Haus Laer

 

Schmiedeeisernes Tor zum Grundstück des Hauses Laer,
Photographie von H. M. Knechten

 

Im Südosten Bochums, Höfestraße 45, befindet sich ein abgelegenes und wenig beachtetes Kleinod, das Haus Laer. Bei meinem ersten Besuch war ich nicht besonders beeindruckt, aber bei meiner zweiten Erkundung ging ich mit mehr Zeit und Ruhe vor.

 

Haus Laer, Photographie von H. M. Knechten

 

Das Werdener Urbar (Heberegister) notierte im Jahre 890, daß dem Kloster Werden Abgaben aus dem Landgut Laer (villa Lahari) zustehen.

Das Gelände war sumpfig; daher wurde für den geplanten Neubau ein tragfähiges Fundament geschaffen. Im Jahre 940 wurden Eichenpfähle in den Boden gerammt, darüber wurden Längsschwellen von 40 bis 60 cm Breite gelegt. So entstand ein Pfahlrost, welcher der darauf erbauten Hauptburg Stabilität verlieh. Zusätzlich ist dieser Gebäudeteil von einer Gräfte umgeben, sodaß Wasserschäden vermieden werden mußten.

 

Hauptburg und Gräfte, Photographie von H. M. Knechten

 

Der spätere Rittersitz gehörte zum Besitz des Grafen Friedrich von Isenberg, der 1225 wegen der Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelberts I. hingerichtet wurde. Hier ist diese Geschichte ausführlich beschrieben.

 

  

Vorburg, Photographie von H. M. Knechten

 

1243 wurde in einer Urkunde vermerkt, daß Graf Adolf I. von der Mark (vor 1182 bis 1249) das Haus Laer (domus Lare) seinem Gefolgsmann, dem Ritter Heinrich von Vittinghoff, als Lehen zueignete. Heinrich war bis 1259 Lehnsmann auf Haus Laer.

 

Steinerner Löwe, Photographie von H. M. Knechten

 

Dann ging das Haus bis 1413 in den Besitz der Familie von Laer über. Sie dienten als Ministerialen des Limburger Grafen (Limburg in der heutigen Provinz Lüttich; mit dem Haus Berg verbunden).

Ab 1413 war das Burghaus Laer, das immer noch ein Lehnsgut war, im Besitz des Hauses Herten. Seit dem Jahre 1480 bestimmte die Familie von der Leithe die Geschicke des Hauses Laer, das sie als freies Eigentum erwerben konnten. Dietrich von der Leithe gab dem Gebäudekomplex seine heutige Gestalt.

 

„Adolf Heinrich Jobst von der Leithen Erb-Herr von Laer dedit 1768“ Hostiendose aus der Kirche zu Ümmingen, geschenkt im Jahre 1768, Quelle: GenWiki, Haus Laer

Aus: Max von Spießen, Wappenbuch des Westfälischen Adels, Bd. 2, Görlitz 1903: Wappen der Familie von der Leithe zu Laer, Marten, Rechen, Romberg, Heyde und Renhagen. Zwei Nüsternklemmen (Pferdepramen, Hinweis auf den Ursprung der Familie aus dem Emscherbruch, Schloß Horst) und drei Rosen. Hier ist mehr über Horst zu erfahren. Die leichte Quetschung der Oberlippe durch eine Nüsternklemme führt im Gehirn des Pferdes zur Ausschüttung von Endorphinen und damit zur Schmerzminderung bei tierärztlicher Behandlung.

Laer, Querenburg und Ümmingen bildeten ein einziges Kirchspiel. Das Erbbegräbnis der Adelsfamilie von Leithe befand sich in der Kirche in Ümmingen, heute ein Ortsteil des Bochumer Stadtteils Langendreer. Diese Kirche wurde 1310 erstmals urkundlich erwähnt und wegen Baufälligkeit im Jahre 1895 abgerissen.

 

Die alte Kirche in Ümmingen vor dem Abriß Ende des 19. Jahrhunderts. Am Turmhelm und an den Fenstern zeigen sich Schäden. Quelle: Wikipedia

 

Ein Privatfriedhof im nordwestlichen Gartenbereich von Laer ist seit 1871 belegt. Die Grabsteine der Familie von Leithe wurden aus der Ümminger Kirche hierher versetzt. Zwei dieser Grabsteine sollen erwähnt werden:

Margarete von Galen aus dem Hause Töddinckhausen starb im Jahre 1657. Sie war die zweite Frau des Obristwachtmeisters Jobst von der Leithen zu Lhaer (sic), der Haus Laer 1635 geerbt hatte.

Der Grabstein von 1674 zeigt das Familienwappen derer von Leithe und Johann Mauritz von der Leithe als kurfürstlich-brandenburgischen Cornett (berittenen Fähnrich).

Anna von der Leithen zu Laer heiratete 1867 den Industriellen sowie Bochumer Stadtverordneten Gustav Frielinghaus und brachte Haus Laer mit in die Ehe. Als sie 1895 starb, fiel das Haus durch Vererbung an die Familie Frielinghaus, die es noch heute besitzt.

 

„Häuser, deren Bestimmung es ist, mehreren aufeinanderfolgenden Generationen als Wohnung und Zuflucht zu dienen, entfalten mit der Zeit ein Eigenleben, das sie aus einem zweckbestimmten Gebilde unbeseelter Materie zu einem zwar äußerlich unabänderlich ruhenden, aber geheimnisvoll atmenden, von einem verborgenen Herzen durchpulsten, wissenden und schicksalsmächtigen Wesen werden läßt. Ihre Wände, vollgesogen mit dem Anhauch von menschlichem Glück und Leid, mit dem Stöhnen und Seufzen der Lust und des Schmerzes, der Geburt und des Todes, mit dem Stammeln der Liebe, den nächtlichen Zwiegesprächen der Jugend, den bitteren Monologen des Alters – diese Wände umschließen allmählich einen unsichtbaren Organismus, der, von dem sich innerhalb seines Kreislaufs abspielenden Treiben der jeweiligen Bewohner genährt, es aufsaugt und in mehr oder weniger vitale Perioden des eigenen traumhaften Daseins wandelt.“

Ina Seidel (1885-1974), Das unverwesliche Erbe, Stuttgart 1954.

 

Literatur

o  Frielinghaus, Volker, und Max Imdahl, Der Rittersitz Haus Laer und die Ortschaft Laer in Bochum. Ein Beispiel für die Entwicklung des mittleren Ruhrreviers, zweite Auflage Bochum 1971.

o  Hahn, Gertrud, Haus Laer, in: Bochum. Ein Heimatbuch, Band 7, Bochum 1958; https://www.kortumgesellschaft.de/id-7-heimatbuch-1958-haus-laer.html (abgerufen am 6. März 2024).

o   Pätzold, Stefan, Haus Laer, in: Burgen AufRuhr. Unterwegs zu 100 Burgen, Schlössern und Herrensitzen in der Ruhrregion, hg. v. Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen und Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Schriftleitung u. Redaktion v. Kai Niederhöfer, Essen 2010, 20-22.

o   Polenz, Harald, Von Grafen, Bischöfen und feigen Morden, Essen 2004, 74-77.

 

© Dr. Heinrich Michael Knechten, Stockum 2024

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