen Lieutenants de Clene Kompagnie 54 Personen mit Weib und Kindern." Man rechnete für jede Person täglich 10 Stüber. Vom 14. December bis 20. Mai 1680 mußte es "die nöthigen Servisen beschaffen vor 12 Mann mit Weib und Kindern im Ganzen 19 Persohnen, täglich je 3¾ Stüber, = 187 Dlr. 37½ stbr.; desgl. vom 18. Mai 1680 bis 29. April 1681 für 6 Soldaten.[65]

 

Im Mai 1683 wurde wiederum eine volle Schatzung als Kontribution ausgeschrieben. Am 27. Dezember 1684 kamen brandenburgische Soldaten vom holsteinschen Regiment zu Fuß auf ihrem Marsche von Cleve nach der Mark in Horneburg an. Hier wurden sie von einem Herrn von Wersabe ohne Vorzeigen einer Ordre vom Statthalter einquartiert. Die Bürgermeister der Freiheit, Vinzenz Klaverkamp und Wilh. Plankermann, hierüber entrüstet, requirirten [forderten an] den Notar Werner Wulff und trugen ihm auf, sich mit zwei Zeugen zum von Wersabe zu begeben, die Vorzeigung der Ordre zu verlangen und eventuell gegen allen ihnen zugefügten Schaden, Kosten usw. zu protestiren und über den Hergang ein Protokoll aufzunehmen. (187) Wersabe gab zur Antwort, "es sei einem Kavalier vom Lande schimpflich, die Ordre von ihm zu fordern und herauszugeben; er habe selbe vom Statthalter, verweigere sich aber, copiam [eine Kopie] herzugeben." – Diese Soldaten lagen am 27. und 28. December in Horneburg, auf 40 Häuser vertheilt, im Ganzen 326 Personen, darunter 51 Weiber und 44 Kinder.

 

Nach dem Kopulationsregister lagen die Brandenburger 1689 noch in Datteln und in den andern Gemeinden des Vestes, ebenso auch münstersche Soldaten. Im Juli zogen diese fremden Truppen ab. Der Kurfürst hatte angeordnet, daß 200 Mann aus dem Veste sollten ausgehoben, montirt [eingekleidet] und in die Städte Dorsten und Recklinghausen nach Abzug der brandenburgischen und münsterschen Völker gelegt werden, um diese Städte vor unvermutheten feindlichen Ueberfällen zu bewahren. Die Landstände beschlossen, daß auf je 20 Thlr. in der Kontribution ein Mann sollte ausgehoben und gestellt werden; da aber dieser Verordnung nicht überall nachgekommen war, beschloß der Landtag am 7. September, die Freiheiten, Dörfer und Bauerschaften, welche ihren Mann nicht gestellt, sollten durch Execution dazu angehalten werden, statt des Mannes 8 Rthlr. für die Montirung zu zahlen.[66]

 

Im April 1693 marschirten brandenburgische Völker nach Ungarn. Im März 1695 wurde abermals eine extraordinäre Kontribution ausgeschrieben, "um die Kosten für die Verpflegung der dem Veste zugewiesenen Artillerie-Pferde und für die monatlichen Portionsgelder der dazu gehörenden Personen aufzubringen."[67]

 

Die Bauernhöfe unserer Gemeinde waren immer mehr mit Schulden belastet worden. Von Ensbergs Hofe in Hachhausen waren im Jahre 1721 im Ganzen 46 Scheffel Landes versetzt und in den Händen der Gläubiger. (188) Brinkmanns Hof an der Lippe in der Bsch. Natrop war so verkommen, daß nicht die geringste Hoffnung war, er könne von dem Besitzer wieder in guten Stand gesetzt werden. Dieser hatte seit vielen Jahren keinen Gewinn mehr bezahlt. Der Hof war ein Domkapitelshof und gehörte zum Reichshofe Oer. Bereits 1644 hatte ein Sohn, dem der Hof zufiel, Diderich mit Namen, aus Scheu vor der drückenden Last "bei wehrendem Kriege" zu Gunsten seines Bruders Johann und dessen Frau Kath. Hofstedden auf den Hof verzichtet und war freiwillig weggezogen. Am 18. Juli 1695 wurde der Hof auf dem Wedemhofe in Datteln (d.h. in der Pastorat) von Neuem meistbietend verpachtet und dem Goswin Christoph von Neuhoff und seiner Frau Christine Margaretha geb. von der Mark, Herrn und Frau zu Rauschenburg, zugeschlagen.[68] In den Schulddokumenten wiederholen sich die Klagen über "geldkümmerliche und schlechte Bauernzeiten" bis tief ins 18. Jahrhundert hinein.

 

Im Jahre 1735 lagen hier wiederum fremde Truppen, Ensberg stellt dem Hüser in Redde am 30. Januar eine Obligation über 30 Thlr. aus, "da er bei diesen beschwerlichen Kriegseinquartierungen das Kapital nicht zurückzahlen könnte." Es war dies preußische Einquartierung. Sie lag im ganzen Veste und steht im Zusammenhange mit dem neuen Kriege gegen Frankreich, in welchem Friedrich Wilhelm I. den Kaiser Karl VI. unterstützte, u. mit dem Streite um die Jülich'sche Erbfolge."[69]

 

§ 19.

 

4. Im österreichischen Erbfolgekriege 1740-48 stand Frankreich gegen Oesterreich auf Seiten des Kurfürsten von Baiern Karl Albert, dem auch sein Bruder der Kurfürst von Köln Clemens August zu Hülfe kam. Das Jahr (189) 1740 endigte mit einem äußerst strengen Winter. Vom 30. December an stieg die Kälte immer mehr. Die Bäume barsten, wie die Datteler Chronik berichtet, unter furchtbarem Knallen, das Vieh in den Ställen war ganz weiß. Die Lippe war vom 8. Januar bis 14. April 1741 zugefroren. Der Winter währte bis in den Mai hinein; am 8. Mai fiel noch eine große Menge Schnee. Viel Hornvieh kam durch Kälte, noch mehr durch Futtermangel um. Manche Leute warfen das Stroh von den Dächern dem Vieh als Futter vor. Im März trat auch Fruchtmangel ein. Das Malder Korn[70] stieg zu 10-11 Thlr. Doch hörte die Theuerung mit der glücklich beendigten Ernte auf. Im Herbste 1741 kamen die Franzosen über den Rhein, besetzten Westfalen und bezogen Winterquartiere. Am 11. November lagen 2500 Mann im Veste, in Buer, Westerholt, Dorsten u. Recklinghausen. Alle Einwohner des Vestes mußten wöchentlich zwei Mal Lebensmittel aller Art nach den Quartierörtern abliefern; jedoch mußten die Franzosen Alles bezahlen und sie bezahlten gut.[71] Auch war man mit ihrem Betragen wohl zufrieden; sie hielten strenge Mannszucht, wie 1742 den 13. Februar Pastor Koene von Datteln schreibt, er bemerkt aber, daß man wünsche, bald von der Einquartierung befreiet zu werden.[72] 1743 kam die feindliche Parthei ins Vest. Unter den Truppen müssen auch Hessen gewesen sein. Man hatte das Verfahren derselben zur Zeit des 30 jährigen Krieges noch nicht vergessen und jetzt große Angst vor ihnen. Unter dem 12. März 1743 schrieb ein gewisser Schoras aus Recklinghausen an den genannten Pastor Koene, der damals Vestischer Commissar war:

 

(190) " Dahier wird von den anrückenden Völkern furchtsam gesprochen, dabei gesagt, als wäre es andem, daß alle geistlichen Bischofsthümer säcularisirt oder profanirt werden sollen. 1648 haben die Hessen übel gehauset; ich lese, daß der zeitige [damalige] Verwalter alle Einkünfte dem hessischen Commissario hat liefern und berechnen müssen. Gott bewahre uns, daß dergleichen Zeiten nicht wiederkommen. Die vorsagenden Gäste seiend Bundgenossen deren von bald einer Art."

 

§ 20.

5. Der siebenjährige Krieg 1756-1763.

 

Größer waren die Leiden, von welchen das Vest durch den 7 jährigen Krieg getroffen wurde. In diesem Kriege war Frankreich im Bunde mit Oesterreich, während Braunschweig und der König von England (zugleich Kurfürst von Hannover) mit Friedrich II. König von Peußen [Preußen] hielten.

 

Im April 1757 rückten die französischen Truppen von Dorsten her nach Recklinghausen und Umgegend. Hier blieben sie 14 Tage liegen, worauf sie über die Lippe zogen. Sie nahmen Alles ohne Umstände weg, was sie für sich und die Pferde gebrauchen konnten. Von Hühnern blieb fast nichts übrig. Offiziere und Gemeine raubten die Pferde aus den Ställen. Täglich wurden von den Bauern Wagen und Pferde requirirt, die nach 6-8 Tagen, oft auch erst nach ebensoviel Wochen zurückkehrten. Viele Fuhrleute ließen Wagen und Pferde im Stich, um ihr Leben zu retten.[73]

 

Um Ostern des J. 1758 kamen die Franzosen auf ihrem Rückzuge wieder durch Datteln und blieben hier zwei Tage liegen. Sie nahmen aus dem Dorfe Leute mit nebst Brettern und Wagen, um Brücken zu schlagen. Ihnen folgten die Braunschweiger, welche Kontributionen (191) ausschrieben. Das "königliche britanische und Churbraunschweigisch-lüneburgische Feldcommissariat" befahl unter Strafe der Militär-Execution, daß vor dem 11. April 15000 Scheffel Hafer, 5000 Sch. Roggen und 7000 Centner Heu aus dem Veste nach Lünen müßten geliefert werden. Diese Lieferung wurde auf die Gemeinden in der Weise reparirt [aufgeteilt], daß auf jeden Thaler der Schatzung 3 Scheffel Hafer, 1 Scheffel Roggen berl. Maaß und 10 Bund Heu à 10 Pfund fielen.[74] Die Bauern sahen sich wieder genöthigt, Geld aufzunehmen. Rensmann in Markfeld lieh 34 Thlr. von der Kirche; dem Nethövel in Pelkum hatte Heinr. Brinkmann "zu jüngst vorhergegangener Lieferung an Heu, Hafer und Roggenmehl wegen Churfürstl. hannöverscher und alliirter Armee" theils an Korn theils an Geld 35 Thlr. vorgeschossen. – Darauf blieb das Ländchen eine Zeitlang verschont, bis Mitte August, wo einige Regimenter Hannoveraner von Düsseldorf herkamen, um Haltern zu nehmen. Sie lagerten auf dem Dattelner Brock; das Dorf mußte Brod liefern. Der Kommandant befahl, schnell Brod zu backen, da noch mehrere nachkämen. Das traf auch ein. Die Franzosen rückten heran, ihre Avantgarde lagerte in Meckinghoven, Horneburg und Suderwich. Die Hannoveraner zogen über die Lippe, während die Franzosen im Veste blieben. Sie lagerten bei Recklinghausen und Bossendorf; zu Flaesheim, Ahsen und Datteln standen Observations-Corps, welche die Lippe bewachten. In Horneburg blieb die Avantgarde 8 Tage, worauf sie nach Lünen zog. Die Soldaten nahmen von Aeckern und Wiesen, was sie fanden; demnächst raubten sie aus den Häusern. In Datteln wurden Sicherheitswachen ausgestellt und von jeder Hausstätte die Lieferung von ½ Scheffel Hafer täglich angelobt, in der Hoffnung, daß man so das Stroh noch behielt.[75] In Folge mannigfacher (192) Klagen über Ungebühr und extravagante Forderungen von Seiten des französischen Militärs erklärte der Oberbefehlshaber Marquis de Contades in einem Schreiben, das er unter dem 24. August aus dem Feldlager bei Dorsten an die kurkölnische Regierung erließ, daß nur nach vorhergeschehener Anweisung an die Ortsobrigkeit und gegen Bescheinigung den Soldaten Victualien geliefert usw. Ausschreitungen aber sowohl bei Offizieren als bei Gemeinen, wenn ihm solche angezeigt würden, strenge sollten bestraft werden.[76]

 

Auch die benachbarten Territorien mußten zur Verpflegung der Truppen beitragen. Im August lieferte die Herrlichkeit Bodelschwing-Mengede in's Lager bei Recklinghausen 1017 Rationen Heu a 12 Pfd., und 890 Rationen Hafer. Dieses hatte nach damaligem Marktpreise, den Scheffel Hafer zu 2 Thlr. und 1000 Pfd. Heu zu 10 Thlr. gerechnet, einen Werth von 418 Thlr. 40 stbr. Auf Befehl des commandirenden Generals Baron von Dryhern mußte sie in das Lager der sächsischen Truppen bei Castrop 650 Infanterie-Rationen (Werth 325 Thlr.) liefern.[77]

 

Am 29. September setzten die Franzosen über die Lippe und überrumpelten das bei Bork stehende holstein-gottorpsche Korps und zerstreuten es.[78] Bei ihrem Abzuge aus Datteln am 15. October forderten die Soldaten noch von jedem Bürger ein Malder Roggen und Hafer. Sie verließen das Vest und rückten in die Grafschaft Mark ein nach Hamm und Lippstadt, und um Allerheiligen zogen sie über den Rhein in die Winterquartiere. An Geld hatte das Vest 12000 Thaler aufbringen müssen.[79]

 

Nach dem Abzuge der Franzosen wurde unsere Gegend von den jenseits der Lippe lagernden Hannoveranern gebrandschatzet. Fast täglich kamen Patrouillen und ganze (193) Kompagnien, oft drei nach einander, herüber und erpreßten von den Landleuten Victualien und Geld; manche blieben auch längere Zeit. Hierüber wie auch über die Bedrückungen in den folgenden Jahren, 1759-1762, finden sich ganz spezielle Nachrichten im Archiv zu Horneburg. Die "churfürstliche Freiheit Horneburg" reichte bei der Vestischen Statthalterei eine spezifizirte Berechnung der Kosten ein, welche die verschiedenen Einquartierungen sowohl der Gemeinheit als auch den einzelnen Einwohnern verursacht hatten. Alle erboten sich, die Angaben eidlich zu erhärten. Es sind 4 Rechnungen; drei geben den Schaden und die Kosten an, welche die großbritanische alliirte Armee in den Jahren 1759/60, 1761 und 1762 der Freiheit gebracht, und ein [eine] enthält die Kosten der französischen Invasion im Jahre 1761.

 

Sie geben uns ein anschauliches Bild von den unsäglichen Plackereien, welche das Land hat ausstehen müssen. Was von Horneburg gilt, das gilt in gleichem Maaße zunächst von der Gemeinde Datteln, von welcher Horneburg fast ganz eingeschlossen ist. Diese Freiheit hatte damals 42 Haushaltungen. "Anno 1759 den 29. Januarii Ist das hochgräfliche schaumburg lippische Carabinier und Jäger Corps zu Fuß nemblich 60 Carabiniers und 80 Jäger dahier Eingerücket, welche von der Freiheit Horneburg Elff Tage lang kostbahrlich verpfleget werden und schier alle Einwohner diesen des Tages zweimahl nebens Bier und Brandtwein den Coffee anschaffen müssen, alß setzen gering für jeden man täglich 20 stbr. fc. [facit – macht] in elff Tagen 513 Thlr. 20 stbr. Diese seient den 6. Juny erst aufgebrochen und auf Dortmundt marschiret, folglich 128 Tage gelegen, und nicht allein Tag und Nacht, wohe in den Häußern logirt gewesen, sondern auch in den stallungen, wohe die pferde gestanden, Kein Licht außgehen lassen, die macht, alß setzen gering, ob zwaren auf Unterthänigstes Suppliciren [Bitten] deren Einwöhnern täglich ein sechzehntel (194) K. olij [Lampenöl] und etwah Holtz aufm Lande angeschaffet, so hat doch Keiner so wenig mit dem olij alß Holtz, weilen solches meistens von den HH Officiers und zur wachen weckgenommen, auch nuhn und dan außgeblieben, alßo die halbe Zeit nichts bekommen, weniger das Essen für die einquartirten Kochen können, geschweige daß öffentlick daß gemüeß auß allen gartens gehohlet und gäntzlich von allen ledig gemacht, p. man gering 2 stbr., fc. vor 140 man in 128 Tagen 597 Thlr. 20 stbr., obschon täglich angeworben und alß abmarchiret über 30 man stärker geweßen." Die Hauptwacht war bei Peveling; außerdem waren Wachtstuben bei Adolph Schenke und in der Schule. Die Gemeinde mußte diese in Stand setzen und erhalten, auch Kohlen, Holz, Stroh und Fusel für die Wache liefern. "Den 11. Febrarii alß das Bier auffgegangen 2 man beym Bürgermeister umb solches zu schaffen auf Execution gelegt." "Den 5. May seint auß Haltern vom H. Hauptman Scheiter 150 man dahbey dahier eingerücket und biß den 14. alßo 9 tage verplieben; den 24 May seient die leibgrenadiers ad 50 man von Sr. hochgräfl. schaumburg lippischen Exell. dahier eingerücket und biß den 6. Juny alßo 13 tage verplieben."[80]

 

Im August 1759 lagen Franzosen unter Cambefort in Horneburg. Laut Befehl vom 11. August mußte die Herrlichkeit Bodelschwing-Mengede 80 Cavallerie-Rationen Hafer und Heu und 300 Pfd. Fleisch dahin liefern. Dieselbe Landschaft hat ferner geliefert an das Korps des General-Lieut. Marquis d'Armentieres, welches bei Lünen stand, auf Befehl vom 24. September, 918 Rationen Hafer und 878 Rat. Heu a 18 Pfd. (Werth 468 Thlr. 8 stbr.); an den Kapitain de la Fitte Caupenne, der mit 100 Volontairs [Freiwilligen] vom 26. October bis 28. November in Mengede lag, 1591 complete Rationen Hafer und (195) Heu, 420 Gebund Stroh, 2361 Pfd. Fleisch und 31 Pfd. Hammelfleisch, welches zusammen mit andern Verpflegungskosten für Bier, Brod und Wein einen Werth von 1058 Rth. 26 stbr. hatte. Außerdem erpreßte derselbe Kapitain unter den heftigsten Bedrohungen noch 144 Rthl. baares Geld. An das Regiment de Beaufremont in Castrop sollten auf Befehl vom 5. Nov. 3000 Cavaller. Rat. Hafer und Heu geliefert werden. Die Herrlichkeit lieferte 1326 Rat. Hafer und 1278 Rat. Heu à 18 Pfd. (Werth 675 Thlr. 2 stbr.); der Rest wurde auf inständiges Anhalten nachgelassen.[81]

 

Jetzt kamen die preußischen Verbündeten wieder in unsere Gegend. Am 12. October 1759 hatte der Oberstwachtmeister von Bülow Dorsten überrumpelt und es den Franzosen entrissen.[82] Am 3. Nov. kamen 8 hessische Husaren nach Horneburg und forderten von der Gemeinheit 800 Rationen Hafer. Beim Bürgermeister blieben sie liegen. Dieser mußte ihnen Wein, Brantwein, Kaffee, Sucker, 38 Kanne Bier, einen trockenen Schinken von 17 Pfd., 2 halbe Schweinsköpfe, 14 Mettwürste, 4 Hühner, eine fette Gans, Butter und Brod geben; Brantwein und Würste nahmen sie noch mit. Einem Unteroffizier und einem Gemeinen mußte er noch ein neues Hemd geben. Anfangs December zog die alliirte Armee durch unsere Gegend. Am 2. lagen in Horneburg c. 320 Mann theils Infanterie theils Husaren, und mußten von den Einwohnern verpflegt werden. Diese kehrten am 6. zurück und machten einige Tage Halt. Zugleich kam ein anderes Kommando auf 21 Tage; am 27. rückten Soldaten vom Scheiterschen Korps ein, die 16 Tage blieben. Bei Durchmarsch (am 2. Dez.) hatte Pastor Cremer einen Wacht- und Quartiermeister, einen Feldchirurg, einen Husar, 1 Marketender und 2 Knechte im Quartier; (196) diese kehrten am 6. zurück. Vom 14.-17. Dezember mußte er 4 Jäger bewirthen und ihnen seine Stube einräumen. Berndt Behlers hatte am 2. und 6. Dez. 8 Mann kostbarlich verpflegen müssen, und von den Hessischen noch 5 Mann 2 Tage lang. "Bei dem großen Durchmarsch sei ihm für mehr als 1 Thlr. Brod abgezwungen; dan haben ihm selbige einen Sabell aufm Rücken in Zwei geschlagen, welchen dabey annoch bezahlen müssen mit 1 Thlr. 20 stbr." Kaufhändler Joh. Henr. Möller klagt, "daß ihm zwei junge Hengstpferde aus dem horneburgischen Busche von den Englischen hier passirten Truppen entrücket seien, deren Eines zu Recklinghausen an Jürgen Henningfeldt für 6 Thlr. verkauft, welche diesem obruckgeben müssen, anderes aber um keine 40 Thlr. verkauft hätte. Diese habe er 4 Tage verfolgt. Auch sei ihm ein Korb mit Bienen weckgenommen und des Majors Medell seine Bedienten hätten ein Beschlagradt von seiner Karr genommen, für welches, daß zu Lünen obrückbekommen, 1 Thlr. 30 stbr. geben müssen."

 

Fortwährend das Jahr 1760 hindurch kamen Patrouillen von der Armee der Alliirten, die von den Vorstehern auf Kosten der Gemeinheit verpflegt werden mußten. Horneburg hatte hierfür vom 6. April bis im November 74 Thlr. 48 stbr. verausgabt. Am 21. Mai kam ein Kommando hessischer Husaren dahin, welche 8 Tage auf dem Brock vor der Freiheit lagerten. Jeder Einwohner mußte einen Mann verpflegen, "wofür zwar täglich 1 Pfd. Fleisch und 1½ Pfd. Brod geliefert würde, doch müßten sie Bier, Brantwein, Sucker und Kaffee geben, und alß sie das Geld hierzu nicht beibringen können, haben die Vorsteher es aufgenommen, 42 Thlr. 45 stbr."[83]

 

(197) Um Michaelis 1760 kam der Erbprinz Ferdinand von Braunschweig mit 30000 Mann bei Recklinghausen an und zog weiter nach Wesel und Rheinberg, um diese den Franzosen zu entreißen. Seine Anstrengungen waren jedoch vergeblich und er hielt es für gerathen, für den Winter nach dem Münsterlande zurückzukehren.[84] Vom 28. Sept. bis 26. Oct. hatte Horneburg und Umgegend viel Einquartierung. Am schlimmsten war es am 26. Oct. beim Durchmarsch der Braunschweiger, wahrscheinlich auf ihrem Rückzuge nach dem Münsterlande; jeder Bürger hatte 8-12 Mann zu verpflegen. Fast Alle klagen auch über Gewaltthätigkeiten der Soldaten, und beim Abzuge fanden sie, daß ihnen verschiedene Sachen abhanden gekommen waren. Die Bauern der Umgegend mußten Spanndienste leisten. Diederich Stehman hatte außer 10 Braunschweigern "noch einige Bauern, so die Bagage gefahren, im Hause, welche von seinen ungedroschenen Früchten für mehr als 2 Thlr. verfüttert." Wilh. Bencke hatte 9 Braunschweiger und noch 8 Bauern und 2 Kühe so bewahren müssen."[85]

 

Den ganzen Winter 1760/61 hindurch mußte an die Armee der preußischen Alliirten, die im Münsterlande lagen, eine ungeheure Menge Heu, Hafer und Geld geliefert und Spanndienste geleistet werden.[86] Im Juni 1761 begannen wieder die Kriegsoperationen und das Vest hatte den übrigen Theil dieses Jahres von beiden Partheien schrecklich zu leiden.[87] Um Gewaltthätigkeiten abzuwenden, gab man den Befehlshabern der Truppen Geldgeschenke. So hat die Herrlichkeit Bodelschwing-Mengede "an geheimen Douceurs [Geschenken], um den angedrohten Plünderungen, Fourage-Lieferungen, Wegnahme der Pferde und Wagens usw. zu verhüten, denen bereits (198) arretirten wieder loszuhelfen, oder auch um gute Ordnung zu halten, denen Officiers Commissionairs und Trouppen vor und nach bezahlt in Sa. 244 Thlr. 25 stbr.". Andere erpreßten sich Geld. "Als den 25. Juni 1761 Mr. de Cambefort mit seinem Corps in die Bauerschaft Oestrich einrückte, hat derselbe den Vorsteher in Mengede, Joh. Henr. Kortnack, zu sich fordern lassen und ihm bedeutet, daß Falls nicht von dem Gericht ein Douceur von 100 Rthlrn. sofort ausgezahlt würde, er im Begriff sey, die härtesten Proceduren zur Hand zu nehmen." Das Geld wurde ihm gegeben.[88] Im Juli kamen einzelne Streifzüge von Kastrop, Bochum und Dortmund und raubten den Bauern alles Heu weg. Am 16. Juli kam eine Patrouille vom Fischerschen Korps nach Horneburg, "der dabey gewesene Wachtmeister hat vorgegeben, daß einen reitstock vermisset und deßwegen Bürgermeistern gezwungen, daß solchen mit 5 Thlrn. bezahlen müssen." "Am 22. Juli kam ein Kommando von Legion und 3 Kanne Brantwein, 2 Schinken und 2 ganze Brode liefern müssen."[89]

 

Zwischen den Truppen des Erbprinzen von Braunschweig und den französischen unter dem Prinzen von Soubise hatten an der obern Lippe und Ruhr vielfache Kämpfe stattgefunden. Am 10. August führte Letzterer seine Regimenter bis nach Bochum zurück, ging Tags darauf bei Grimberg über die Emscher und später bei Haltern über die Lippe in das Hochstift Münster.[90] Die Franzosen kamen in 4 Abtheilungen nach Recklinghausen und Umgegend. Der ganze Stimberg[91] war mit Soldaten besetzt; die Bauern mußten Heu und Hafer dahin liefern.[92] Ueberhaupt lag die ganze Gegend voll von (199) Soldaten; am 12. August mußte Heinrich Jochman in Klostern wegen der Kriegsunruhen (ob tumultum belli) sein Kinde nach Ahsen zur Taufe bringen. In Beckum Pf. Henrichenburg lag das Clermont'sche Regiment. Dahin mußten auf Befehl des Majors vom 10. August der Pastor Cremer ½ und Wilh. Bencke in Horneburg 1 Tonne Bier liefern. Am 11. war Einquartierung in Horneburg. Manche hatten eine ganze Kompagnie im Hause. Die Truppen waren von den Korps Soubise, Cambefort, Fischer und Conflans.[93] Nach etwa 8 Tagen zogen die Franzosen an verschiedenen Psätzen [Plätzen] über die Lippe ins Hochstift Münster; gegen Ende des Monats August standen sie zwischen Coesfeld und Münster, bei Schapdetten. Dieser Umstand wurde von den preuß. Alliirten benutzt, um sich der Stadt Dorsten zu bemächtigen, welche schon seit längerer Zeit wieder in den Händen der Franzosen war.[94] Am 29. und 30. August zog ihre Hauptmacht von Horneburg über Erkenschwick nach Flaesheim, wo der Erbprinz von Braunschweig bis zum 4. Sept. sein Hauptquartier aufschlug. Es wurde schrecklich gehauset: Heu Hafer, Roggen, Schafe, Kühe, Pferde, Alles wurde den Bauern weggenommen.[95] Am 29. August lag das Scheitersche Korps in Horneburg und zog dann weiter nach Dorsten. Diese Stadt war am 30. August von dem Obersten Huth mit 4000 Hannoveranern bombardirt und erobert worden. Daraufhin kehrten die Franzosen aus dem Stift Münster zurück und nahmen Dorsten am 3. Sept. wieder in Besitz. Das daselbst aufgestellte Scheitersche Korps sah sich genöthigt, sich nach dem Oberveste zurückzuziehen und kam am 4. Sept. wieder in Horneburg an. Der Erbprinz setzte am selben Tage bei Ahsen über die Lippe und führte seine Truppen ins Hochstift (200) Münster.[96] Was nun die Einwohner in dieser kurzen Zeit gelitten haben, davon gibt uns die "Designation der Freiheit Horneburg" ein Bild. Darin erklärt Pastor Cremer: "Am 29. August erst 9 Man Bäckers von den Scheiters Brod und Milch geben müssen. Darauf als Major von Scheiter mit seinem Corps dahier gekommen, habe 9 män Dragoner und grenadiers Frühstück, Bier und Brandtwein geben müssen; des mittags Hauptmann Ergensard, fähnrich Ludesen und ein Lieutenant die Taffel geben müssen, speiß und trank, 7 Knechte und Soldaten ebenmäßig, Nachmittags Coffee und fourage für 7 Pferde. Alß das Lager zu Flaesheim gestanden, sind meine 3 Gärten von der Hessischen unter dem Commando des Lieut. von Wurmbs stehenden escorte der dahier im Felde gelagerten bagage gäntzlich fouragiert und darahn die Heggen [Hecken] verdorben. Alß Major Scheiter von Dörsten retierieret, habe 2 mans Grenadiers ins Quartier gehabt und des Nachts essen und trinken geben müssen, Lieutenant von Veneman des Morgens Coffee Haubtman Blomberg mit einem fähnrich und Lieutnant Butter und Brod. Den 5. Sept. ist fähnricht Uethoff hannoversch Dragoner Regiment bey mich ins Quartier gekommen und dessen Knecht, welcher mir des Morgendts von meiner schlaffkammer ein paar neue schue mitgenommen." Aehnlich wie der Pastor klagen alle Bürger, daß ihnen aus den Gärten das Gemüse als "Kabbes, Erdäpfel und Fiekesbohnen mit den Stangen" weggenommen sei. Außerdem wurde den Meisten aus dem Felde und aus dem Hause Getreide fouragirt: dem Bernd Behlers 1½ Scheffel Lands Hafer; der Ehefrau Philipp Peveling ¾; den Erben Engelbert Spörkel 2 mit Gerste und 3 mit Hafer; dem Joh. Henr. Möller 3 mit Buchweizen und 5 mit Gerste; der Witib Wulff 2 mit (201) Hafer und 1 mit Gerste; dem Joh. Frerich Overbeck ½ mit Hafer; dem Joh. Diederichs Stehman 1 mit Gerste, 1½ mit Hafer und 1 Schffl. große Bohnen; dem Burgermeister Hemmerde 1 Schffl. Lands mit Gerste und 2 Fuder Klee. Körver klagt: "alß die Scheiters dahier gekommen, im Hause gantz voll gefallen und über 20 Kanne Brandtwein getrunken, ohne daß einen Heller bezahlt, und einen Kaffeekessel mitgenommen; eodem 20 Grenadiers im Quartier bekommen und verpflegen müssen, diesen Brandtwein gegeben und 10 Maß mitgenommen; auffm Felde fouragirt 1 Schffl Lands Hafer zu 3 Malder. Am 30. August 2 Reuters mit 1 Frau 3 Tage; am 1. Sept. musquetiers; eodem 2 Offiziers und 2 Prediger 3 Tage, und am 4. alß zurückgekommen an Brandtwein getrunken für 1 Thlr. 20 stbr., eine Kanne und 2 Hüner mitgenommen." Dem Amthaus-Scheffer [Schäfer] wurden 2 Schafe entwendet; ähnliche Klagen über Entwendungen bringen die Meisten vor.[97]

 

Nach dem Abzuge der preußischen Alliirten sogen die Franzosen die Gegend aus, so daß die armen Bauern fast in Verzweiflung geriethen. Die Wittwe des Diederich Plumpe auf dem Hofe Martmann in der Bsch. Hachhausen quittirte auf den Leibgewinn [Nutznießung auf Lebenszeit] und verließ den Hof, "weil sie aus Unvermögenheit und vorgewesenen Kriegstrubeln dem Hofe nicht mehr habe vorstehen können."[98] Am 5. Sept. 1761 lagerten die Franzosen bei Buer, Westerholt und Herten; am 9. zog die Avantgarde über Oer nach Waltrop, während die Hauptarmee bei Recklinghausen blieb, bis Ende September.[99]

 

Das Ausschreiben von Kontributionen, das Abfouragiren der Früchte aus den Gärten, vom Felde und aus den Scheunen sowie die Einquartierungen begannen von (202) Neuem. Vier Tage lang, vom 13.-16. Sept. lag ein Regiment in Horneburg, welches durch den Horneburger Busch Wege machte. Die Gemeinde taxirte ihren Schaden an Holz auf 368 Thlr. 30 stbr. Von diesem Regimente hatten 4 Tage lang 10 Bürger eine ganze Kompagnie, drei Bürger 100 Mann, andere 30 Mann im Quartier. Hausvogt Plankermann hatte 52 Mann, einen Kapitain und einen Lieutenant, welche ihm 3 Fuder Holz verbrannt; beim Pastor Cremer lagen der General de Bersson und noch ein anderer General mit ihren Pferden und Knechten, welche ihm ein gut Fuder Heu zu 3000 Pfd. und 3½ Schffl. Hafer abfouragirten. – Ueberhaupt war vom 9. Sept. an bis zum 4. October immer Einquartierung. Am 17. Sept. kamen rothe Dragoner, die bis zum 4. October blieben. Was die Braunschweiger in den Gärten gelassen hatten, das nahmen jetzt die Franzosen, ebenso das Getreide, als Hafer und Gerste, welches noch auf dem Felde stand, und aus den Häusern wurde Roggen, Weizen, Gerste, Hafer und Buchweizen, gedroschen und ungedroschen, ferner Heu und Stroh fouragirt. 21 Einwohner Horneburgs wurden in der angegebenen Zeit zusammen weggenommen an Roggen 6 Scheffel Landes geschätzt an Korn zu 12 Malder, an Gerste 11½ desgl. zu c. 30 Malder, an Hafer 22 desgl. zu 88 Malder; ferner 12000 Pfd. Heu. Den größten Schaden erlitten 5 Bürger, welche den kurfürstlichen Zehnten zu Becklem Pf. Henrichenburg, zu Erkenschwick Pf. Recklinghausen, zu Rapen und Hagem Pf. Datteln und zu Leveringhausen Pf. Waltrop gepachtet hatten. Denn die ganze Gegend wurde abfouragirt. Sie geben ihren Verlust an auf 35 Malder Gerste à 5 Thl. in Sa. 175 Thlr. und 70½ Malder Hafer à 4 Thlr. in Sa. 282 Thlr.

 

Die Gemeinheit hat noch "an die rothe Draguner und sonsten an die dahier gestandene Armee vor und nach liefern müssen 19 Malder und 1 Schffl. Haber, 3 Sack (203) mit gedroschenen, 92 Bund Heu à 20 Pfd., an die wacht und sonsten an strohe geliefert 954 Klapen, an Biestern 7 Kühe zwischen 15-18 Thlr., 1 Rind zu 10 Thlr., 5 schaafe à 2 Thlr., 2 Schinken so gewogen 13 Pfd. à 8 stbr."[100]

 

Als der General Duc de Coigny mit seinen Truppen bei Henrichenburg, und darauf bei Ewink und Horneburg gestanden, sind aus der Herrlichkeit Bodelschwing-Mengede dahin abgeführt am 12., 13. 25. und 27. Sept. 2298 Rationen Hafer und 1984 Rationen Heu (Werth 1123 Thlr.) ferner an das bei Recklinghausen stehende Corps des Generals de Chervert am 28., 29. und 30. September 1644 Rationen Heu à 18 Pfd. und 1230 Rationen Hafer (Werth 706 Thlr.)[101]

 

Gegen Ende September rückten die Franzosen wieder über die Lippe ins Münsterland, kehrten aber Ende October zurück und nahmen im Stifte Essen Winterquartiere. Durch unsere Gemeinde und Umgegend zog das Clermontsche Regiment und lag hier am 25. Oct. im Quartier, zur großen Beschwerniß der Einwohner. In Horneburg hatten von 30 Haushaltungen 6 das Haus voll von Soldaten, 3 eine ganze Kompagnie, die übrigen 21 zusammen c. 600 Mann im Quartier. Das Fouragiren und Stehlen von Hausgeräthen und Kleidungsstücken begann wiederum; wo Officiere lagen, nahmen die Bedienten das Tisch- und Bettzeug mit. Hecken, Zäune, Brücken, Schlagbäume, Thüren mit den Pfosten wurden abgehauen und verbrannt. Dem Heinrich Krip wurde der Schweinestall umgehauen und verbrannt, dem Herm. Lugge 3 Aepfelbäume und 3 Hauspfosten, eine Thür und 7 Bretter zu 150 Fuß, dem Körver 2 Schiebkarren [Schubkarren]. Dem Wessel Kiep, der das Haus voll von Soldaten hatte, "wurde der Giebel hinten am Hause in Stücke geschlagen, 3 fuhder (204) Stroh abgewerfet, verfüttert und gäntzlich vernichtet." Am 5. November mußte die Freiheit Horneburg 2½ Malder Hafer und einen Schinken nach dem Hause Ickern liefern.[102] Für den Winter 1761/62 war das Vest mit Einquartierung verschont geblieben, aber es herrschte große Noth, wegen Getreidemangel. Das Malder Roggen (4 Schffl) kostete 9, zuletzt 10 Thlr. Da ließ der Statthalter vom Rhein Roggen kommen, welcher das Malder zu 8 Thlr. 40 stbr. verkauft wurde.[103]

 

Im Frühjahr 1762 begannen wieder die Truppendurchzüge. Im April standen Franzosen in Horneburg: am 24. forderte ein Detachement Volontairs de Cambefort bei Strafe der Execution die Herrlichkeit Bodelschwing Mengede auf, 4½ Ohm Bier und 3 Kanne Brantwein nach Horneburg zu liefern.[104] Am 6. Mai hatte sich eine Kompagnie schwarzer Husaren[105] unter Kommando des Rittmeisters von Usedom auf Schulten Hof in Meckinghoven gelegt, welche in der ganzen Umgegend Kontributionen beitrieben. Vor den Thoren Horneburgs stand eine Feldwache, welche von der Freiheit unterhalten werden mußte.[106]

 

"Anno 1762 im Sommer, wie die schwartzen Husaren in Meckinghoven gestanden, ist ein Husar hier am Schulten zu Leveringhausen gewesen, so die Fourage, welche ausgeschrieben, abgehohlet; weil er der Husar nicht schreiben kunte, hat der unser Schulmeister dem Husaren aufgezeichnet wieviel rationen Haber er Entfangen; daß er diese Liste mitgenohmen, habe dem Husaren ein preußisch 20 ß. stück geben."[107] Am 25. Juni war die französische Armee von Wesel nach Schermbeck aufgebrochen; der Erbprinz von Braunschweig stand bei Buer und ging am (205) 18. Juni nach Horneburg, wo ein Lager bezogen wurde.[108] Hier blieb er bis zum 26. Juni. Das Lager war zwischen Horneburg und Meckinghoven; die schwarzen Husaren unter dem Kommando des Obersten von Jännertz lagerten im Horneburger Busche, gegen 800 Mann der legion Britannique mit vielen Weibern waren bei den Bürgern 6 Tage lang einquartirt. Der Erbprinz lag mit mehreren Offizieren auf dem Amthause; bei den Bürgern lagen c. 30 Offiziere mit 36 Knechten und 47 Pferden, 6 Tage lang. Schrecklich wurde während der Zeit daß das Lager bei Horneburg war, vom 18.-26. Juni, in der ganzen Gegend gehauset. Die Freiheit Horneburg allein hatte nach den Rechnungen einen Schaden von 4480 Thlrn. 7 stbr. Davon betrug der Schaden der Gemeinheit an Holz 2226 Thlr. 40 stbr. "item der Schaden so zu selbiger Zeit am Holtz auf dem Brock geschehen ist aufgenommen und gering angeschlagen zu 60 Thlr. item im Busch an umgepflanzte Heistern sind abgehauen worden zur nemblich Zeit ungefähr 200 stück, angeschlagen zu 66 Thlr. 40 stbr. Noch sind zur nemblichen Zeit abgehauen worden 50 Heistern von 1½ Fuß Dicke, angeschlagen zu 100 Thlr. item noch ungefähr 1600 stück Heistern abgehauen, welche ein Fuß Dicke aufm Stamm gehalten, abgeschätzt zu 2000 Thlr. Von obenbemeldten Heistern sind viele gebraucht worden zu einer Brücken, die andern aber alle verbrandt." – Die 39 Bürger der Freiheit berechneten ihren Verlust, den sie in Folge der Einquartierung, durch das Abfouragiren der Feld- und Gartenfrüchte und die Diebereien erlitten hatten, auf 2249 Thlr. 42 stbr. Besonders die schwarzen Husaren und die "leichten Truppen der englischen Legion (legion Britannique)" haben gestohlen wie die Raben und den Leuten aus den Häusern an Hausgeräthen jeder (206) Art, an Kleidungsstücken und Leinenzeug, was sie nur fanden und erhaschen konnten, weggenommen. Die Gärten wurden Allen, auch den Aermsten, ganz leer geplündert, und was nicht mitgenommen wurde, war zertreten und verdorben. An Feldfrüchten wurden 29 Bürgern im Ganzen 106 Scheffel Lands = c. 92 Morgen abfouragirt, nämlich 48½ Schffl. Lands Roggen, 11 desgl. Weizen, 20¼ desgl. Hafer, 16¾ desgl. Wintergerste, 4½ desgl. Klee, 2½ desgl. Erbsen, 1½ desgl. Buchweizen und 1 Scheffel Lands Bohnen.[109]

 

Am 26. Juni verlegte der Erbprinz sein Hauptquartier näher zur Lippe auf Hof Schönebeck in unserer Bsch. Bockum. Am 27. zogen die Alliirten über die Lippe nach Hamm und weiter nach Hessen. Dahin folgte ihnen die französische Armee. Sie kam aus dem Münsterlande und zog vom 18-21. Juli durch das Vest. Am 18. August stand ein französisches Corps wieder zwischen Oer und Horneburg. Dieses zog am 23. gegen Hamm, schoß die Stadt am 25. in Brand und kam am 30. über Lünen wieder in Horneburg an.[110] Bis in das Jahr 1763 hinein standen Franzosen in hiesiger Gegend. "Laut Befehl vom 23. Oct. 1762 mußte die Herrlichkeit Bodelschwing-Mengede an die französischen Truppen an Submissions-Geldern 877 Thlr. und gemäß Befehl vom 2. November an Fouragegeldern 559 Thlr. 37 stbr. 4 dt. aufbringen."[111] "Den 25. Dezember 1762 hat der Quartiermeister Emder von den baurischen Husaren annoch von der Bauerschaft Leveringhusen[112] gefordert 4812 rationen Haber, so habe auß Commission von die Bauerschaftsleuthe Ein tractament angestellt vor den Wachtmeister und Quartiermeister nebst zweien Frauen. Darauf dan verzehret 18 Kannen Wein per Kanne 30 stbr. facit 9 Thlr.; noch vor [für] den (207) Wachtmeister und seine Frau müssen holen lassen 1½ Maaß Wein zu 45 stüber, noch an schulten bezahlt 14 stbr., noch an Quartiermeister ein pfundt schnupftabak verehrt, daß er die Bauerschaft nicht weiter mögte mit der Einquartierung beschweren, fc. 22 stüber."[113]

 

Am 17. Februar 1763 zog eine Abtheilung baurischer Husaren von Oer nach Waltrop und Werl. Gleich darauf wurde der allgemeine Friede verkündigt;[114] der Hubertsburger Friede, geschlossen am 15. Februar 1763. Er machte aber den Opfern und Leiden noch nicht völlig ein Ende. Trotz Verschuldung, Armuth, Theurung und sonstiger Noth, welche die Commünen wie die Einzelnen drückte, mußten auch jetzt wieder die letzten Kräfte angestrengt werden, um die neuerdings verlangten Kriegskontributionen usw. abzutragen.[115]

 

Das Dorf Datteln hatte 762 Thlr. Schulden. Die Freiheit Horneburg[116] gibt in den oben erwähnten 4 Rechnungen den durch den Krieg sowohl der Gemeinheit als auch den einzelnen 42 Einwohnern erwachsenen Schaden, wie folgt, an, nämlich Schaden und Kosten verursacht von der

 

  1. großbritannisch alliirten Armee 1759 u. 60 in Sa. 2172 Thlr. 47 stbr.
  2. derselben anno 1761 in Sa. 529 Thlr. 14 stbr.
  3. derselben anno 1762 in Sa. 4480 Thlr. 7 stbr.
  4. franz. Armee anno 1761 in Sa. 3120 Thlr. 17¼ stbr.
                                            Sa. 10302 Thlr. 25¼ stbr.

 

Die Kriegskosten, "welche der Einmarsch der Kaiserlich-Königlich-Ungarisch und der Französisch-Pfälzisch-Sächsischen Truppen der Herrlichkeit Bodelschwing-Mengede" verursacht hat, betrugen laut der vom Receptor [Einnehmer] (208) Then Bergh geführten und von der königlich Preußischen Kriegs- und Domainen-Kammer zu Cleve rezessirten [abgeschlossenen] Rechnung 8894 Thlr. 46 stbr. 5 dt. Dazu kommt noch, "was die Eingesessenen in natura aufgebracht, wofür also ex cassa nicht vergütet worden, an Fourage-Rationen und Fleisch", 6687 Thlr. 14 stbr. 2 dt., macht im Ganzen 15582 Thlr. 7 dt.[117]

 

§ 21.

Die neuere Zeit.

 

Die französische Revolution brachte auch nach Datteln Emigranten, zwei französische Geistliche. Sie wohnten auf dem Domkapitelshofe Berger in Meckinghoven. Daselbst sind sie auch gestorben und in Datteln auf dem Friedhofe bei der Kirche begraben. Der eine, Franz Nicolaus Malraison, Pastor in Hampout Diözese Metz, starb am 3. Dez. 1794 im Alter von 59 Jahren; der andere, Philipp Franz Savary, Pastor von Cagnicourt Diözese Cambray, starb am 6. Januar 1797 im Alter von 52 Jahren. Im Jahre 1798 wurde ein dritter Emigrant, La Mourier, von der Commende Mahlenburg zur Celebrirung der h. Messe in der Hauskapelle daselbst aufgenommen.

 

Am 26. November 1802 hörte in Folge der Bestimmungen des Lüneviller Friedens die bisherige Landeshoheit des Kurfürsten von Köln auf und das Vest Recklinghausen wurde dem Herzoge Ludwig Engelbert von Arenberg zugesprochen. Die Arenbergsche Regierung nahm bereits im Jahre 1811 ein Ende. Ein Dekret Napoleons vom 25. Januar 1811 vereinigte das Vest mit dem Großherzogthum Berg. Jetzt hörte die alte Landesverfassung vollständig auf. Das (209) Vest wurde zum Arrondissement Essen geschlagen. Datteln, mit welchem Ahsen und Flaesheim, und Waltrop, mit welchem Henrichenburg und Horneburg zu einem Amtsbezirk verbunden war, wurden zu einer Bürgermeisterei (Mairie) vereinigt, und der Graf Max von Boenen zu Löringhof wurde als Maire eingesetzt. Dieser führte auch die Civilstandsregister. Das Polizei-Büreau wurde auf dem Gute Löringhof eingerichtet. Der seitherige Amtsführer von Datteln, Döbbeler, wurde zum Polizeidiener angenommen.

 

Nach der Schlacht bei Leipzig, nahm Preußen am 11. November 1813 das Vest in Besitz und es wurde vom Wiener Kongreß darin bestätigt. Durch Patent vom 21. Juni 1815 wurde das Vest definitiv mit dem preußischen Staate vereinigt.

 

Vom 4. bis 7. Januar 1814 lag in der Gemeinde ein Theil eines russischen Cavallerie-Regimentes, Petersburger Dragoner, im Quartier; Lebensmittel und Fourage mußten in die Magazine zu Essen und Dorsten geliefert, auch viel Vorspann geleistet werden. – Im November 1814 legte von Boenen sein Amt nieder und der bisherige Beigeordnete Reiff wurde zum Bürgermeister von Datteln und Waltrop angestellt. Als dieser am 1. Januar 1836 pensionirt wurde, erhielt er den bisherigen Beigeordneten Leppelmann zu Waltrop zum Nachfolger, der auch das Amtsbüreau dorthin verlegte. Im Jahre 1857 wurden beide Aemter getrennt und es wurde der Supernummerar [über die bestimmte Anzahl Angestellter] am Gerichte zu Lüdinghausen Wiesmann zum Amtmanne des Amtes Datteln mit dem Wohnsitze in Datteln ernannt.[118]

 

Auch in kirchlicher Hinsicht waren manche Veränderungen vorgegangen. Unter der Arenbergschen Regierung wurde in Recklinghausen ein Offizialat-Gericht (210) errichtet. Mit Consens des Kölner Domkapitels vom 24. Dezember 1804 wurde der seitherige erzbischöfliche Commissarius Vestanus Wesener Pastor von Recklinghausen unter dem 19. Januar 1805 mit einer geistlichen Gerichtsbarkeit betraut, bei deren Ausübung er jedoch den Rath zweier von der herzoglichen Regierung ernannten katholischen Rechtsgelehrten vorher einholen mußte.[119]

 

Duch die Bulle De salute animarum vom Jahre 1821 wurde der alte Diözesanverband des Vestes mit dem Erzstifte Köln gelöset, das Vest wurde dem Bisthume Münster als Landdekanat Recklinghausen einverleibt. Im Jahre 1864 wurde auch die historische Zusammengehörigkeit des Vestes in kirchlicher Hinsicht zerrissen. Durch Verfügung des hochw. Herrn Bischofes Johann Georg vom 5. August 1864 wurde das Vest in zwei Dekanate getheilt, in die Dekanate Recklinghausen und Dorsten. Jenes wurde gebildet aus den 14 Pfarren des Obervestes, dieses aus den 7 Pfarren des Untervestes und den sieben Pfarren der Herrlichkeit Lembeck, welche vom Dekanate Borken abgetrennt wurden. Es geschah diese Aenderung, "weil die beiden Dekanate Borken und Recklinghausen wegen der großen Anzahl der Pfarreien, welche sie umfassen, sowie besonders wegen ihrer weiten Ausdehnung dem Bischofe und dem Landdechanten bei Visitations- resp. Firmungsreisen besondere Schwierigkeiten bieten."

 

Die Quelle für diese Textedition

 

Pfarrer Anton Jansen, Die Gemeinde Datteln. Ein Beitrag zur Geschichte des Vestes Recklinghausen, in: Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde 43 (1885), 1-81; Datteln 1885, 131-210.

 

Von Jansen zitierte Quellen

Von Jansen zitierte Literatur

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Abkürzungen

 

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Verweise

 

 

 

 

 

© Pfr. Dr. Heinrich Michael Knechten, Horneburg 2021 

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[1] 1750 starben wegen der grassirenden Ruhr 139 mehr als geboren waren.

[2] 1758 starben 56 mehr als geboren waren, 1791 = 42, 1792 = 49, 1806 = 49.

[3] Act. P. Nr. 167.

[4] Evelt. Zeitschr. Bd. 24 S. 130 [bei der Rauschenburg].

[5] Kötter Freyhoff in Hagem war frei von der Schatzung.

[6] 28 Thlr. 10 Sgr. 2 Pf. preuß. = 85 M. 2 Pf. – 1 Thlr. clev. = 60 Stüber = 23 Sgr. 1 Pf. preuß.

[7] Die ordinäre Schatzung wurde zweimal im Jahre, zu Ostern und Michaelis, ausgeschlagen; es betrug mithin die jährliche ordinäre Steuer das Doppelte des unten angegebenen Betrages. Die jährliche ordinäre Schatzung vom platten Lande des ganzen Vestes (mit Ausnahme der Städte Recklinghausen und Dorsten) betrug 6503 13 M. x 2 = 13006 26 M.; dagegen jetzt 118621 79 M.

[8] Diese sind Döttelbeck, Uhlenbrock, Velling, Hoffmann, Heidtfeld, Hemmerde und Schöllmann. Sie gehören jetzt zur Bsch. Oberwiese.

[9] Diese Höfe gehörten zu dem Ober- und Reichshofe Oer.

[10] Er lag an der Nordseite von Bergers Hause, wo jetzt der Garten ist.

[11] In späteren Jahren trieben die Hofesbesitzer Brauerei, Brennerei und Wirtschaft.

[12] Auf dieser Strecke ging die Grenze den Staelkamp, die Hoewade, die Ickerschen Wiesen entlang, durch Pastors von Horneburg Land und mitten durch die Schlenke und Ickernsche Heide, längs der Loburg vorbei, an Schöllmans Hof durch die Straße zwischen dessen Feld und Hoffmanns Hof; ferner durch das Sünnericher Gehölz, wo ein Grund bis auf die Klünnemehr und das Ieußfeld der Gemeinheit liegt zu Laub und Gras.

[13] Evelt, Zeitschr. f. v. Geschichte Bd. 26 S. 67-75.

[14] Evelt a.a.O. S. 76-82.

[15] Evelt a.a.O. S. 82.

[16] [Roßkamm – Pferdehändler. Der zweite Teil des Wortes stammt aus dem mittellateinischen cambiare – tauschen, siehe Roßtäuscher. Vgl. Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 8, Leipzig 1893, 1265.]

[17] Dr. Schneider Zeitschrift Bd. 22 S. 155ff.

[18] Kirchenrechnung 1622.

[19] ibid. von 1623.

[20] Meckingh. Markenbuch fol. 64.

[21] ibid. fol. 86.

[22] ibid. fol. 71.

[23] Kirchl. Rechnung von 1628.

[24] Evelt a.a.O. S. 88ff. – Schneider a.a.O. S. 168ff.

[25] Tagebuch von Ahsen im Amtsarchiv von Datteln.

[26] Diese gehörten zur Domaine des Kurfürsten.

[27] H. Archiv.

[28] Schneider S. 171.

[29] Meck. Mark. B. f. 89.

[30] Evelt a.a.O. S. 95. – Schneider S. 186ff.

[31] Diese Zeitschrift Bd. 37 S. 113ff.

[32] Manuscripte vom Pfr. Lorenz gesammelt.

[33] Mecking. Mark. B. f. 58. 67. 47. 91.

[34] Evelt a.a.O. S. 96-102.

[35] Meck. M. B. fol. 49. 70.

[36] Aus den Papieren des Herrn Middeldorf.

[37] Arnold Schaumburg wurde 1647 Pastor zu Hamm-Boßendorf, Johann Schlüter 1649 Pastor zu Henrichenburg.

[38] Aus Manuscr. von Pastor Lorenz gesammelt.

[39] Horneburg, Kirchenbücher.

[40] Kirchenarchiv.

[41] Kirchenarchiv.

[42] Jetzt Grave.

[43] Evelt a.a.O. S. 105ff.

[44] Horneb. Archiv.

[45] Vgl. Evelt a.a.O. S. 107-111.

[46] Im Taufbuche heißt es: "1679 die 12. Julii baptizatus est Amandus Sem, patrinis Jodoco Fünck et Catharina Pote. Nota. Cum hic puer fuerit expositus ad domum pauperum prope Ecclesiam vulgo das Glockenhaus, et inventus 11. Julii circa ortum solis, et pater et mater ignorentur, baptizatus est nomine Communitatis Dattelensis et nomine Patroni ecclesiæ sti. Amandi, insignitus Sem vero ratione expositionis."

[47] Manches über die betreffende Zeit habe ich im Archiv von Horneburg gefunden.

[48] Horneburger Archiv.

[49] Meck. Mark.-Buch.

[50] Horneb. Archiv.

[51] Horneb. Arch.

[52] Meck. Mark. B. fol. 63. [Ich ratifiziere diese Entscheidung im Namen der Durchlaucht wegen der schwierigen Lage.]

[53] fol. 85.

[54] Meck. Mark. B. fol. 77.

[55] fol. 95.

[56] fol. 83.

[57] fol. 79. [Die Plaggen, der dünne Rasen auf der Heide, wurden zum Verbrennen oder Düngen gebraucht. Plaggenmahd – Plaggenernte.]

[58] Tücking, Gesch. des Stiftes Münster S. 251.

[59] Datt. Chr.

[60] Horneb. Archiv.

[61] Kirch. Rechn. pro 1679.

[62] Horneb. Archiv.

[63] Honeb. Archiv.

[64] Meck. Mark. B. fol. 69 u. 54.

[65] H. Arch.

[66] Horneb. Archiv.

[67] Horneb. Archiv.

[68] Die Rauschenburg lag dem Brinkmanns Hofe gegenüber am rechten Ufer der Lippe in der Gemeinde Olfen.

[69] Evelt a.a.O. Bd. 26 S. 111.

[70] 4 Scheffel.

[71] Dattl. Chr. – Evelt a.a.O. S. 111.

[72] Galli nostri, vix credi potest, quantum hospitibus suis in amore sint; præter molestias enim, quas ipsi evitare non possunt, nemini graves sunt, sub stricta disciplina suâ quadrâ viventes. Nos interim illorum contubernio aliquando relevari avide cupimus.

[73] Dattler hronik [Chronik].

[74] Aus den Papieren des Pf. Lorenz.

[75] Dattler Chronik.

[76] Evelt a.a.O. S. 115.

[77] Icker. Arch.

[78] Zeitschr. für vaterl. Gesch. Jahrg. 1878 S. 119.

[79] Dattl. Chr.

[80] Horneburgs Archiv.

[81] Ick. Arch.

[82] Evelt a.a.O. S. 114.

[83] Horneb. Arch.

[84] Dattl. Chr. und Evelt a.a.O. S. 115.

[85] Horneb. Archiv.

[86] Dattl. Chr.

[87] Evelt S. 115.

[88] Ick. Arch.

[89] Horneb. Arch.

[90] Evelt S. 116.

[91] In der Bsch. Rapen auf der Grenze von Datteln und Oer.

[92] Dattl. Chronik.

[93] Horneb. Archiv.

[94] Evelt S. 116.

[95] Dattl. Chronik.

[96] Evelt S. 116 und 117.

[97] Horneb. Archiv.

[98] Aus den Papieren des Hofes Martmann.

[99] Dattl. Chr.

[100] Horneb. Arch.

[101] Ick. Arch.

[102] Horneb. Arch.

[103] Dattl. Chr.

[104] Ick. Arch.

[105] Preußische Soldaten.

[106] Horneb. Archiv.

[107] Aus den Papieren des Pfarrers Lorenz.

[108] Evelt S. 118.

[109] Horneburger Archive.

[110] Dattl. Chr. und Evelt S. 118.

[111] Ick. Arch.

[112] Pf. Waltrop.

[113] Nachlaß Lorenz.

[114] Dattler Chronik.

[115] Evelt S. 118.

[116] Horneb. Arch.

[117] Ick. Arch.

[118] Dattl Chr.

[119] Evelt a.a.O. S. 158